Viel Heu! Der Kunde, eine Filmproduktionsgesellschaft, hat gleich zwei Filmerzählungen (Treatments), ein Drehbuch und eine Untertitelung im Angebot, die in eine andere Sprache sollen. Gute Themen, realistische Fristen, ich freue mich und erstelle mein Angebot.
Postwendend bekomme ich eine Rückfrage gestellt: Ob denn auch ein Mengenrabatt möglich sei?
Ich nehme Maß, stelle die automatische Sprachschnitzmaschine ein, reinige nochmal kurz das Wortsieb, fülle einige Vokale nach und drehe an den Reglern für den Feinschliff. Ich freue mich auf das zu erwartende Ergebnis. Die Entwicklung des Maschinchens war teuer, das stimmt. Jetzt, wo sich diese horrenden Kosten endlich amortisiert haben, kann ich Rabatte anbieten, denn meine Gewinnmarge ist ja sogar dann noch sehr gut.
Ich liebe die Industrialisierung der Wortarbeit! Endlich können auch wir richtig rentabel und nach Industriestandards arbeiten. Darauf haben alle so sehnlichst gewartet!
Ach, darauf werden wir auch in 30 Jahren noch warten. Denn anders als der Anzug von der Stange betreiben wir Spracharbeiterinnen und Spracharbeiter stets Maßfertigung. Kein Hosenbein ist wie das andere, sogar das linke kann vom rechten abweichen, sollten die Beine unterschiedlich lang sein.
The Mechanical Turc |
Bein ist auch sonst das Stichwort. Mit dieser Logik habe ich mir schon mal heftig ins Knie geschossen. Ich hatte einen Großauftrag angenommen, der sich hinzog. Er war rabattiert, weil der Kunde so sehr um einen Preisnachlass von 25 Prozent gebeten hatte. In anderen Worten: Von vier Wochen war eine nicht bezahlt. Und ausgerechnet in dieser Woche hatte ich dann eine Anfrage für drei höchst lukrative Dolmetschtage. Die gingen an eine Kollegin, ich blieb auf dem Lehrgeld sitzen.
______________________________
Illustration: Wikicommons
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen