bunte Einkäufe |
Wie alle Kinder lernt der weltbeste Patensohn durch Wiederholung. Und wie alle Kinder der Welt spielt er gerne, und die Großen müssen mitmachen.
Nach dem gefühlten 3761. Mal Kaufladen spielen innerhalb von 2,5 Jahren habe ich allerdings gestreikt: "Mein liebes Kind, wir müssen uns was anderes ausdenken. Mir ist sooo langweilig!"
Also habe ich meine Bedingung genannt: Entweder ein anderes Spiel oder Kaufmannsladen auf Französisch. Ich hatte Glück, der kleine Mann antwortete so, wie ich es mir gewünscht hatte. Damals war er fünfeinhalb Jahre alt. Zunächst habe ich nur Dinge gekauft, die auf Deutsch ähnlich klingen. Zugegeben, das Sortiment war ein wenig beschränkt: ich kaufte Tassen, Tomaten, Orangen, Zitronen, Elefanten, Tiger, Bälle, Schokolade, Bonbons, Dinosaurier, Heilkopter, Jeans, Pullover, Parfum, ein neues Portemonnaie, Fotos ...
... dann kaufte ich kleine Dinosaurier und große Zitronen, außerdem auch schon mal den einen oder anderen Apfel (la pomme). Mit dem Apfel ging die Erweiterung auf Vokabeln richtig los, die nicht den deutschen Wörtern sehr ähnlich sind. Kurz: Der erste Schritt war die "Schärfung des Gehörs", das hat bei ähnlichen Wörtern gut funktioniert, er hat sie auch oft nachgesprochen und damit die zunächst fremde Aussprache geübt. Dann kamen Farben hinzu, dann wurden andersfarbige oder größere und kleinere Dinge nachgefragt (plus grand/plus petit). Schließlich ergänzten wir das Sortiment, der kleine Mann machte einen Küchenbedarfsladen auf. Mal sehen was noch so kommt.
Mit der Zeit lernte er auch Zahlen kennen. Die Preise sagt er immer auf Deutsch, ich wiederhole sie dann auf Französisch. Sein Geschäft pflegt zu meiner Freude die schöne Tradition der einfachen, runden Zahlbeträge.
Vokabeln, auf dem Schulweg gefunden |
Und um Gehörschulung geht's mir, was bei den Kleinen fast nicht nötig ist, damit aber auch um eine gute Aussprache. Inzwischen sitzen wir auch schon mal bei schriftlichen Aufgaben, wie er sie aus der Schule kennt. Je mehr ich mit meinen Arbeitsblättern dem Aussehen offizieller Schulmaterialien komme, desto lieber ist es ihm. Wir haben Glück, er geht gern in die Schule und ist ein sehr guter Schüler (wenn er so nett ist und das Hirn einschaltet).
Aber schon das erste Ergebnis hat uns beide beflügelt: Als er sechseinhalb war und wir einmal aus Frankreich zurückfuhren im Zug, wo er zunächst zehn Tage lang nur zugehört hatte, fing er im Zug an Französisch zu sprechen. Dabei hörte ihn eine in Straßburg lebende und mit einem Deutschen verheiratete französische Fernsehredakteurin. Sie seufzte: "Ihr Kind erinnert mich an meine Kinder, als sie klein waren, da ging das auch hin und her. Ist es nicht wunderbar, wie sie so perfekt von einem Idiom zum anderen wechseln?" Wie gesagt, "unser" Mini hat einen sehr begrenzten Wortschatz, aber eine gute Aussprache, da ist Ersteres wohl nicht aufgefallen ...
Die nächsten Lernfelder waren: Einfache Begrüßung und dabei fragen/sagen, wie's einem geht. Das nächste Programm hat er sich selbst gewünscht bzw. es war seine Bedingung, um auch mal ein paar Stunden allein bei den französischen Freunden zu bleiben, die ebenfalls Kinder haben: sagen, wenn einem etwas wehtut, sowie die Körperteile (angefangen mit tête et bras et jambes et pieds)*. Nach dem Camping auf dem Bauernhof vertieften wir das Thema Bauernhoftiere. Im Frühfranzösisch der Schule kamen dann Mädchen/Junge, Mann/Frau, Guten-Tag-Sagen sowie allerlei dran, was sich im Klassenzimmer befindet, schließlich Wetter und Jahreszeiten. Wenn die Woche stressig ist, verfestigen wir nur, was in der Schule vorkam, sowie bereits Bekanntes.
An einer Wirtshaustafel auf dem Schulweg (**) |
Langsam wird unserem Schatz das Französischlernen zu einem eigenen Anliegen. Denn er fragt auf dem Nachhauseweg: "Ich kann jetzt drei Ausdrücke, um mich zu verabschieden, und was sagt man jetzt wann? — salut, au revoir, à bientôt ..."
Das erkläre ich doch gerne. Am Morgen drauf wandern die Vokabeln, von denen nur à bientôt völlig neu für ihn war, in sein Vokabelheft.
______________________________
Foto: C.E. (Archiv)
(*) anstatt "épaules" singen wir "et bras", denn ich
glaube, bei Kindern kommt der Arm öfter vor ...
(**) ..., du fehlst uns! Küsse, Marie und ihre Eltern
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen