Vor der Berlinale sind noch einige Filmstoffe zu übersetzen oder zu korrigieren. Untertitelt wird von uns freien Einzelkämpfern nicht mehr, zumindest nicht in die deutsche Sprache; die gut zwei Dutzend Wettbewerbsfilme, die das einzige deutsche A-Festival noch deutsch untertiteln lässt, scheinen die großen Firmen übernommen zu haben. Dafür haben derzeit Englischuntertitler wie vor anderen großen Festivals auch Hochkonjunktur.
Aber in Deutschland sprechen ja schließlich inzwischen alle Shakepeares Sprache, als hätte ihre Mutter ihnen dieses Idiom schon an der Wiege gesungen. Wie, machen sie nicht? Dann sagen Sie das bitte mal Menschen wie dem aktuellen Leiter der Berlinale. Er scheint das nicht zu wissen.
... am besten noch: 3 / Spanisch, 4 / Französisch ... |
Eine Praktikantin hat die englischen Untertitel schon mal übertragen, das war durchaus hilfreich, auch wenn sie den Film besser zuvor gesehen hätte. Denn so kam es natürlich zu brillanten Missverständnissen.
Es gab leider keine Zeit fürs Markieren der lustigsten Stellen, nur einen fürs Publikum nicht hörbaren Screenshot habe ich noch geschafft.
Ich durfte diesen Film simultan aus dem Französischen ins Deutsche dolmetschen. Der Umweg über das Englische und die Zuarbeit der Festivalpraktikantin waren dennnoch eine freundliche Unterstützung, die offenbar nötig wurde, weil sich das "Dolmetschen vom Blatt weg" heute kaum einer mehr zutraut. Im Kino heißt diese Arbeit übrigens verharmlosend "Filmeinsprechen". Das kann kaum noch jemand, weshalb die Veranstalter von sich aus diese Vorbereitungsarbeit angeboten haben. Und es war auch besser bezahlt als früher.
A-Festivals mit vielen Filmen, die oft erst kurz vor der Premiere fertig werden, haben jahrzehntelang Filme einsprechen lassen. Das klingt so ein bisschen wie polnisches Fernsehen, wo eine Person alle Rollen spricht und der Originalton ganz leise durchscheint. (Sogar die Türkei verwendet dazu zwei Sprecher, eine männliche und eine weibliche Stimme.) Cannes hat diese Arbeit vor über zehn Jahren, die Berlinale vor etwa fünf Jahren abgeschafft. (Für genauere Zahlen müsste ich jetzt suchen. Das hier ist ein Blog, keine wissenschaftliche Abhandlung.)
Etliche Künstler fanden das Einsprechen sogar besser als Untertitel. Ich erinnere an den von mir verehrten Maurice Pialat, dessen Gesamtwerk ich vor einer kleinen Ewigkeit im Berliner Kino Arsenal einsprechen durfte. Ein weiterer Einsatzort fürs "Einsprechen" ist die Festivalarbeit mit historischen Filmen oder für ein ländliches oder ostdeutsches Publikum, das eine deutschen Fassung verlangt. (Und auch bekommt. You're only getting what you're asking for.)
Unten mein schneller Screenshot, per Photoshop ergänzt. In eckigen Klammern die Rollen bzw. ein Sprechhinweis, in blauer Schreibschrift, wie ich es gesprochen habe.
Wir schalten nach Paris, neben der Basilika Sacré-Cœur sitzen auf einem kleinen Platz viele Kunstmaler:
Der Filmtitel und die Namen der Urheber sind hier ausnahmsweise mal unwichtig |
Mehr über das Übersetzen von Untertiteln für eine Livedarbietung hier: Einsprechübersetzung sowie etwas zur Frage, warum ein Polizist manchmal ein Wachtmeister ist.
Illustration: C.E.
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