Wie Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen arbeiten, erfahren Sie hier. Corona hat die Lebensgrundlagen vieler von uns durcheinandergebracht und die Mühsal der Arbeit erhöht. Denn Onlinedolmetschen ist anstrengender. Dann kommen unrealistische Vorstellungen von Kund:innen im Arbeitsfeld Übersetzen hinzu. Heute folgt ein kleiner Brehm, von Katze bis Affe.
Türhüterin |
Nur ein winziges Beispiel: Die KI kann nicht zwischen „betrachten" und „beobachten" unterscheiden. Für sie handelt es sich hier um zwei Synonyme. Die Begriffe sind für die KI also frei austauschbar.
Ich hatte mal Ergebnisse von so einem automatischen Durchlauf à la "Die Katze betrachtet die Maus.“ Nun ja, hat eigentlich schon einmal jemand angesichts einer M-A-U-S eine kontemplative Katze gesehen!?
Andere "Lösung": "Ich beobachte das Gemälde.“ Mist aber auch, bei diesem Gemälde tut sich auch beim besten Willen nach langem Hinsehen nichts, aber wirklich auch gar nichts!
Kurz: Programme wie DeepL, die mit KI arbeiten, heißen nicht zufällig tools, Handwerkszeug. Sie sind wie ein Griffel oder die Tastatur für die Hände von Menschen und keine eigenständige Arbeitskraft.
Die KI greift auf kalte Maschinen zurück; sie kennt weder Gefühle noch weiß sie, wie Lebewesen ticken. Erst recht fehlt ihr Verständnis für die eigenen Grenzen. Ich zitiere den Kollegen Ralf Lemster: "Der Horizont der gängigen Übersetzungssysteme ist der Satz und endet mit dem Punkt. Ein Mensch weiß, was drei Sätze zuvor stand und kann einen Zusammenhang herstellen.“
Die KI liefert immer ein Ergebnis, selbst dann, wenn sie überfordert ist. Und oft sehen die Ergebnisse auf den ersten Blick so gut aus, dass die Fallstricke nicht sofort auffallen. Genau das macht die Sache hochkomplex. Unsereiner muss sehr scharf hinsehen. Verglichen mit dem Aufwand ohne KI entfällt ein wenig Tipparbeit, auf jeden Fall kommt die gleiche Denkarbeit hinzu, an vielen Stellen sogar mehr: Sich von vermeintlich guten Lösungen zu trennen, die da schick schwarz auf weiß stehen, verändert das Übersetzen, frisst mehr Energie, so meine Erfahrung. Und für 100 Prozent kreative Texte ist die KI erst recht zu 100 Prozent untauglich.
Heute kam eine Übersetzungsanfrage rein: "Überarbeitung von Deepl-Übersetzungen (Französisch → Deutsch) … Unsere Webseite mit ca. 100 Seiten wird aktuell dank automatischer Deepl-Übersetzung neben Französisch auch auf Deutsch angezeigt. Wir hatten uns zum Start quick & dirty dafür entscheiden. Jetzt benötigen wir eine professionelle Überarbeitung, die direkt in Wordpress erfolgt. Vorkenntnisse sind empfehlenswert. Es geht uns nicht nur um richtige Grammatik, sondern auch um deutliche Verbesserung des Leseflusses und dass die SEO-Begriffe oft genug verwendet werden. Wir haben eine Preisvorstellung von 5,00 € je Normseite (1.800 Zeichen inkl. Leerzeichen)."
Ja, nee, die Herrschaften wollen halt Geld sparen. "Die KI kann alles!" Wer's glaubt.
Werbliche Webseiten müssen nicht nur übersetzt werden, hier sind oft Texterkenntnisse nötig, und da kostet eine Normseite je Schwierigkeitsgrad bei mir derzeit zwischen 50 und sagen wir mal 150 Euro (nach oben offen). Je mehr Werbetexten dabei ist, desto ...
Nehmen wir mal an, dass es nicht so rasend kompliziert ist: Hier möchten die Herrschaften also ein Zehntel des Mindestpreises bezahlen und die Zusatzarbeit, alles adrett in die Webseite einzupflegen plus Kenntnisse im Bereich Suchmaschinenoptimierung (SEO), gratis einsacken. Könnter knicken. Für diese lumpigen Nicht-mal-Peanuts bekommt ihr weder Profis noch Affen.
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Foto: C.E.