Sehr gut: Leitungs- statt Flaschenwasser! |
Ich dolmetsche solo immer 45 Minuten auf die Stunde, der Rest ist Rauchpause: Für die Freunde des Tabaks und damit mir mein Gehirn nicht abraucht.
Die Vertreter der Geschäftsführung sind mehrsprachig. Das könnte meinen Stress erhöhen, ich kann es aber zu meinem Vorteil nutzen. Wenn ich etwas akustisch falsch verstehe, das kam an diesem Nachmittag immerhin zwei Mal vor, bekomme ich freundlich den Hinweis und korrigiere mich. Ein Wort kenne ich überhaupt nicht, Klärschlamm auf Englisch, sludge, hier haben alle das englische Wort verwendet, auch im deutschen und französischen Satzfluss. Ehe ich weiter rätsele, bekomme ich es rasch mitgeteilt. Es ist, als käme es von einer Kollegin (oder einem Kollegen).
Kompliziert bleiben immer Anspielungen auf allen (außer mir) bekannte Sachverhalte, Eigen- und Ortsnamen. Der Personalchef beobachtet mich aufmerksam.
In einer der Pausen meint jemand: "Sie haben ja eine sehr intensive Arbeit!" Ich darauf: "Ja. In Nächten nach solchen Einsätzen schlafe ich immer tief und fest!" Die Gewerkschaftsmenschen: "Naja, wenigstens eine. Wir haben gerade vermehrt schlaflose Nächte!"
Aber so einfach ist das für mich auch nicht. Am nächsten Morgen wird mein Liebster meinen unruhigen Schlaf erwähnen. Ich wäre kein Mensch, wenn ich alles, was ich auf der Arbeit höre, abends ablegen könnte wie das Businesskostüm.
Und dann finde ich die Danksagung vom Personalchef in der Mailbox, die so endet: "... Sie haben auch prima gearbeitet, als Sie die Inhalte nicht verstanden hatten. Ich stelle mir dies sehr schwierig vor …"
Ist es und ich weiß im Nachgang auch nicht mehr, für welche Lösungen ich dann jeweils optiert habe. Ich glaube, wir Dolmetscher übertragen in diesen Fällen immer fast wörtlich.
So, Rechnungen machen und dann noch ein Mittagsschläfchen zur Kompensierung verpassten Nachtschlafs.
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Foto: C.E.
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