Dienstag, 19. Dezember 2023

Untertiteldrama

Hel­lo, bon­jour & gu­ten Tag! Hier le­sen Sie auf den Sei­ten ei­nes di­gi­ta­len Ta­ge­buchs aus dem Ar­beits­le­ben. Ich über­set­ze und dol­met­sche. Ar­beits­spra­che: Fran­zö­sisch (aktiv und passiv) und Eng­lisch (nur Aus­gangs­spra­che), die Büro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­li­sche. In mei­nem Be­ruf ist es manch­mal schwie­rig, sich zu ent­span­nen.

Ge­mein­sam mit ei­ner leicht schwer­hö­ri­gen Mut­ter, für die Hör­ge­rä­te noch nicht ganz so all­täg­lich sind hat wie die Bril­le, sehe ich ge­le­gent­lich deut­sches TV-Pro­gramm mit deut­schen Un­ter­ti­teln.

Titel oder Untertitel im Kino
An­ge­sichts man­cher Pro­gram­me fällt mir sie­dend heißt ein, wieso ich mich aus der Welt des Un­ter­titelns zu­rück­ge­zo­gen habe: We­gen der gnaden­lo­sen Un­ter­be­zah­lung. Und die Dum­ping­prei­se wurde in den letz­ten Jah­ren wei­ter ge­drückt. Von ei­nem ech­ten Be­ruf wurde das Un­ter­ti­teln zum Ein­stiegs­job ab­ge­wirt­schaf­tet, dann zum Stu­den­ten­job, in­zwi­schen le­sen sich vie­le UTs so, als wären sie von Schü­ler:in­nen am Ende ei­nes Lern­tags oder von Bus­fah­rer:in­nen mit Is­chi­as in der Krank­schrei­bungs­zeit ver­fasst wor­den.

Nichts ge­gen Ler­nen­de und fah­ren­des Volk je­der Art, zu bei­den ge­hö­re ich selbst da­zu, aber "Schus­ter, bleib' bei Dei­nen Leis­ten!"

Hier einige ge­krön­te Häup­ter aus Un­ter­ti­tel­ab­sur­dis­tan. Ein Schwa­be spricht von einem "Kruschel­zim­mer", das kommt von "rum­kru­scheln", rum­bas­teln, rum­wer­keln. In den deut­schen Un­ter­ti­teln steht "cru­cial Zim­mer". (Ja, für ma­nche ist die Bas­tel­stun­de wirk­lich Folter.)

"Mir ist die Ar­bei­ter­klas­se wichtig", sagt eine Frau in einem Spiel­film zu einem his­to­ri­schen Thema. Die Un­ter­ti­tel dazu: "Mir ist die Ar­beit der Klas­se wich­tig." (Geht es um die 9a? Im­mer ist es die 9a!!)

Nächster Film. "Auf ei­ner Haus­trep­pe wa­ren alte Be­le­ge drauf", hieß es in einem Pr­ogramm über Re­no­vie­run­gen. Im Un­ter­ti­tel hätte ste­hen müs­sen: "Be­lä­ge". (Da fragt ich mich, ob die Trep­pe reich­lich wie 'ne Schrip­pe be­legt war, Käse oder Schin­ken? Oder aber der (Kas­sen-)Be­leg für die­se Mahl­zeit?)

"Kön­nen wir den Geg­ner zum Ein­len­ken be­we­gen?", hö­re ich in einem Film­dia­log. Ich sehe im Ti­tel: "Kön­nen wir den Geg­ner zum Ein­klin­ken be­we­gen?" (Ja, drück doch mal die Klin­ke, dann tut sich was, si­cher, vor­aus­ge­setzt, der Zug steht über­haupt am Gleis, bei den Ver­spä­tun­gen weiß mensch ja nie!) 

Noch ein UT: "Die va­ti­ka­ni­sche Glau­bens­bür­de hat sich bewegt." Nein, das ist jetzt kein State­ment zum Glau­ben in die­ser "hoch­hei­li­gen Zeit". Im Film­ton war so­was in der Art zu hö­ren: 'End­lich kommt Be­we­gung in star­re Mei­nun­gen der va­ti­ka­ni­schen Glau­bens­be­hör­de.' (Es geht um die Seg­nung gleich­ge­schlecht­li­cher oder ge­schie­de­ner Paare.)

So, wei­ter im Text, die­se hoch­hei­li­ge Zeit ist mei­ne hoch­ei­li­ge Zeit. Und nee, die Ant­wort hier lau­tet auch nicht Künstli­che In­tel­li­genz, die viel­leicht schon ih­re Bits & Bites im Spiel hat­te (die KI hat keine "Pfo­ten"). Kom­ple­xe Sa­chen und Wort­spie­le blickt die KI auch nicht bes­ser als un­ter­be­zahl­te hu­ma­no­ide Fach­fremde, Trink­geld­em­pfän­ger:in­nen im Neben-Nebenjob.

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Illustration:
Dall:e

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