Ein öffentlich-rechtlicher TV-Sender, der gern DER europäische Kulturkanal heißen möchte, hat letztens für viele Programme, die aus Deutschland zugeliefert werden, die Budgets gekürzt. Nun scheint man in der Zentrale, die übrigens einen Pool festangestellter Dolmetscher beschäftigt, davon auszugehen, dass die Macher samt und sonders mehrsprachig sind, und falls nicht, dass sich leicht ein(e) andere(r) fände, der den Film genauso gut machen könne. Dem ist nicht so.
Also dürfen Sprachmittler ran. Indes ... Hotel- und Reisekosten: Preise steigend. Technikkosten: nahezu gleichbleibend, denn der Verbilligung der Technik steht die Beschleunigung der Entwicklungen entgegen; Nachkauffristen werden kürzer. Ein hoher Kostenfaktor bleibt das Stammpersonal: Es braucht Zeit, um Filme auszudenken, zu schreiben, zu drehen, zu schneiden. Flexibel und "austauschbar" scheinen Spracharbeiter zu sein. (Wie, der Praktikant traut sich das nicht zu? Google doch mal eben, ob Du jemanden findest.)
Die letzten Jobs, die mir angeboten wurden, sollten mit ca. 75 % des Honorarniveaus von vor zehn Jahren entlohnt werden.
Die letzten Jobs, die mir angeboten wurden, sollten mit ca. 75 % des Honorarniveaus von vor zehn Jahren entlohnt werden.
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Eine andere Dolmetscheragentur fragte mich an für Hamburg mit einem Honorarsatz, der ca. 35 % unter dem liegt, was ich selbst verhandelt hätte. Ist für einen großen Kongress, also gab's Mengenrabatt für den Kunden? Ich handle rauf, liege jetzt bei - 25 %, wenn ich ... ja wenn ich der großen Agentur ein wenig entgegenkomme: Manche Kolleginnen würden ja beim ersten Einsatz auf die Berechnung von Reisekosten und -tagegeldern verzichten, denn es sei ja viel wert, bei der Agentur einen Fuß reinzukriegen. Und ich müsse ja schließlich mit den Hamburger Kolleginnen und Kollegen konkurrieren.
Nochmal zurückgespult: Die Firma rief mich an und nicht sie. Da gibt's wohl einen Bedarf, der an Tag X nicht mit den lokalen Kräften gemeistert werden kann. Hatte die Firma nur "Locals" im Kostenvoranschlag stehen? Dann "schicken sie mir schon mal den Vertrag". Zitat: "Unser Zahlungsziel liegt bei 60 Tagen." Die Firma zockt, das Risiko, viel oder weniger viel am Job zu verdienen, soll auf diejenigen abgewälzt werden, die die Arbeit machen, die letzten Endes auch noch die Bank des Unternehmens spielen? Zahlungsziele legt doch der Rechnungssteller fest, oder?
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Berlin plant bei der öffentlichen Auftragsvergabe nur noch Firmen zu berücksichtigen, die ihren Mitarbeitern mindestens 7,50 Euro die Stunde zahlen. Wenn die Stadt ihre eigenen Regeln befolgen würde, könnte sie die Hochschulen dicht machen. So mancher Dolmetscher und Übersetzer unterrichtet ja auch dort als Lehrbeauftragter, und hier scheinen die Honorare seit vierzig Jahren nicht an die Inflation angepasst worden zu sein: 21,40 Euro gibt's für die gehaltene Stunde im Ostteil der Stadt und in Potsdam. Ich rechne: Für jede Doppelstunde, die ich vor Studis stehe, bereite ich mich ca. vier Stunden vor und zwei Stunden nach, dazu kommen Reisezeiten, die mit Potsdam als Ziel und Südostberlin als Wohnort den Zehn-Stunden-Tag abrunden. Meine Arbeitszeit bei Prüfungen kriegt der Staat noch obendrauf, das macht einen sehr langen Arbeitstag für 42,50 Euro abzüglich der (nicht erstattbaren) Fahrtkosten: 36,50 Euro.
Ach, und dann sind da meine Materialien, die Berliner Leihbibliotheken eher nicht vorhalten, ich erwerbe also auch einiges käuflich in der Hoffnung, dass die Unibibliothek bis zum Semesterende auch noch was kauft, sonst verschieben sich wieder die Hausarbeiten so weit ins nächste Semester, dann dauert das Korrigieren länger. In meinem Fall, ich unterrichte (inzwischen seltener) Film, Medienwirtschaft und Französisch für Filmschaffende, sind die Kosten ziemlich hoch, Fachbücher kosten, DVDs auch (die ich im Seminar gar nicht zeigen darf: Keine Hochschullizenz. Also Handapparat). Aber wer will denn kleinlich sein, wer schaut aufs Geld, wenn er für ein spannendes Lehrangebot eingekauft wurde?
Ach, und dann sind da meine Materialien, die Berliner Leihbibliotheken eher nicht vorhalten, ich erwerbe also auch einiges käuflich in der Hoffnung, dass die Unibibliothek bis zum Semesterende auch noch was kauft, sonst verschieben sich wieder die Hausarbeiten so weit ins nächste Semester, dann dauert das Korrigieren länger. In meinem Fall, ich unterrichte (inzwischen seltener) Film, Medienwirtschaft und Französisch für Filmschaffende, sind die Kosten ziemlich hoch, Fachbücher kosten, DVDs auch (die ich im Seminar gar nicht zeigen darf: Keine Hochschullizenz. Also Handapparat). Aber wer will denn kleinlich sein, wer schaut aufs Geld, wenn er für ein spannendes Lehrangebot eingekauft wurde?
Komisches Gefühl, wenn ich sagen wir mal an einem Montag als de facto Ein-Euro-Lehrerin die Akademiker von morgen ausbilde und am Tag danach ein einstündiges Frühstück mit aktiven Politikern zum (reduzierten) Tagessatz von 850 Euro abrechnen darf. Warum ist die Handvoll Politiker 850 Mal so viel wert als meine 40 Studis im überfüllten Seminarraum?
Vorschlag für den Staat: Führt doch wenigstens für unsereinen für den real geleisteten Aufwand Versicherungsbeiträge ab! Und dann ran an die Reform der Finanzierung der Lehre! — Fachleute gehen davon aus, dass je nach Studiengang bis zu 45 % der Lehr- und Prüfungsleistungen von Lehrbeauftragten übernommen werden.
Dumping kommt von "to dump": abladen, verschleudern, wegschmeißen.
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Foto: C.E. (aus Strasbourg)
Zu diesem Bild gehört das.
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