Sonntag, 26. Dezember 2021

COVIDiary (453)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten einer Sprach­ar­bei­te­rin. Seit 2007 berichte ich hier in loser Folge über das Ar­beits­le­ben von Über­setzerin­nen, Über­set­zern, Dol­met­scherinnen und Dol­met­schern. Heute: Sonn­tags­fotos!

Weihnachts­spa­zier­gän­ge am Ufer: Sehr plötz­lich ist es dieser Tage sehr kalt gewor­den, und das blitz­ar­tig gefrorene Eis ist sauber, Kristall­for­men zeichnen sich sogar aus Ent­fer­nung ab, das Wasser da­run­ter ist nachtschwarz. Dann bricht der frü­he Abend he­rein.

25 Jahre wird es die­sen Som­mer her sein, dass wir die­se Woh­nung am Ka­nal be­zo­gen haben. Ich woh­ne hier mit Un­ter­bre­chungen und lan­ge we­ni­ger als sechs Mo­na­te im Jahr, aber doch ist das ein knap­pes Viertel­jahr­hun­dert her. Und erst jetzt konnte ich diese Bilder schießen. Waren es diese meteo­ro­lo­gi­schen Be­son­der­heiten oder war ich jahre­lang ab­ge­lenkt und ha­be so lan­ge ge­braucht, um wirk­lich hin­zu­se­hen?

Fassaden, Hausdächer, Bäume in Spiegelung auf Eis
Wassermalerei ...

 

Fassaden, Hausdächer, Bäume in Spiegelung auf Eis
... oder Eisblumen­im­pres­sion­is­mus?








 

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Fotos:
C.E.

Dienstag, 21. Dezember 2021

COVIDiary (452)

Herzlich will­kom­men! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was wir Sprach­ar­bei­te­r:in­nen ma­chen, wie wir ar­bei­ten und leben, ist hier seit 2007 re­gel­mä­ßig Thema. Der Co­ro­na­vi­rus hat aus dem Ar­beits­ta­ge­buch mein COVIDiary ge­macht. Ne­ben den Spra­chen liebe ich al­te Fo­to­gra­fie und Fil­me.

Keine nature morte (1929)
Heute ist Win­ter­son­nen­wen­de. Ab 16.58 Uhr werden die Ta­ge wieder länger! Ich mag den heidnischen Brauch, sich mit Lich­tern zu um­ge­ben, und auch den Gedan­ken, etwas Grünes ins Haus zu holen in diesen grau­en Tagen, finde ich höchst liebens­wert. 

Einander in diesen Ta­gen alles Gute zu wün­schen, ist ein anderes lie­bens­wer­tes Ritual. Heute sendet uns eine Kol­legin die Worte Je vous souhaite une année 2022 extra­or­dinaire !

Mit Verlaub, ich wünsche uns kein "au­ßer­ge­wöhn­liches" neues Jahr! Wie schön wäre ein strunz­lang­wei­li­ges, stink­nor­males Jahr!

Und bitte kein twenty-twenty, too.

Nur die al­ler­besten Grüße und Wün­sche den Fol­lowerin­nen und Fol­lowern sowie den Zufalls­le­ser:innen dieses Blogs! 2022 bin ich wieder hier; in der Zwi­schen­zeit werden noch einige Notizen nachge­tragen, d.h. Halb­fer­tiges kommt in die Schluss­re­dak­tion und wird pub­li­ziert.

Schöne letzte Tage des Jahres 2021!

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Foto:
Privatarchiv (Suchbild)

Montag, 20. Dezember 2021

COVIDiary (451)

Hal­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines di­gi­talen Ar­beits­ta­ge­buchs gelan­det. Hier fin­den Sie Bilder und Mo­mente aus dem All­tag einer Dol­metscherin in Pan­de­mie­zei­ten. Meine Spra­chen sind Fran­zö­sisch, Eng­lisch und natür­lich auch Deutsch, meine Mut­ter­spra­che.

Letzter Arbeits­tag, nun ja, offiziell. Das eben noch volle Büro (im über­tra­ge­nen Sin­ne) leert sich ge­ra­de. Allerdings sind unsere Dolmet­scher:innenhir­ne eigent­lich irgend­wie immer im Ein­satz.

Historische Fotografie, die Büroleben zeigt: Schreibtische, Telefon, Bleistifte, Mitarbeitende
Büroleben vor 100 Jahren
Was ich bis zum 6. Ja­nu­ar an sprach­re­le­van­ten Din­gen) ma­chen werde: mich fran­zö­si­schen und eng­li­schen Bü­chern, Fil­men, Pod­casts und Ra­dio­sen­dungen widmen, te­le­fonieren, sky­pen, si­cher auch noch Fra­gen für die Bau­stelle eines Haupt­kunden zu klä­ren hel­fen — und last but not least ste­he ich für Not­ein­sätze bereit (Po­li­zei, Kran­ken­haus, Amt etc.).

Das ist der Hin­ter­grund un­se­rer Ar­beit und auch ein Trick fürs Spra­chen­ler­nen: Et­liche All­tags­ak­ti­vi­tä­ten finden schlicht und er­grei­fend in der Fremd­spra­che statt. Wohn­de­sign­sen­dun­gen sehe ich zum Bei­spiel über­wie­gend auf Fran­zö­sisch, zum Bei­spiel die Sen­dung Question Maison, bei der mir die Rub­rik "SOS Maison" be­son­ders ge­fällt, in der Re­gel ab der 35. Mi­nu­te. 

Hier wer­den Lö­sun­gen für Wohn­prob­le­me vor­ge­stellt, und zwar nicht nur lu­xu­rie­ren­de Auf­hüb­schungs­pro­jek­te, son­dern zum Teil ganz kras­se Prob­leme aus Pa­ris, wie sie das Bü­ro­per­so­nal da oben si­cher auch kannte: In dieser Folge (klick) tei­len sich eine al­lein­er­zie­he­nde Mut­ter und ihre kleine Toch­ter zwei kleine Man­sar­den­zimmer zum Woh­nen, Schla­fen und Ar­bei­ten (ab Minute 35'05''). Den In­halt ver­steht auch, wer kein Fran­zö­sisch spricht.

Um Ein­rich­tungs­the­men wird es bei mir auch die nächs­ten Wo­chen gehen: Ich wer­de Möbel rücken. Derlei soll ja eigentlich in den Rau­näch­ten  un­ter­ble­iben. (Wer nicht weiß, was es mit diesen Rau­näch­ten, auch Unter­näch­te genannt, auf sich hat, ich habe vor fast einem Jahr­zehnt hier darüber geschrieben.) Da ver­traue ich voll mei­nem Vater, der gesagt hat, dass diese Mythen ein trickreiches Narrativ mit verkapptem Ar­beits­schutz­ge­dan­ken ge­we­sen seien. Wenn also die Che­fin selbst Hand anlegt, ist alles gut.

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Foto:
Privatarchiv (Bild lässt sich, in ein
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Freitag, 17. Dezember 2021

COVIDiary (449)

Was Dol­met­scher und Über­setzer um­treibt (hier: eine Dol­met­sche­rin­ und Über­set­ze­rin­), be­schreibe ich seit 2007 an dieser Stelle. Meine Spra­chen sind Franzö­sisch, natürlich Deutsch — und oft auch Englisch als Ausgangs­sprache.

Viele Büros sind schon in der Win­ter­pause, während ich noch eine Web­sei­ten­über­set­zung kor­rek­tur­lese. In dieser Krise habe sich erwiesen, dass die Struktur der Firma XYZ allen Wett­ern stand­halte, steht da auf Deutsch, das Origi­nal war auf Eng­lisch, und zwar: In the con­text of the cur­rent health and eco­nomic crisis, we were able to prove that our com­pany is an all-weather organisation.  

In Berlin am Großen Stern
Wört­lich über­tra­gen be­deu­tet dieses all-weather: "unter allen Wit­te­rungs­be­din­gun­gen" oder "Ganz­jah­res-~". Die Wetter im Plural, die Lösung der Über­set­zerin, finde ich ein wenig ge­wöh­nungs­be­dürf­tig, das liest sich nicht wie für die breite Öf­fent­lich­keit bestimmt. Die Firma hält jedem Wetter stand ... nun ja, das wäre eine gute Pro­dukt­be­schrei­bung für einen Ter­ras­sen­tisch, hier geht es aber doch mehr um das "schwe­re Wet­ter", das wir alle zusam­men in letzter Zeit erlebt haben und noch erleben.

Das Wetter ge­nauer be­schrie­ben, bringt mich auf "sturm­er­probt". Gehe ich von der La­ge aus, komme ich auf "kri­sen­fest". Aber Sturm und Krise sind Begriffe, auf die später im Text noch ein­ge­gan­gen wird.

Ich lande bei ... "wet­ter­fest": "In der aktu­ellen Ge­sund­heits- und Wirt­schafts­kri­se konn­ten wir bewei­sen, dass unser Unter­neh­men wet­ter­fest ist." Das gefällt mir. Mal sehen, was die Kundin dazu sagt. 

EDIT: Sie nimmt ab, dann wird un­ter­ti­telt. Jah­res­end­grüße per Video, das scheint der Trend dieses Jahr zu sein.

"Wet­ter­fest" fiel mir neulich auch als Be­schrei­bung meines großen Nicht­chens ein. Sie ist 'ne toughe klei­ne Lady, mit der man schon klein­e Aben­teuer er­leben kann, auch wenn sie noch nicht ein­mal drei Lenze alt ist. Das ist schön und viel­ver­spre­chend, was die Zu­kunft angeht.

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Foto:
C.E.

Donnerstag, 16. Dezember 2021

COVIDiary (448)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten einer Sprachar­bei­te­rin. Wir Über­setzerin­nen, Über­set­zer, Dol­metscherinnen und Dolmetscher ar­beiten seit Beginn der Pan­demie we­ni­ger als zu­vor, al­ler­dings ist die Ar­beit for­dern­der als frü­her. Zum Aus­gleich ver­fol­ge ich ein ei­ge­nes Pro­jekt.

Maurice in Berlin
Darf ich vor­stellen? Das ist Maurice, ein klei­ner Ber­liner, der in sehr wech­sel­vol­len Jah­ren deut­sche Geschich­te er­lebt hat. Ich sage nur, dass das Foto aus dem Sommer 1933 stammt.

Ich en­twickle gerade eine Ber­li­ner Kin­der­ge­schichte, um kleinen Ber­linerinnen und Ber­linern die da­ma­lige Zeit begreifbar zu machen.

Dafür suche ich Be­richte über wilde Bu­ben­strei­che, die der junge Mann und seine Freun­de gemacht haben können.

Maurice mit fast drei Jahren
Ich spre­che natürlich von wilden (ana­lo­gen) Bu­ben­strei­chen, die auch aus der heu­tigen Zeit stam­men kön­nen, aber eben eins sein müssen: kom­plett ohne High tech.

Dies ist ein Aufruf! Wenn Sie/wenn Du schöne eigene Anek­do­ten auf Lager haben/hast, selbst er­lebt oder aus dem eigenen Um­feld, bin ich an einem Interview in­te­res­siert, vorausgesetzt, ich darf sie in einem Kin­der­buch brin­gen. Wie Sie mich er­reichen, steht rechts. Zum Dank gibt es für alle, deren Geschich­te Auf­nahme findet, zwei Exem­plare des Buchs.

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Bilder:
Privatarchiv

Mittwoch, 15. Dezember 2021

COVIDiary (446)

Was und wie Dol­metscher und Über­setzer arbeiten, können Sie hier ab und zu mit­le­sen. Mein di­gi­tales Arbeits­ta­ge­buch schrei­be ich seit 2007. Heute wieder: Blick auf den Schreib­tisch!

Blick auf den kleinen Sekretär
Was hier ansteht:
⊗ Behördentermin für einen Kunden machen
⊗ über­setzte Do­ku­mente einer Kun­din aus­hän­di­gen (die Ü und Be­glau­bi­gung hat eine Kol­legin gemacht)
⊗ leichte FFP3-Mas­ken für die an­ste­hen­de Reise des nächs­ten Mit­menschen suchen
⊗ Fort­set­zung meiner Re­cher­che nach Schlupf­rech­nungen
⊗ Buch­hal­tung des letzten Quartals
⊗ Er­gän­zung mei­ner Bau­stel­len­le­xik, die dann 2700 Wörter umfassen wird
⊗ Spa­zier­gang mit einem Freund
⊗ Rein­hö­ren in zwei on­line zu­gäng­li­che Kon­fe­ren­zen

Von außen betrachtet ist das ein normaler Ar­beits­tag. Würde ich mit den Augen von 2007 auf die Sa­che schauen, würde ich fragen: Wie­so be­glau­bigst Du selbst keine Über­set­zungen? (Antwort: Weil der Gesetz­ge­ber die Ho­no­rare für Do­ku­men­ten­über­set­zungen gesenkt hat.) Warum sind Rech­nungen durch­geschlupft? (Wegen Fa­mi­lien­ar­beit, die vorging.) Warum die On­line­kon­fe­ren­zen und wo wollt ihr einen Boden ab­schlei­fen? (FFP2-Mas­ken kannte ich damals maximal von der Bau­stelle.)

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Foto:
C.E. (Archiv)

Montag, 13. Dezember 2021

COVIDiary (445)

Wie wir Sprach­ar­bei­ter:in­nen ar­beiten, genauer Konferenz­dol­met­scher und Über­set­zer, beschreibe ich hier. Wir in­ter­na­tio­nal tä­ti­gen Simultandol­met­sche­rin­nen rei­sen nor­ma­ler­wei­se viel. Durch Co­ro­na ar­beiten wir indes immer öf­ter online.

Mit hoher TTpM-Rate
Auch das kann pas­sieren: Gestern stand Sonn­tags­ar­beit für einen deutsch-französisch-belgischen Kun­den auf dem Programm. Im De­zem­ber gibt es be­kannt­lich we­ni­ger Werk­ta­ge, und auf einer Bau­stel­le, hier wird eine Kran­ken­haus­kü­che neu­ge­baut, zählt jede Wo­che. Online-Dol­met­schen mit lan­gen, tech­nischen Rie­men strengt an. Wiederholt ver­ges­sen einige Teil­neh­men­de, Pausen zu ma­chen. Diese sind aber bei der­ar­ti­gen TTpM-Raten, Tech Terms per Minute, sehr wichtig.

Beispiel: "Die Rohre der Bo­den­ab­läufe ver­laufen zu­nächst senk­recht, dann wird das Abwas­ser mit einer 45-Grad-Ver­bin­dung ins Grund­lei­tungs­netz überführt, das mit leich­tem Ge­fäl­le auf den Fett­ab­scheider hin aus­ge­rich­tet ist. Zentral ist dabei die Be­rück­sich­ti­gung der Senk­tie­fe, wobei als Hö­hen­be­zug der Re­fe­renz­punkt Null, also Ober­kan­te Estrich, gilt. Hier eine Quer­schnitts­zeichn­ung, die das Prob­lem darstellt, das wir da­durch ha­ben, dass die Ver­bin­dungs­stücke zum Grund­netz zu hoch ver­baut wor­den sind, so dass wir eine an­dere, kür­ze­re Si­phon­mar­ke ver­bau­en müs­sen, die Rück­stau­klap­pe bleibt gleich."

Screenshot einer Videokonferenz

Es geht also um Ab­läufe. Es gibt eine Bau­ver­zö­ge­rung. Da­her be­kom­men ge­ra­de ei­ni­ge Leu­te ei­nen Ein­lauf. "Je­man­dem ei­nen Ein­lauf ver­pas­sen" = je­man­den ta­deln, zu­recht­wei­sen) — ré­pri­man­der, re­pren­dre quelqu'un.
Das Rohr­stück, das unter dem Boden­ab­lauf im Boden steckt, heißt üb­ri­gens at­tente au sol.  

Hier kenne ich keine knap­pe deut­sche Ent­spre­chung.
Also noch nicht.

Es ist ge­ra­de einmal zwei Jahre her, da war ich als Dol­met­sche­rin auf po­li­tische Ab­stim­mungs­pro­zes­se, wis­sen­schaf­t­liche Kon­fe­ren­zen, So­zia­lwis­sen­schaft, Kunst und Medien und ein wenig auf Re­no­vie­rung mit öko­lo­gi­schen Bau­stof­fen spe­zia­li­siert. Jetzt, 2700 Be­grif­fe später, fühle ich mich noch ein we­nig fremd in die­sem neuen Feld. Aber es klappt! Und es muss, denn von der Nach­frage der lie­ben an­ge­stammten Kun­d­schaft ist pan­de­mie­be­dingt nur noch zehn Pro­zent übrig.

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Illustrationen:
Team


Sonntag, 12. Dezember 2021

COVIDiary (444)

Was Dol­met­scher und Über­setzer umtreibt (hier: eine Dol­met­sche­rin­ und Über­set­ze­rin­), beschrei­be ich seit 2007 an dieser Stelle. Der Sonntag gehört den pri­va­ten Sonn­tags­fotos.

Winteridylle mit Blüten
Über dem Was­ser hängt am späten Vor­mittag noch der Früh­ne­bel, am Kanalufer blüht's, EDIT: ... und das ist auch gut so!
Die Sonne macht sich rar. Spät­herbst­wet­ter, kurz vor Winter­anfang: Die Pas­san­ten eilen mit ra­schen Schrit­ten nach Hause, selbst wenn ihnen eigent­lich nach Sonn­tags­spa­zier­gang sein könnte. Wenig spä­ter nieselt es dann.
Am Nach­mittag auf dem Spiel­platz: Auch da blüht es am drit­ten Ad­vent. (Und die Gärt­ner dort haben es ge­schafft, den Buchs vor dem Züns­ler zu retten!) Die Natur ist aus dem Takt ge­ra­ten. Dé­rè­gle­ment cli­ma­ti­que, wörtlich übertragen 'die Kli­ma­de­re­gu­lie­rung', klingt für mich eher wie das Aus-dem-Tritt-Ge­ra­ten des Kli­mas als der harm­lose, deut­sche Be­griff "Klima­wandel".

Auch hier: Falsche Jahreszeit
Ich habe hier oft von der Kli­ma­ka­tas­tro­phe ge­sprochen. Mir fällt auf, dass viele für die Um­welt En­ga­gier­te die­sen Be­griff nicht mehr ver­wen­den, da wir längst mit­ten­drin sind, die Cho­se ihr ka­tas­tro­pha­les Gesicht aber oft noch nicht oder nur räum­lich oder zeit­lich be­grenzt zeigt.

Auch die Blü­ten muten nicht wie eine Kat­as­trop­he an. Es ist schwer, Dinge der All­ge­mein­heit zu ver­mit­teln, für die eine min­des­tens grundständige wis­sen­schaft­liche Kennt­nis nötig ist.

À propos Ka­tas­tr­ophe: Die herr­schen­de Bil­dungs­ka­tas­tro­phe, vor der man­che seit Jahr­zehn­ten warnen, ich gehöre dazu, fällt auch erst unter be­stim­mten Um­stän­den der All­ge­mein­heit auf — wie jetzt.

Ergänzung meiner Kollegin Lai­la Neu­bert-Mader: "Du hast ein Gehölz fotografiert, das im Winter blüht. Es ist der Bodnant-Win­ter­schnee­ball (Vi­bur­num bod­nan­ten­se „Dawn“). Mein klu­ger Mann hat in der Schwei­zer Zeit­schrift „der gar­tenbau“ zu dem Thema „Win­ter­schön­heiten“ einen Artikel ver­öf­fent­licht und auch diesen Vi­bur­num im vor­letzten Satz er­wähnt. Es gibt ja auch den Win­ter­jasmin oder die Ha­ma­me­lis, die blühen, wenn an­de­re Pflan­zen noch schlafen.

Natür­lich ist der Klima­wandel deut­lich zu spüren und zu sehen. In der Groß­stadt noch mehr als in der Klein­stadt oder auf dem Land. Wann hast Du zum letzten Mal einen Dom­pfaff ge­se­hen? Als unsere Kinder klein waren und noch Schnee im Winter fiel, gab es sie mas­sen­wei­se im Vogel­häus­chen. Jetzt müs­sen sie nicht mehr in den Sü­den, um Nah­rung zu fin­den und blei­ben in Skan­di­navien."

Vielen Dank, liebe Laila, für diese be­rei­chern­de Er­gän­zung!

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Fotos: C.E.

Mittwoch, 8. Dezember 2021

COVIDiary (442)

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ein­blicke in das Le­ben einer Sprach­ar­bei­terin können Sie hier ­ erhalten. Ich bin Dol­met­scherin für die fran­zö­sische Sprache, und ich über­set­ze auch aus dem En­g­li­schen. In Ber­lin ist Schnee ge­fal­len, und er blieb lie­gen.

Dame im Schnee (1929)
Das eine Nichtchen erlebt kom­men­des Früh­jahr ihren drit­ten Lenz. Sie wohnt in Süd­deutsch­land. Ich weiß nicht, ob sie schon oft Schnee gesehen hat, außer in der Wun­der­ku­gel, in der ein Weih­nachts­mann durch kräf­ti­ges Schüt­teln hinter weißen Flöckchen zum Ver­schwin­den ge­bracht wer­den kann.

Ich erkläre ihr, was Schnee ist, welche Ei­gen­schaften er so hat. Und was ein Schnee­mann ist, weil er in einem Kinder­buch aus den 1980-er Jahren vorkommt, das ich vorlese.
Damals haben wir mit unseren Eltern noch alle in Süd­deutsch­land gelebt, und wer über 175 cm groß war, durfte Schnee­schip­­pen. 

Es war ein ungeliebter Job, morgens, vor dem Früh­stück, rasch den Gang auf dem Geh­weg zwischen den bald klein­kind­hohen Hügeln frei­machen, mit­tags wieder, er­neut am Abend. Heute würde ich manches dafür geben, wenn wir die Klima­de­re­gu­lie­rung nicht hätten.

Später, wie die Tante in Ge­dan­ken ver­­lo­ren, sagt die Nichte: "Dann regenet es bald mit Kris­tal­len." Ja, so ähn­lich! (... in­hal­tlich, meine ich. Ihre Sprach­lern­qua­li­tä­ten be­geis­tern mich.) Sie schiebt sich den Begriff "Kristall" im Mund hin und her, als wäre es Schokolade, schmeckt und lauscht ihm hin­ter­her. Das Wort scheint ihr zu gefallen.

Es war nicht einfach für mich, eine so un­be­kannte Sache zu erklären, und es ka­men gleich drei, vier neue Un­be­kannte mit hinein. Kris­tal­le­kris­tal­le­kris­tal­le. Ganz frei von an­de­ren As­so­zia­tio­nen und oft genug wie­der­holt, fühlt sich der Klang wie frisch­ge­schrubbt und neu und sogar bar jeder Bedeutung an. Hier jetzt noch schnell ein Foto für die Nichte aus dem Archiv geholt aus der Zeit, bevor der Be­griff (als Wort­be­stand­teil) ei­nen bit­te­ren Bei­ge­schmack be­kam.

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Foto:
Privatarchiv

Freitag, 3. Dezember 2021

COVIDiary (438)

Herz­lich will­kom­men! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir ar­beiten, ist an dieser Stelle seit 2007 re­gel­mä­ßig Thema. Der­zeit ändert sich sehr viel sehr schnell. Die erhobene Hand könnte auch ein Zeichen im Wandel sein.

Gesehen u.a. in Heidelberg
Als ich dieser Tage ambu­lant zur Nach­kon­trol­le meiner bre­to­ni­schen Co­ro­na­vi­rus­va­rian­te war (nach­dem ich schon Ja­nuar 2020 erste ei­gene Anti­kör­per her­stel­len musste), mein­te der Kranken­haus­arzt zu mir: "Diese Jahre werden auch als Jahre der rauen Hände ins Bewusst­sein der Menschen ein­ge­hen!" 
Nicht ein Hände­druck war An­lass zu dieser Äuße­rung, Pföt­chen­geben ist ab­ge­schafft. Ich muss irgendwo ein Des­in­fek­tions­mit­tel erwischt haben, das mir nicht bekommen ist. Die Haut meiner Hän­de ist seither sehr ris­sig, pellt sich, es fühlt sich an, als würde ich gerade Woll­hand­schuhe tragen, die in exakt diesem Augen­blick ins Koch­programm einer Wasch­ma­schine geraten sind. Das ir­ri­tiert sehr, er­schwert die Kon­zen­tra­tion. 

An­sons­ten hat sich meine Long-Covid-Allergie auf dem Rücken nach einer er­neu­ten Impfung gebessert. Wie paradox!

Und dann wieder die Erin­ne­rung an den Ampel­quatsch man­cher­orts. Zwei Jahre geht die Pan­demie fast schon, und in zwei Jahren haben es die In­ge­nieur:in­nen nicht ge­schafft, die "Licht­zei­chen­sig­nal­an­lage" so umzurüsten, dass sie auch mit einem Stöckchen, der Re­gen­schirm­spitze oder durch die Man­tel­ta­sche hindurch betätigt werden kann. Nein, hier muss mit einer mensch­li­chen Hand Druck ge­macht werden, oder aber die Ampel reagiert nicht.

Sehr oft symbo­lisiert die erhobene Hand al­ler­dings: "Stopp! So nicht weiter!" Das würde ich hier auch ger­ne sagen. Am­peln scheinen heut­zutage ein Prob­lem zu sein, dabei brau­chen wir dort und an an­derer Stelle so dringend schnell Lösungen.

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Foto:
C.E.