Freitag, 1. März 2019

Mengenrabatt

Im 13. Jahr be­schrei­be ich hier mei­nen sprach­be­ton­ten All­tag. Ich bin Kon­fe­renz­dol­met­scherin und Über­set­ze­rin, ar­bei­te mit der fran­zö­sischen Spra­che (und aus dem Eng­lischen). Lei­der ist vie­les in un­se­rem Be­ruf re­pe­titiv. Aber le­sen Sie bit­te selbst.

Viel Heu! Der Kun­de, eine Film­pro­duk­tions­ge­sell­schaft, hat gleich zwei  Film­er­zäh­lun­gen (Treat­ments), ein Dreh­buch und eine Un­ter­ti­te­lung im An­ge­bot, die in eine an­de­re Spra­che sol­len. Gu­te The­men, re­a­lis­tische Fris­ten, ich freue mich und er­stel­le mein An­ge­bot.

Post­wen­dend be­kom­me ich eine Rück­fra­ge ge­stellt: Ob denn auch ein Men­gen­ra­batt mög­lich sei?

Ich neh­me Maß, stel­le die au­to­ma­tische Sprach­schnitz­ma­schi­ne ein, rei­ni­ge noch­mal kurz das Wort­sieb, fül­le ei­nige Vo­ka­le nach und dre­he an den Reg­lern für den Fein­schliff. Ich freue mich auf das zu er­war­ten­de Er­geb­nis. Die Ent­wick­lung des Ma­schin­chens war teu­er, das stimmt. Jetzt, wo sich die­se hor­ren­den Kos­ten end­lich amor­ti­siert ha­ben, kann ich Ra­bat­te an­bie­ten, denn mei­ne Ge­winn­mar­ge ist ja so­gar dann noch sehr gut.

Ich lie­be die In­dus­tria­li­sie­rung der Wort­ar­beit! End­lich kön­nen auch wir rich­tig ren­ta­bel und nach In­dus­trie­stan­dards ar­bei­ten. Da­rauf ha­ben al­le so sehn­lichst ge­war­tet!

Ach, da­rauf wer­den wir auch in 30 Jah­ren noch war­ten. Denn an­ders als der An­zug von der Stan­ge be­trei­ben wir Sprach­ar­bei­te­rin­nen und Sprach­ar­bei­ter stets Maß­fer­ti­gung. Kein Ho­sen­bein ist wie das an­de­re, so­gar das lin­ke kann vom rech­ten ab­wei­chen, soll­ten die Bei­ne un­ter­schied­lich lang sein.

The Mechanical Turc

Der Traum von der in­tel­li­gen­ten Ma­schi­ne ist ur­alt. Ein me­cha­nischer Tür­ke wie im Bild, einer, der al­le Geg­ner im Schach be­siegt, hat übri­gens kei­ne Ho­sen­bei­ne ge­braucht. Im "Bauch" des Ti­sches war ein Mensch ver­steckt.

Bein ist auch sonst das Stich­wort. Mit die­ser Lo­gik ha­be ich mir schon mal hef­tig ins Knie ge­schos­sen. Ich hat­te ei­nen Groß­auf­trag an­ge­nom­men, der sich hin­zog. Er war ra­bat­tiert, weil der Kun­de so sehr um ei­nen Preis­nach­lass von 25 Pro­zent ge­be­ten hat­te. In an­de­ren Wor­ten: Von vier Wo­chen war ei­ne nicht be­zahlt. Und aus­ge­rech­net in die­ser Wo­che hat­te ich dann ei­ne An­fra­ge für drei höchst lu­kra­ti­ve Dol­metsch­ta­ge. Die gin­gen an ei­ne Kol­le­gin, ich blieb auf dem Lehr­geld sit­zen.

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Illustration: Wikicommons

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