Bonjour und guten Tag! Hier bloggt eine Dolmetscherin. Was
Konferenzdolmetscher und Übersetzer machen, und natürlich auch
wir Frauen im Beruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre regelmäßig Gegenstand in Form von kleinen Episoden aus dem Alltag. Derzeit ist alles im Umbruch.
Erbgestühl (derzeit in der Werkstatt) |
Einige Jahre lang gab es im hinteren Zimmer eine stille Mitbewohnerin, Claire, die ihre Sachen für sechs Monate bei mir eingelagert hatte und anschließend ihren Hausstand reduzieren wollte. Bei einem Stipendium, ein Austauschprogramm für Berufstätige, lernte sie am letzten Tag, genauer: bei ihrem "Ausstand" in einem Bürogebäude mit vielen Auslandskorrespondenten, ihren Liebsten kennen. Sie lebt inzwischen mit ihm und drei Kindern in Washington.
Ihre Schwester Laurence kam anschließend regelmäßig vorbei. Sie hat den Raum wie ein Hotelzimner genutzt. (Bett, Stuhl, Tisch, Ablage waren aufgebaut und funktionstüchtig.) Wichtige Dinge aus dem Besitz ihrer Schwester hat sie dabei peu à peu mitgenommen. Mit ihr wollten wir 2020 die letzten Sachen aussortieren. Dann kam Corona. "Die letzten Sachen" ist noch eine ganze Menge. Es ist hohe Zeit, dass aus dieser Bude wieder ein gemütliches Zimmer wird.
Stehlampe (musste gehen) |
Die Wohnung neben meiner stand länger leer, da wird bald Mary mit ihrer Tochter Emily einziehen, zwei Bereits-schon-Nachbarinnen, die bislang Sabines Wohnung im Hinterhaus bewohnt haben, die ihrerseits nach vier Jahren aus der Schweiz zurückkehrt.
Für die Grafikerin Mary, die aus Australien stammt, war es wichtig, im Kiez zu bleiben, denn sie kümmert sich in gemeinsamer Elternschaft mit Emilys Vater Tom um das Kind. Er wohnt auch in der Gegend.
Echte Neuankömmlinge werden John und Barbara sein. Sie sollen am "Boxing day" herkommen, das ist der 2. Weihnachtstag. Die beiden Übersetzerkollegen fliehen vor dem Brexit und der schlechten medizinischen Versorgung in London.
Claire grüßt aus Washington und schreibt: "Verschenke, was Du nicht brauchen kannst." Mary, die künftige Wohnungsnachbarin, ist seit vielen Jahren in Deutschland. Sie hat immer möbliert gewohnt. Soviel zum Tetris. Was meine Aussie-Ladies (die Australierinnen) von Claires Sachen fürs Erste oder dauerhaft gebrauchen können, wird schlappe 30 Meter weiterziehen. Mich freut das sehr, es ist so praktisch!
Das waren jetzt viele Namen! Wer das gelesen hat, darf jetzt ohne im Text zurückzuspringen aus der Erinnnerung auf die Frage antworten: Wie hieß mein Vater mit Vornamen? Die Auflösung kommt am Ende.
Das Prinzip des Erhaltens und Ziehenlassens ist wie das Wachsen und Vergehen im Jahreslauf ein Grundprinzip des Lebens. Ich bin die Älteste einer kinderreichen Familie, mich tröstet dieses Setting. Wer heute ganz allein lebt, hat es schwerer als andere, ebenso Menschen, die in konfliktreichen Beziehungen zu jenen stehen, mit denen sie Raum und Zeit teilen. Für meine Zeitgenossen bin ich dankbar. Unser Möbeltetris in Zeiten der Pandemie ist auch eine Chiffre für die Sterblichkeit der Menschen. Die Gegenstände überleben uns alle. Sie gehören uns nicht, wir gehören vielleicht ihnen ... et encore ... nicht einmal das ist sicher.
Und den Namen meines Vaters hatte ich oben gerade gar nicht genannt. Im Familienkreis nannten wir ihn in der Kurzform für Heinrich: Heiner.
Klappsekretär (musste gehen) |
Weitere Quellen für Gebrauchtmöbel: BSR-Tausch- und Verschenkmarkt. Eher trashig ist der Hallentrödel in der Arena, in der sich manchmal aber auch gute Schnäppchen machen lassen.
______________________________
Fotos: C.E.
Die meisten Namen habe ich geändert.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen