Samstag, 16. Januar 2021

­COVIDiary (243)

Will­kom­men bei mei­nem Blog aus der Ar­beits­welt. Wie Dol­metscher und Über­set­zer ar­beiten, ist oft nicht gut be­kannt. Seit die Pan­demie aus­ge­brochen ist, fin­den kaum noch Konferenzen statt (normalerweise arbeite ich mit den Sprachen Französisch und Englisch). Das ist keine einfache Sache. 

Als Nach­trag hier mein Link der Woche. Frei­be­rufler haben es in der aktuellen Co­ro­na­la­ge schwer, unterstützt zu werden. Viele Dol­metscher/innen kommen nur knapp durch die Krise, gehen an Bauspar­verträge oder Renten­rücklagen oder neh­men Kredite auf, um zu überleben oder um ihren Arbeitsplatz zu digitalisieren, was wichtig ist, um wett­bewerbs­fähig zu bleiben. In einem Netzwerkumfeld habe ich neulich die Kolleginnen und Kol­legen nach den Krisenfolgen gefragt, weil ich mehr erfah­ren wollte über die allge­meine Lage als das, was ich von meinem Netz­werk weiß.

Tagelang kam keine Antwort. Und kaum eine andere Reaktion. Dann, nach meinem pro­vo­kanten: "Dann geht es allen gut?" kam schüchtern ein: " ... es gibt andere, de­nen geht es schlechter." Das ist ein eindrucksvolles Beispiel für unsere Branche. Unsere Arbeit besteht ja zentral darin, uns in andere hineinzuversetzen. Dass wir damit täglich die Empathie trainieren, ist logisch.

kaputte Puppe
Gesehen in Neukölln
Kinder aus Familien mit wenig Geld und vielen Geschwistern leiden mehr, wo der eigene Computer zum Lernen bzw. der Rückzugsort fehlen, Men­schen ohne Zu­ver­dienst­mög­­lich­­kei­­ten bei von der Po­li­tik zu tief angesetzten So­zial­gel­dern, denn diese orien­tie­ren sich an den Aus­ga­ben älterer Menschen, die aus dem Vor­han­de­nen wirtschaften. Oder denken wir an Menschen ohne Wohnung ...

Meiner Meinung nach soll­te aber auch un­sere Bran­che über unsere Situ­ation offen kom­mu­nizieren. Aus den Wirtschaftshilfen bezahlt manches Unternehmen alte Rech­nun­gen, die zu Beginn der Krise nicht hono­riert worden sind. Viele Firmen aus der Medien- und Kul­tur­bran­che finanzieren die laufenden Kosten aus den Vorschüs­sen für das Nach­fol­gende, jong­lie­ren mit Zahlungs­fristen, dadurch entstehen schon mal Zeit­ver­zö­ge­run­gen. Wenn die Kette abreißt, sitzen andere im Nassen. Es hängt halt alles mit allem zusammen. Ich freue mich über jede Firma, die ihrer Pflicht nach­kom­mt, Ver­ant­wor­tung übernimmt. Andere sind einfach in Konkurs ge­gan­gen.

Die Übernahme von Verant­wortung scheint allerdings in der Krisenlage auch be­straft zu werden. Zu viele Behörden arbeiten die Paragraphen buchstabengetreu ab, bzw. die Politik scheint verpasst zu haben, ihnen neue Durch­füh­rungs­be­stim­mun­gen für die Pandemie­zeit an die Hand zu geben. Mein Link der Woche ist ein Artikel über das Gebahren der KSK, die Künstler­so­zial­kas­se, die Versi­cherte dann, wenn sie sich verantwortlich zeigen und weg­gefallene Gagen durch Neben­jobs auf­fan­gen, mit Ausschluss bestraft. Hätte der Staat hier sein Versprechen gehalten, niemand werde zurück­gelassen, wie es andere Länder wie Groß­bri­tan­nien gemacht haben, hätten die Be­trof­fe­nen ausreichende Kom­pen­sa­tions­zah­lungen erhalten für die Zeit, in der sie nicht vor Pub­likum spielen, lesen oder ausstellen können ... und es würde das KSK-Problem derzeit nicht geben.

Gesehen irgendwo in Berlin
Hier zum Artikel der Berliner Zeitung "Tagesspiegel": "Wenn der Staat dich in der Kri­se nicht mehr als Kul­tur­schaf­fen­de akzep­tiert | Die Künst­ler­sozial­kasse ist für freie Kreative unent­behr­lich. Weil sie nicht ar­beiten können, droht in der Pan­de­mie vielen der Verlust der Absi­cherung" von Hannes Soltau.

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Fotos:
C.E.

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