Montag, 31. August 2015

Tierisch aktiv

Hallo! Sie lesen hier im Arbeitstagebuch einer Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache, die in Paris, derzeit Berlin, Marseille oder München in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Bil­dung tätig ist. Im Herbst sind noch etliche Termine frei. Wie Sie mich erreichen können, steht rechts.

Vogel in Gummibaum als Schattenriss
Suchbild mit Piepmatz
Wenn man schon vor dem Fertigaufstehen an einer Übersetzung arbeitet und zum zweiten Mal "Strickstoff" statt "Stickstoff" tippt, könnte es sein, dass sich der Som­mer dem Ende zuneigt und einem einfach nur die Füße kalt sind.

Der Berliner Sommer geht schon seit dem 7. August zu Ende. An diesem Tag sind die Mau­er­seg­ler in den Süden geflogen. In­te­res­san­ter­wei­se haben wir aber noch am 15. in Schwerin, also viel weiter nördlich, Mauersegler gehört. Offenbar herrscht dort ein besonders mildes Klima vor. Und wie ich gerade über Piepmätze nach­den­ke, landet ein Spatz in meiner Pfle­­ge­­pflan­­ze auf der Küchenfensterbank.

Ich sitze gerade an einer Textkorrektur. Der Vogel schaut mir lange zu. Mit lang­sa­men Bewegungen stelle ich ihm ein Schälchen mit Wasser hin, er bleibt dabei reg­los sitzen, trinkt, als ich wieder an meinem Platz bin, badet dann in aller See­len­ru­he und schaut mir weiter bei der Arbeit zu. Nach über einer Stunde fliegt er auf die Therme, die auf der gegenüberliegenden Wand oben unter der Zim­mer­decke hängt und verlässt zielgerichtet die Küche durch das obere Fenster, das weit offen steht.

Mir fliegt manchmal etwas zu. So, das nächste Wortfeld beackern, und zwar im wahrsten Wortsinn, geht es doch weiter um Bodengesundheit. Und langweilig wird es mir dabei auch nicht, hier herrscht großes Getümmel: Da gibt es Re­gen­wür­mer, Algen, Springschwänze, kleine Ringelwürmer, Nematoden, Blattläuse, Zi­ka­den, Thripse, Schlupfwespen, Florfliegen, Schwebfliegenlarven, Marienkäfer, räu­be­ri­sche Wanzen, Spinnen und Tausendfüßler ...

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Foto: C.E.

Mittwoch, 26. August 2015

Upcycling (1)

Hallo! Sie haben ein digitales Logbuch aus der Welt der Sprachen an­ge­steu­ert. Hier schreibe ich über meinen Berufsalltag als Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache ... und darüber, was mir am Wegesrand auffällt.

Fahrt zur Post, weil der Paketdienst wieder einmal eine Benachrichtigung in den Postkasten im Erdgeschoss eingeworfen hat, anstatt mir einige Sekunden zum Re­agie­ren zu geben. (Ich bin nicht sicher, ob er überhaupt geklingelt hat.) Auf der Rückfahrt radle ich an alten Balkontüren vorbei, die vor einem Haus ste­hen. Mir tut immer leid, wie alte Formen und Architekturdetails bei To­tal­sa­nie­run­gen ver­schwin­den (und finde es Wahnsinn, dass die hermetisch in Plastik ein­ge­hüll­ten Räu­me dann anschließend unter Verwendung einer elek­tro­nisch be­trie­ben­en An­la­ge wieder "belüftet" werden müssen.)

Nur ein "Karree" weiter, the block nennen das die Amerikaner, komme ich an einer Ladenwerkstatt vorbei, in der Upcycling stattfindet. Und, oh Wunder, ich treffe auf einen alten Bekannten aus der französischsprachigen Schweiz, François, der sich rasch der ausgesetzten Fenstertüren annimmt, während ich seinen Laden hüte, dann trinken wir einen Kaffee türkisch und sprechen dabei Französisch. (Türkischer Kaffee: ohne Filter aufgebrüht, das Kaffeemehl muss décanter, wie Monsieur sich ausdrückt).

Etliche seiner Objekte gefallen mir so gut, dass ich mir gleich Anregungen hole. François wird beim Umbau meiner Garderobe eine wichtige Rolle spielen. Dann geht es weiter: Eine Schicht Farbe für einen Nachttisch in der Werkstatt, bei mir ist ein Kos­ten­vor­an­schlag zu einer Fachterminologie dran, es geht um Bo­den­ge­sund­heit, mehr darf ich nicht verraten.

Ich bin mal gespannt, was François aus den Balkontüren machen wird.

Von der Straße in die Werkstatt

Hier seine Webseite fürs Upcycling, Kunst-Nutz-Objekte aus dem Nichts: www.upcycling.mobi
François ist auch Dokumentarfilmer, hier die andere Webseite: www.belle-journee.com

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Fotos: C.E.

Dienstag, 25. August 2015

Kaltblütig

Will­kom­men auf den Blog­sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­ter­in. Hier notiere ich Dinge aus dem Alltag von uns Kon­fe­renz­dol­met­schern und Über­setzern. Und ich denke über die Sprachen nach.

Gestern Abend berichtet der Deutschlandfunk: François Hollande hat die beiden Ame­ri­ka­ner und den Briten zu Rittern der Ehrenlegion geschlagen, die neulich im Thalys von Amsterdam nach Paris einen vermeintlichen Attentäter unschädlich ge­macht haben. Der Reporter berichtet, der französische Präsident habe sie ge­wür­digt, denn "sie hätten mit ihrem mutigem und kaltblütigen Eingreifen ein Blutbad verhindert." In französischen Agenturen finde ich, was ich vermutet habe, mit sang-froid ist hier nicht "kaltblütig", sondern "beherrscht", "mit kühlem Kopf" (statt mit kaltem Blut) gemeint. Der Begriff reiht sich ein in die Liste der faux amis, der fremden Freunde". Nicht die zufällig Mitreisenden waren kaltblütig, der Attentäter wäre möglicherweise kaltblütig zur Tat geschritten.

Liebe Medienvertreter von ARD und ZDF und den angeschlossenen Sendern! Dem Vernehmen nach sammelt ihr bis Ende 2016 ein Plus von einer Milliarde Euro an. Es wäre schön, wenn Ihr Euch dazu entscheiden könntet, voll bezahlte Profis ein­zu­set­zen, auch für redaktionelle Abnahme, ggf. Nachfrage bei Profis und für das Ver­dol­met­schen von Ministerinterviews zum Beispiel, für Hintergrundrecherchen und Sprach­coa­ching bei Aufnahmen ... sowie in der Dokumentarfilmarbeit! Hier fehlt nämlich eine faire Bezahlung. Wäret Ihr ein Kaffeehersteller, ein Label für Fair­Trade würdet Ihr nicht bekommen.

Kaltblüter
Die Betroffenen sehen das Ganze übrigens alles andere als "mit kühlem Kopf". Daher braucht Ihr Euch nicht zu wun­dern, wenn Menschen wie der Regisseur, für den ich neu­lich gearbeitet habe, gar kein TV-Gerät mehr besitzen. Er hat neulich darüber nach­ge­dacht, seine Rund­funk­ab­ga­be als Bar­zahl­ung gro­schen­wei­se leisten zu wollen. Sind Zehn-Cent-Stücke eigentlich noch Groschen?
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Foto: Percheron-Pferd (Wikicommons)

Montag, 24. August 2015

Auf dem Schreibtisch XXIII

Guten Tag! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch rein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­schen, Über­setzen und Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, Brüssel und gerne dort, wo Sie mich brauchen! Heute wieder: Blick auf den Schreibtisch.

Die Sommerpause, die nur zum Teil eine war, nähert sich dem Ende. Auch in den letzten Wochen waren wir für Sie da — und mich hat es wiederholt in die Flücht­lings­hil­fe verschlagen. Dort bleibe ich mit einem Spielbein. Weitere Anfragen für ehrenamtliche Einsätze liegen vor, allerdings für zehn Tage in der Woche. Das ist und bleibt eine unausgewogene Lage.

Vokabellernschreibtisch
Denn ich muss mich auch wieder den honorierten Einsätzen zuwenden. Dabei geht es um
  • Wirtschaftslage in Europa und in Frank­reich
  • Solidarische Wirtschaft
  • Klimawandel
  • Allgemeine Politik.
Das sieht überschaubar aus, fühlt sich aber an wie die ersten Heftzeiten der Zeitung.

Zwischendurch Terminabfragen, Kos­ten­vor­an­schläge, Reiseplanungen und Buch­hal­tung. Auch etwas Kollegenpalaver ist sehr wichtig, es lockert das Hirn!

Einer, dessen Muttersprache Englisch ist, meinte, er habe 48 Jahre gebraucht, bis er das, was er auf dem Schulhof des Gymnasiums in Garmisch-Partenkirchen als "Des iss Aschmann" gehört hat, als "Des iss a Schmarrn!" identifizieren konnte.

Bei mir ging's einmal ein kleines bisschen schneller. 

Freiluftschreibtisch (nicht meiner)
Ich erinnere mich noch ge­nau, wie ich mich in Paris mitten in der Prüfung zur Wirt­schafts­über­set­zer­in kaum noch eingekriegt habe, weil ich kapiert hatte, dass "an­schnau­zen" und engueuler quel­qu'un der gleiche Ge­dan­ke zugrunde liegt, das Maul (Mund eines Tieres). Da war der Groschen im­mer­hin bin­nen eines knappen Jahr­zehnts ge­fal­len.  

Auf die anderen Erleuchtungen warte ich noch. So, schnell weiterlernen.

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Fotos: C.E. (Archiv)

Sonntag, 23. August 2015

Wochenende im Kiez

Bonjour und guten Tag! Interessieren Sie sich für Dolmetschen und Über­set­zen? Dann sind Sie hier auf meinen digitalen Tagebuchseiten richtig. Sonntags werde ich privat, da haben meine Einträge nicht unbedingt mit Sprachen zu tun.

Das Wochenende dient dem Abschalten. Kein Problem bei schönstem Som­mer­wet­ter: Freiluftkino, Museumsgeburtstag, Gartenarbeit (mit Freude am Kompost) und ein Begrüßungspicknick mit lieben Nachbarinnen gehören dazu.


Dass wir ehrenamtliche Dolmetscher in der Flüchtlingshilfe anderen Menschen Wörter und Zeit schen­ken, ist schwierig in Bildern darzustellen. Einfacher geht es durch das Spielzeug, das meine kleinen Nachbarn und ich für Flüchtlingskinder sammeln. Mein Dank geht an Gretchen, Romy, Louis und an einige unbekannte Spender.

Eine gute Idee für solche Aktionen ist übrigens, kurz vor Flohmarktende über den­sel­ben zu gehen und nach dem Preis für ein oder zwei Tiere zu fragen, dann zu sagen, was der Grund der Nachfrage ist ... Kurz: Die meisten Stofftiere kamen aus dem Keller, der hinterletzten Kinderzimmerecke oder sogar vom Flohmarkt als Geschenk!


Schön, dass diese Kinder einen Sinn für Solidarität haben... Das Ge­rech­tig­keits­ge­fühl scheint bei jungen Menschen noch sehr gut ausgeprägt zu sein. Wann es genau verschwindet, müssen wir einen Entwicklungspsychologen (oder eine ~in) fragen. So jedenfalls das Abendpalaver unter Dolmetscherinnen zwischen Hamburg und Ber­lin, ausgehend von Einsatzplanungen und Literaturtipps. Ist das Buch des fran­zö­si­schen Molekulargenetikers und buddhistischen Mönchs Matthieu Ricard über Altruismus und unsere modernen Gesellschaften eigentlich schon ins Deutsche über­setzt worden?

So, zum Kontrast dazu darf ich ab morgen früh wieder Wirtschaft pauken. Und da­mit das Gehirn eine Nacht länger zum Fixieren hat, nehme ich mir am Abend noch eine Stunde lang bereits bekannte, spannende Texte vor, steigere durchs Über­flie­gen alter Vokabellisten die Freude des Wiedererkennens, und schlage noch einen thematischen Pflock ins thematische Neuland.

Und dann geht's noch ab mit dem Bestiarium an die Wäscheleine.

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Fotos: C.E.

Samstag, 22. August 2015

Lachen ist wichtig!

Hallo! Hier bloggt eine Sprach­mit­tler­in für Po­li­tik, Wirt­schaft und Kultur. Ge­ra­de ha­be ich mit der Flücht­lings­the­matik viel zu tun. Samstag folgt hier (derzeit nur ab und zu) mein Lieblink der Woche.

Nach den Dramen der letzten Tage schickt mir eine Freundin folgenden Filmlink. Hier ist deutlich zu erkennen, wie schwierig es ist, mit Dolmetschern zu drehen. Beispiel von einem dreisprachigen Filmdreh. Der Pferdeflüsterer hat leider gefehlt.



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Film: YouTube

Freitag, 21. August 2015

Urlaubsjob

Bien­ve­nue, herz­lich will­kom­men! Sie le­sen hier im Blog einer Dol­met­scher­in und Übersetzerin für die französische Sprache, die für Politik, Wirtschaft, Kultur und Bil­dung tätig ist. Manchmal aber auch dort, wo einfach nur Not am Mann (oder der Frau) ist. 

Heute habe ich von einer neu­en Variante meines Dolmetscharbeitsplatzes zu be­rich­ten, der Putzmittelkammer.

Kleine Wüstenprinzessin
Hier stehen drei un­ter­schied­li­che Stühle, dem einen fehlt eine Armlehne, dem anderen das Rückenteil, der dritte ist einfach nur hässlich. Hinter uns der Vorrat an Putzmitteln in milchigen Kanistern und ein kleines Fenster. Neben mir stehen Schrubber.
Die Registrierung der Flücht­linge und die erste Ver­sor­gung finde in Berlin auf einem Ni­veau statt, das zum Teil nicht einmal Dritte-Welt-Ländern entspricht, raunt mir ein sichtlich schockierter jun­ger Arzt zu.

Dort gebe es wenigstens nach westlichen Standards gepackte Sets und Zelte mit der nötigen Grundausstattung. — Hier ist alles zusammengestückelt, gespendet. Denn seit Wochen überlässt das Land Berlin es Freiwilligen, sich im Vorfeld der Re­gist­rier­ung um hunderte oft in der prallen Sonne wartende Menschen zu küm­mern. Es fehlt an allem: Sonnenschutz, Lebensmittel, ausreichend Wasser, Kin­der­be­treu­ung und eben auch medizinische Hilfe. Ehrenamtliche springen ein.

Die unter dem Slogan "Moabit hilft!" engagierten Bürger sichern die humanitäre Grundversorgung ab, die eigentlich der Staat leisten müsste. Nach ersten spon­ta­nen Wasserspenden und Tagen, an denen sich der Einsatz für die Beteiligten oft wie der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein angefühlt hat, sind nach und nach die Caritas, die Johanniter und auch die Dia­ko­nie erwacht. (Die Reihenfolge ist hier völlig willkürlich, kann sein, dass auch schon mal jemand der Genannten zwi­schen­durch vor Ort war. Das Gros der Aktionen, die Spendenaufrufe und auch die me­dia­le Verbreitung der Hilfegesuche geht auf jeden Fall auf Anrainer und von diesen Alarmierte zurück.)

Ich spreche über die zentrale Verwaltungsstelle, das Landesamt für Gesundheit und Soziales, LaGeSo. Ehrenamtlich arbeiten hier und im Bereich der Kirchen, der Obdachlosenanlaufstellen, Migranten- und Mütter-Kind-Vereine Ärzte, Psychologen und Sprach­kun­dige, darunter auch Dolmetscher. So kam ich zu meinen ersten Ein­sätzen, unter anderem am oben beschriebenen Ort. Wenn heute Abend 18.00 Uhr das LaGeSo schließt, wird den verbleibenden Männern, Frauen und Familien hof­fent­lich ein Bett in einer Unterkunft angeboten werden. Ich habe mit Leuten gesprochen, die einige Nächte lang im Tiergarten kampiert haben.

Gentleman of the South
Einmal bekam eine Frau einen Weinkrampf und war nicht mehr zu beruhigen. Für die Übersetzung des Psy­cho­lo­gengesprächs war zunächst eine 17-jährige Gymnasiastin aus Baden-Württemberg im Gespräch, die in den großen Ferien Freunde in Berlin be­sucht und sich spontan en­ga­giert hat. Die Hin­ter­grün­de für den Zu­sam­men­bruch der Flücht­lings­frau sind er­schüt­ternd.

Ich kann und will hier nicht mehr dazu schreiben.

Eine andere Patientin stammte aus Zentralafrika, musste als Kind die Ermordung der eigenen Familie miterleben, wurde dann gezwungen, als Kindersoldatin zu kämpfen, ging später als Haushaltshilfe nach Syrien, wurde dort weiter aus­ge­beu­tet und missbraucht. (Der Einsatz liegt schon länger zurück, hier kann ich of­fen­bar zusammenfassen.)

Natürlich habe ich nicht nur mehr Vokabular, sondern auch mehr professionelle Dis­tanz zu dem, was ich übertrage, als es die junge Schwäbin gehabt hätte. In der Nacht danach habe ich trotzdem bis vier Uhr morgens nicht geschlafen. In nor­ma­len Fällen bekommen wir nach solchen Einsätzen Supervision angeboten, Helfer ris­kieren Sekundärtraumatisierungen. Hier gibt es stattdessen als einzigen Lohn das nicht unbedeutende Gefühl, wenigstens etwas geholfen zu haben. Für das Geld, für das ich sonst länger in den Urlaub gefahren wäre, bringe ich Windeln und Babygläschen mit (und spende für andere Stellen).

Wie desolat Berlin ist, zeigt sich hier (und am Flughafenbau*). Die Hütte brennt. Wir rennen hin und helfen mit einer Menschenkette, die kleine Wassereimer zum Brand­herd befördert. Wir leben in einer modernen Gesellschaft, die Löschzüge ste­hen bereit. Der Staat sind wir. Wir haben Regierungsvertreter gewählt und Men­schen zur Verwaltung delegiert, die wir täglich bezahlen, die ihre Arbeit offenbar nicht ausreichend getan haben. Unter den Helfern schwillt der Groll.

Bald endet die Urlaubs- und Feriensaison. Auch wir Freiberufler müssen dann wie­der an den Umsatz denken. Nicht vorzustellen, was passiert, wenn bis dahin die Verwaltung nicht aus dem Knick gekommen sein sollte.


Hier der 1. Teil meiner kleinen Reihe zum Thema, Das rosa Kaninchen.
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P.S. Danke an Reinhard Ahrens für Fotos und Engagement!
*) Namensvorschlag für Schönefeld: "Flughafen Deutsche
Einheit", beides ist ähnlich lang + kompliziert zu erlangen

Donnerstag, 20. August 2015

Das rosa Kaninchen

Hal­lo und gu­ten Tag. Ob ge­plant oder zu­fäl­lig, Sie le­sen in mei­nem Blog, der nor­ma­ler­wei­se direkt aus dem Inneren einer Dolmetscherkabine oder vom Über­set­zer­schreib­tisch kommt. Noch ist Urlaubszeit, trotzdem bin ich aktiv. Auch mit Französisch kann ich mich einige Tage die Woche nützlich machen, ehrenamtlich.

Deutschland und viele andere Länder Europas erleben gerade einen großen Strom von Flüchtlingen aus den Krisengebieten. Humanitäre Hilfe ist da eine Selbst­ver­ständ­lich­keit.

Diverse Stofftiere sitzen im Bullauge einer Waschmaschine
Gespannt auf Neues
Derzeit trennen sich viele Kinder und Ju­gend­li­che von einigen ihrer liebsten Be­glei­ter. Ob auch der weltbeste Patensohn da­bei ist? Noch sind in Berlin Schulferien, so dass die Entscheidung aussteht. Aber Zweittiere bei der Ziehtante dürfen schon mal weiterwandern in andere Kin­der­hän­de, der allerliebste Schlafhase bleibt al­ler­dings übrig. Minderjährige Nach­barn, denen ich von der Sache erzählt habe, konnten sich spontan auch von einigen Wesen trennen.

Diese Cabin-Crew darf in den kommenden Tagen nochmal in Desinfektionsspülung baden. Neue Mitreisende willkommen! Es ist noch Platz im Space Shuttle!

Wer in Kreuzberg oder im nördlichen Neukölln wohnt: Ich hole ab und begleite die Tiere dann zu Flüchtlingskindern, wenn ich als ehrenamtliche Dolmetscherin un­ter­wegs bin.

Liebe Verlage, liebe Schulen: Startet doch eine große Leseaktion vor allem in Regionen, in denen Menschen aufgrund mangelnder Erfahrungen massive Be­rüh­rungs­ängs­te mit Flüchtlingen haben. Legt das Buch "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" von Judith Kerr in einer "Volksauflage" auf (also sehr günstig, Verbreitung auch außerhalb des Buchhandels) und sensibilisiert schon mal die Kinder. Begleitet das Ganze durch eine Internetseite, Handy-Apps mit Spielelementen, Aktionen.

Ein zweites Buch wäre für die Jugendlichen und die Erwachsenen: Liebe Bun­des­zent­ra­le für Politische Bildung, bittet die normalerweise unterbezahlten Jour­na­lis­ten, Autoren und Fotografen, Portraits zu echten Honoraren über die Flüchtlinge zu schreiben. Holt den "Bund der Ver­trie­ben­en" ins Boot. Nehmt Geschichten wie die über Annaberg-Buchholz und das italienische Fischerdorf Riace auf, das Flücht­linge vor dem Untergang gerettet haben. Die Zeit hat darüber geschrieben, das ist einige Jahre her. Wie hat sich die Sache entwickelt? Außerdem Flücht­lings­ge­schich­ten, die die deutsch-deutsche Grenze zum Auslöser hatten. Und Berichte über Hilfs­ak­tio­nen, die sich derzeit glücklicherweise mehren. Spart dabei die Ängste der Menschen nicht aus, nehmt sie vielmehr auf, geht von ihnen aus. Betreibt keine Indoktrination, sondern echte Information. (Digitale Aspekte wie oben.)

Liebe ARD, stelle bitte regelmäßig ausreichend dotierte Produktionsbudgets für eine wohlbekannte Reihe ein: "Die (neuen) Kinder von Golzow" für eine Lang­zeit­be­ob­ach­tung ausgehend von den Kindern von Golzow, einer Dokumentarfilmreihe, mit der das Ehepaar Junge zwischen 1961 und 2005 die Geschicke einer Land­schul­klas­se aus einem Dorf im Oderbruch und die damit verbundenen Blicke auf Le­bens­wirk­lich­kei­ten festgehalten hat. Dank der Flüchtlingskinder kommt in Golzow wie­der eine Klasse zustande, war den Medien dieser Tage zu entnehmen, wird die Schule aus dem Dornröschenschlaf geholt. Hurry up! In acht Tagen beginnt das neue Schuljahr.

Städte und Gemeinden: Nachbarn, bildet Patenschaften, besonders auch für die Bildung der Menschen. Holt sie aus den Zelten und Containern, sorgt für men­schen­wür­dige Wohnungen, greift un­ge­wöhn­li­che Konzepte auf, z.B. Re­no­vier­ung städtischer Wohnungen und von den Gemeinden verwaltete Gebäude, deren Eigentümersituation seit Jahrzehnten ungeklärt ist, unter Mitwirkung der Flücht­linge und örtlicher Handwerker. Vereinfacht die Bauvorschriften (weg von oft un­sin­ni­gen Wär­me­dämm­maß­nah­men), schreibt Wettbewerbe für gutes und zu­gleich günstiges Bauen aus, setzt den so­zia­len Wohnungsbau wieder in Gang, stärkt die Ob­jekt­för­der­ung. Setzt die Gelder nach­hal­tig ein, verstärkt die psychologische Be­treu­ung der Betroffenen, stoppt die Entstehung einer Flücht­lings­ver­sor­gungs­in­dus­trie

So, das war jetzt mein Wort zum Donnerstag! Wegen der Viecher: Mail an caroline[kringel]adazylla[punkt]de ... vorab vielen Dank!
Weiter im Thema geht's mit Urlaubsjob.
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Foto: C.E.

Mittwoch, 19. August 2015

Motto, das // Motti, die

Bon­jour, gu­ten Tag! Hier bloggt ei­ne Fran­zö­sisch­dol­met­scher­in aus Ber­lin, Pa­ris und Venedig. Ich übersetze auch Texte ins Deutsche, dabei werde ich auch für Englisch tätig. Langsam sind die ersten Anzeichen des Herbsts zu spüren. Hier kommen meine Motti für die neue Saison.
„Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, sondern mit den Augen die Tür zu finden.“
(Werner von Siemens, 1816-1892, deutscher Erfinder)
„Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“
(Benjamin Britten, 1913-1976, englischer Komponist)
 „Mehr Humor, bitte!“
(selbst)

Vorsicht ist der beste Unfallschutz!
Am Wismarer Hafen
(DDR-Parole)

Aufgrund einiger eindeutiger Erfahrungen werde ich mich künftig hier deutlich di­plo­ma­ti­scher äußern. Grundsätzlich steht bei mir der Kundenschutz ganz weit oben: Das bedeutet nicht nur, den eigenen Kunden und jenen der Kollegen ge­gen­über loyal zu sein, sondern auch, in Ausübung meiner Berufstätigkeit erfahrene Fakten vertraulich zu behandeln. Das gilt in Absprache mit den Auftraggebern nicht, wenn mein Einsatz im Rahmen von Pressekonferenzen oder anderen öf­fent­lich­keits­wirk­sa­men Ereignissen stattfand.

Unloyales Verhalten mancher Marktbeteiligter, das nicht nur die Arbeitsgrundlagen der Sprachmittler, sondern durch Prekarisierung auch die Branche und die In­ter­es­sen der Kunden gefährdet, wer­de ich hier weiterhin kritisieren. Mögen sich die Aufs-Korn-Genommenen darin selbst erkennen!

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Foto: C.E.

Dienstag, 18. August 2015

Deppen-Apostroph

Hallo! Hier le­sen Sie, was eine Dol­met­scher­in und Über­set­zer­in für die fran­zö­si­sche Sprache so umtreibt. Tätig werde ich in Paris, Berlin, Hamburg, Nizza und überall dort, wo Sie mich brauchen. In den Sommermonaten geht es auf den Blog­sei­ten ruhiger zu, das Büro ist aber besetzt.

Gesehen im alten Hafen einer europäischen Stadt ... Dass im ehemaligen Ter­ri­to­ri­um der HO (Handelsorganisation) mit ihren HO-Speisengaststätten (erst vor kurzem mit Bin­nen-N gesehen) und der Konsumläden sich lange niemand einen Namen für ein Restaurant oder einen Ein­kaufs­la­den ausdenken musste, trägt sicher dazu bei, dass es an der Ostsee von Lokalitäten wie "Gottfried's Fischrestaurant" oder "Anna's Strandcafé" nur so wimmelt. Pardon, das Café schreibt sich dort natürlich ergänzt durch den Ak­zent in die andere Richtung: "Cafê".

Unter Korrektoren und Übersetzern heißen derlei übrigens Deppen-Apostroph und -Akzent. Nicht sehr schmeichelhaft. Im Hafen ließ sich jedenfalls am Dienstag nicht viel ausrichten, denn ...

Fassaden und Abendhimmel spiegeln sich auf einer Glasfläche, hinter der ein Zettel angeheftet wurde: "Dienstag's geschlossen"
Dieser Blog ist auch dienstags online
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Foto: C.E.

Sonntag, 9. August 2015

Körnerpark

Bonjour, guten Tag! Hier bloggt eine Sprachmittlerin, derzeit aus Berlin. Sonntags werde ich privat: Sonntagsfotos!

In Neukölln liegt der Körnerpark, der an Sommersonntagen mehr als ein Park ist: Konzertsaal, Freibad, Picknickwiese, Federballspielfeld und viel mehr.

Kinder laufen vor dem Wasserfall
Irgendwas zwischen les mômes von Doisneau und Abbey Road
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Foto: GWeil (Blois) / Merci beaucoup !

Mittwoch, 5. August 2015

StVO

Welcome, bienvenue, guten Tag! Hier schreibt ei­ne Über­set­zer­in und Dol­met­scherin. Berlin ist im Sommer immer am schönsten. In diesen Wochen ist deshalb das Büro besetzt, allerdings nicht rund um die Uhr.

"Nicht jeder, der die Straßenverkehrsordnung auswendig kann, hat die Befähigung und das Talent dazu, Rennwagen zu fahren."

Sommerarbeitsplatz
Das ist meine Antwort an einen Nicht-Kunden, dem meine Arbeit eine Pauschale von 20 Euro wert war — un­ge­ach­tet der notwendigen Zeit, so jedenfalls seine "Of­fer­te". Ein längerer We­rbe­pros­pekt (über 1000 Wörter) ist aus dem Fran­zö­si­schen ins Deut­sche übersetzt worden. Der Kunde bat mich, ich möge ihn "nur mal eben schnell" Kor­rek­tur lesen.

Der "Übersetzer" soll, wie ich auf Nachfrage erfuhr, zweisprachig aufgewachsen sein. Dabei schrieb der Kunde, der ein französisches Produkt in Deutschland ver­trei­ben soll, auch beim dritten Mailwechsel "zwiesprachlich".

Auf diese Art von Zwiesprache hatte ich keine Lust. Weiter im Text. Drehbuchlektorat, anständig honoriert, dann ab an den See.

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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 4. August 2015

Sommermodus

Hallo und guten Tag! Hier bloggt eine Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin aus Berlin. Ich übersetze Drehbücher, Webseiten und Projekte — allerdings keine Privatdokumente.

Westerland auf Sylt
Rückblick auf die Strand­pro­me­na­de in der Som­mer­fri­sche. Wir lesen, kümmern uns um Lampenaufhängungen, zwischendurch schreiben wir den einen oder anderen Kos­ten­vor­an­schlag und dem­nächst gehe ich mal wieder Leute verheiraten.

Kurz: Im Sommer ist im Büro alles verlangsamt, auch im Blog wird's ruhiger.

Ich lese regelmäßig schriftliche Anfragen; die Beantwortung kann einen Tag dauern. In dringenden Fällen bin ich mobil erreichbar (siehe rechts oben).

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Foto: privat

Montag, 3. August 2015

Bibliotheksschließung

­Will­kom­men auf den Sei­ten mei­nes Web­logs aus der Spra­chen­welt. Ich dol­met­sche in Pa­ris, Ber­lin, Brüs­sel und dort, wo Sie mich brau­chen. Vor den Einsätzen sitzen wir oft tagelang hinter den Büchern und lernen. Das kann auch außerhalb des Hauses sein.

Fassade mit entfernten Buchstaben, das Wort BIBLIOTHEK ist noch lesbar
Das war mal die Bib von Schwerin
Freitagabend kam in einer re­nom­mier­ten Berliner Bib­lio­thek folgende Durch­sa­ge: "The Bibliothek will be Klo­sett in 15 minutes". Da regt sich bei mir gleich die Blase, oder muss ich den Klei­der­schrank suchen? (... das be­deu­tet the closet auf ame­ri­ka­ni­schem Englisch.) Spra­chen­wirr­war in meinem Kopf: Gut, dass die­ses Mal we­nigs­tens nicht von library die Rede war.

Deutsche-Bahn-Englisch in einer der hiesigen heiligen Hallen frei zugänglicher Bil­dung hatten wir noch nicht. Sitzen da inzwischen nur noch Hilfskräfte?

Wohl perdü die Zeiten, als die baldige Schließung mit Wilhelm Busch anmoderiert wurde:
Eins, zwei, drei im Sauseschritt 
eilt die Zeit — wir eilen mit.
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Foto: C.E.

Sonntag, 2. August 2015

QUARIA

Blaue Eingangstür, das Schild "geschlossen" ist nicht lesbar, viele Bücherkisten
Das "quaria" in Berlin
Bon­jour, gu­ten Tag! Ob zu­fäl­lig oder ab­sicht­lich hier, Sie sind auf der Sei­te ei­ner Dol­met­scher­in und Über­set­zer­in gelandet. In der Saison bin ich oft in Paris, Mün­chen, Köln und Berlin tätig, wo ich mein Basislager habe. Derzeit bin ich dort auch im Sommerbüro. Sonntagsfotos!

Die meisten Kolleginnen und Kollegen sind im Ur­laub, also läutet mein Telefon ge­ra­de recht häufig. Es geht um spontane Ein­sätze, Kostenvoranschläge — und ein Gut­ach­ten war diese Woche auch dabei.

Wir genießen Berlin, seine Kultur und sein Umland und Obst sowie Gemüse vom Gärt­ner­in­nenhof im Umland.

Zettel "GESCHLOSSEN"
Ransprung an die Tür
Zwischendurch geht es weiter mit der Auf­hüb­schung von Wohn- und Ar­beits­räu­men. Und immer mal wieder ist Le­se­nach­schub nötig. Dafür gehe ich in die groß­ar­ti­gen Buch­lä­den in meinem Viertel sowie in den Altbuchladen.

Beim "quaria" um die Ecke geht auch alles nach einem gemütlichen Som­mer­rhyth­mus. Neu­lich ist niemand im La­den, die Bücher stehen trotzdem in der Auslage. Ich lese auf der Bank, bis der Chef des Geschäfts wiederkommt.


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Fotos: C.E.