Sorry für die Fotoqualität! |
Zunächst schreibe ich abends die Vokabeln auf, die mir tagsüber aufgefallen sind (und zwar auch samstags, sonn- und feiertags). Das können Begriffe sein, die ich nachschlagen musste, Worte, von denen ich eine neue Bedeutung entdeckt habe oder die ich gerade anfange, zu verwenden. Ich schreibe also überwiegend Vokabeln auf, die mir schon vertraut sind ... also auch jene, von denen ich zur Zeit des Notierens sehr genau weiß, was sie bedeuten. Fällt mir sofort die anderssprachige Entsprechung ein, ergänze ich die Zeile. Das kann aber auch warten. Außerdem bleibt jede zweite Zeile und manchmal auch mal eine halbe oder ganze Seite frei (wenn ich spüre, dass hier Wortfeldarbeit angesagt ist).
Später ergänze ich die Seiten um Übersetzungen oder vergleichbare oder gegenteilige Begriffe oder Redewendungen, wann immer sie mir auf- oder einfallen. Das bedeutet, dass ich viel blättere — im Bus, unterwegs bei Pausen oder zuhause, wenn ich mal wieder an einem anderen Heft oder Buch vorbeikomme. Meine Vokabelbücher müssen also offen liegen können, dürfen kein eng gebundenes Heftchen sein, das immer wieder zuschnappt.
Ich falte die Seiten meiner Büchlein. Der Knick wird zur rasch hergestellten Mittellinie, diese zu zeichnen empfände ich als Zeitvergeudung. Anfängern empfehle ich, in die erste Spalte links das Wort in der neuen Sprache, in die zwei mittleren einen Beispielsatz und rechts die anderssprachige Entsprechung zu notieren. Der Beispielsatz fällt irgendwann weg. Ich trage jetzt in der Mitte immer französische Worte ein, außen steht das Deutsche. Ich kann so auch durch geschicktes Falten die französischen Begriffe verdecken und mich kurz selbst abfragen (was ab und zu vorkommt).
Die Vokabelbüchlein und -hefte benutze ich deshalb über Jahre, weil Lernen ja aus Kennenlernen, Lernen, Wiederholen und weiteren Wiederholungsphasen besteht. Hier trage ich also kunterbunt das ein, was ich mit Freunden, Kollegen oder Kunden jeweils neu gelernt habe, was mir beim Radiohören oder Filmesehen auffällt. Ich blättere entspannt, ja fast verspielt, in ihnen herum, nehme mir dann immer mal wieder in anderen Pausen eine oder zwei Seiten vor, schlage Begriffe nach, ergänze oder grenze ab, dazu dienen die Leerzeilen. Oder aber ich notiere endlich auch mal, was ich mir bei ihrendeinem Filmfestival vor x Jahren mal gemerkt habe: Die Waschkaue (komisches Wort), wo Bergarbeiter ihre Kleidung aufhängen, bevor diese an Ketten oder dicken Seilen nach oben gezogen wird, heißt auf Französisch la salle des pendus, "der Saal der Gehängten", das leuchtet als Bild ja sofort ein. Dieser Begriff ergänzt nun das Grubenunglück mit dem "schlagenden Wetter". Anschließend lese (oder schreibe) ich gerne bei LEO weiter.
Kurz: Ich notiere in mein Vokabelheft meistens, was ich im Augenblick weiß, ich wiederhole es dann oft und in vielen kurzen Pausen und stelle später Verknüpfungen her. Dafür lasse ich immer Zeilen oder Seiten frei ... Ich überklebe schlecht oder fehlerhaft geschriebene Stellen, weil "Tintenkiller" nach Jahren durchschlägt. Mit diesem "Dichterwerden" arbeite ich wie das Gehirn mit dichter werdenden Verknüpfungen.
Noch eins: Thematisch zusammenhängende Bereiche im Vokabelheft ergeben sich durch die Ereignisse. Ich reserviere dafür im hinteren Heftteil immer wieder etliche Seiten, von denen ich die erste mit einer selbstklebenden Adressetikette markiere und bunt anmale. Seit dem Sommer habe ich z.B. ein Heft in der Mache, in dem es zu Beginn des Jahrtausends schon einmal um Börsenereignisse ging. Hier notiere ich auch nochmal einige Kernbegriffe aus meinen Vokabellisten (oder von Karteikarten).
Mein letzter Tipp heute: Die eigene Standardgröße rausfinden und Vokabelbuch zum nächsten Taschenkauf mitnehmen.
P.S.: War der Eintrag für Sie/für Dich nützlich? Ich freue mich über Kommentare, Anregungen und weitere Fragen.
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Fotos: C.E.
5 Kommentare:
Ein toller Eintrag!! Egal, wann man auf Ihrem Blog vorbeischaut - stets finden sich hier nützliche Informationen für Sprachbegeisterte!
Danke schön :)
Eine Frage hätte allerdings: Sie führen ja dann praktisch sowohl Vokabelhefte, als auch Karteikarten aber auch Listen (ich meine mich da an einen Eintrag zu erinnern, mit Vokabeln aus markierten Zeitungsausschnitten) Wird das dann alles irgendwann digitalisiert, und wenn ja nach welchem System?
Nach eigener (studentischer) Erfahrung merkt man das am besten, was man per Hand einmal bewusst aufgeschrieben hat, auf der anderen Seite spart das sofortige Abtippen in Zeiten digitaler Wörterbücher (LEO finde ich übrigens auch toll!!) eine Menge Zeit.
Wie halten Sie das denn mit digitalisierten Vokabellisten bzw. werden die Wörter dann irgendwie nach bestimmten Kriterien geordnet?
Danke schon mal und herzliche Grüße,
A.
Lieber A.,
Danke für das schöne feed back.
Da Dolmetscher Vokabellerner von Beruf sind, ist es kein Drama, wenn verschiedene "Systeme" nebeneinander bestehen. Die unterschiedlichen "Informationsträger" bedienen ja auch unterschiedliche Lernphasen und -arten.
Sie sind jeweils Teil oder Ergebnis einer Lernart. Die von Ihnen erwähnten thematisch sortierten Zeitungsartikel, die Teil der Wortfeldarbeit sind: hier), schaue ich zum Beispiel vor Einsätzen zum Aktivieren von Wortfeldern durch. Daraus exzerpiere ich jeweils das, was noch Mühen macht, so kommen Listen zustande. Manches, das dauerhaft Probleme bereitet, wandert in die Kartei.
Ich digitalisiere also nur, was ich für die Arbeit brauche oder weil ich eine Lerneinheit für den Patensohn gestalten will. Viele Themen greife ich an auftragsfreien Tagen für die Arbeit 'prophylaktisch' auf, z.B. habe ich gleich nach den Sommerferien weiter das Wortfeld "Bankenkrise" beackert, was ebenso naheliegend wie richtig war. Wenn ich im Bereich "soziale Arbeit" einen Auftrag vorbereite, gehe ich estmal die selbstgebauten Lexiken durch, die ich zum Thema schon habe, lese zum neuen Schwerpunkt und übernehme gezielt aus dem Bestand vieles, was schon mal nützlich war.
Sie haben übrigens völlig Recht, Schreiben (nicht nur von Hand) ist Teil des Lernvorgangs. Auch hier gilt: Was ich für die Kabine vorbereite, sortiere, durchdenke und abtippe/-schreibe, habe ich intensiver aktiviert als anderes. Manchmal dient mir auch die Vokabelliste einer Kollegin als Vorlage, die ich mir dann immer erarbeiten muss. Hier male ich die Wortfelder auf große Bögen, suche Sätze dazu, die Problemwörtchen werden "verzettelt".
Ach ja, und die Lexiken sortieren wir für die Kabine alphabetisch, in jede Richtung. (In diesem Artikel hier finden Sie dazu ein Beispielbild).
Ich widme mich gern künftig auch weiter diesem Thema.
Herzliche Rückgrüße,
C.
Oder "liebe A." ... sorry ;-)
Kein Problem :)
Danke für die ausführlichen Erklärungen.
Da fällt mir noch etwas ein, in Anbetracht einer englischsprachigen Vokabel, die man auf dem letzten Bildausschnitt erkennen kann: verwenden Sie für französische und englische Vokabellisten jeweils unterschiedliche Exzerpiertechniken?
Und bevorzugen Sie für jede Sprache eigene Listen, oder dürfen es z.B. zwecks linguistischer Vergleiche auch mal mehrere Fremdsprachen in einer Liste sein?
Die gleichen Techniken und manchmal sogar mehrsprachige Listen, wobei ich meistens F <-> D arbeite und als Listen habe. Die Listen folgen den Arbeitsnotwendigkeiten, nicht dem reinen Wissenszuwachs (à propos "linguistische Verlgeiche"), dazu ist keine Zeit da.
Und engl. Vokabeln vs. frz. notiere ich mir, wenn es sich anbietet. "Höherstufen" finde ich nicht so aussagekräftig, "upgraden" einfach hässlich, also wird die flugtechnische Entsprechung eben mit "to upgrade" vermerkt.
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