Dienstag, 8. Januar 2019

Nachtschlaf

Hier bloggt eine Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Sprache. Daneben übersetze ich auch, allerdings überwiegend für Kultur und Film: Pressemappen und -ankündigungen, Filmprojekte, Drehbücher.

Tisch mit Getränken, Technik und Papier
Sehr gut: Leitungs- statt Flaschenwasser!
Pause in einer Sitzung mit Vor­stän­den und deutschen, bel­gi­schen und franzö­sischen Be­triebs­räten irgendwo im Bran­den­bur­gi­schen. Es geht um ei­ne Unterneh­mens­fu­sion und um Sozial­pläne.

Ich dol­met­sche solo immer 45 Minu­ten auf die Stunde, der Rest ist Rauch­pause: Für die Freunde des Ta­baks und da­mit mir mein Ge­hirn nicht ab­raucht.

Die Ver­treter der Geschäfts­füh­rung sind mehrsprachig. Das könnte mei­nen Stress erhöhen, ich kann es aber zu meinem Vorteil nutzen. Wenn ich etwas akustisch falsch verstehe, das kam an diesem Nach­mittag immerhin zwei Mal vor, bekom­me ich freund­lich den Hinweis und korrigiere mich. Ein Wort kenne ich überhaupt nicht, Klär­schlamm auf Englisch, sludge, hier haben alle das eng­lische Wort ver­wen­det, auch im deut­schen und fran­zö­si­schen Satz­fluss. Ehe ich weiter rätsele, bekom­me ich es rasch mitgeteilt. Es ist, als käme es von ei­ner Kol­le­gin (oder ei­nem Kol­le­gen).

Kompliziert bleiben immer Anspie­lun­gen auf allen (außer mir) bekannte Sach­ver­halte, Eigen- und Ortsnamen. Der Per­so­nal­chef beob­achtet mich auf­merk­sam.

In einer der Pausen meint jemand: "Sie ha­ben ja eine sehr intensive Arbeit!" Ich darauf: "Ja. In Näch­ten nach solchen Ein­sätzen schlafe ich immer tief und fest!" Die Gewerk­schafts­men­schen: "Naja, wenig­stens eine. Wir haben gerade ver­mehrt schlaf­lo­se Nächte!"

Aber so einfach ist das für mich auch nicht. Am nächs­ten Mor­gen wird mein Lieb­ster meinen un­ru­hi­gen Schlaf er­wähnen. Ich wäre kein Mensch, wenn ich alles, was ich auf der Arbeit höre, abends able­gen könnte wie das Bu­siness­kostüm.

Und dann finde ich die Dank­sa­gung vom Personal­chef in der Mailbox, die so endet: "... Sie haben auch prima gearbeitet, als Sie die Inhalte nicht ver­stan­den hatten. Ich stelle mir dies sehr schwierig vor …"

Ist es und ich weiß im Nach­gang auch nicht mehr, für welche Lö­sun­gen ich dann je­weils optiert habe. Ich glaube, wir Dolmet­scher übertragen in diesen Fällen im­mer fast wörtlich.

So, Rech­nun­gen machen und dann noch ein Mittags­schläf­chen zur Kom­pen­sie­rung ver­passten Nacht­schlafs.

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Foto: C.E.

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