Mittwoch, 11. November 2020

COVIDiary (197)

Bon­jour, gu­ten Tag & hel­lo auf den Sei­ten des ers­ten deut­schen Dol­met­scher­blogs aus dem Inneren der Dol­metscherkabine, allerdings derzeit aus dem eigenen Büro.

November: Monat mit viel elektrisch Licht

Manchmal verschlägt mir der­zeit die grassierende Dumm­heit in der Welt die Spra­che, und das will was heißen bei einer Dolmetscherin. Auch strengt an, dass immer wie­der Menschen Regeln er­fin­den, ohne Rück­spra­che mit den Betroffenen zu nehmen.

Derzeit habe ich zwar Licht auf dem Tisch, al­ler­dings keine Geis­tes­blitze. Tröstlich: Die Dankbarkeit für das Schöne. 

Ich bin dankbar für Arrangements wie dem hier, freue mich über die sexiness of the mix von Dingen, die unsereiner bei der Spracharbeit mal hier, mal dort ein­sam­melt. Da landen dann Farbpigmente aus der Wüste Sahara im kind­ge­töp­fer­ten Schälchen aus Berlin, die Schere in Eiffelturmform aus Ostfrankreich im Stiftköcher aus Kanada (dessen Punkte die gleiche Farbe haben wie die Schale), der Kopf (ursprünglich aus England) neben dem Tacker aus der DDR in der Nach­wen­de­zeit, wobei: Der Tacker erweist sich bei näherem Hinsehen "made in Germany". Ein besonderes Westprodukt ist das Lineal.

Statt als Dolmetscherin mit Delegationen durch die Gegend zu ziehen, reise ich weiterhin durch meine Wohnung. Vieles ist/wird/bleibt abgesagt.

Vier historische Events in einem Bild
Vieles ist/wird/bleibt abgesagt. Das schmerzt. Es kann sein, dass ich nicht einmal die Novemberhilfe bekomme. Die Regierung hat sich schon schwer da­für feiern lassen, dass sie endlich auch den Solo-Selbständigen helfen möchte. Es scheinen indes wohl nur Firmen ge­meint, die aktuell schlie­ßen mussten — sowie deren Zu­lie­fe­rer.
Ich arbeite ja für viele, die offiziell gar nicht geschlossen sind, re­gie­rungs­amt­li­che Stellen, Einrichtungen des di­plo­ma­ti­schen und wis­sen­schaft­li­chen Lebens. Da kann ich überhaupt nicht nach­wei­sen, dass meine Un­ter­be­schäf­ti­gung zu 80 Prozent auf "Schließungen" zurück­zu­füh­ren ist. Und ja, die Durch­füh­rungs­be­auf­trag­ten neh­men die Re­ge­lun­gen re­gel­mä­ßig wörtlich.

Wenn dann noch Politiker von "Lockdown light" sprechen und die Schließungen mit den Worten anpreisen, man solle doch die "Entschleunigung" bitteschön genießen, als würden sie 14 Tage Gratisaufenhalt in einem Kurhotel anpreisen, dann em­pfin­de ich das nach längerem Nachdenken freundlich gesprochen bestenfalls als Hohn. Für alles weitere fehlen mir die Worte.

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Fotos: C.E.

2 Kommentare:

Vega hat gesagt…

Liebe Caro,

was Du schreibst, lese ich ungern. Paul hat gesagt:" Die stellen das Geld ins Schaufenster, sodass alle denken, die Sache läuft, aber am Ende läuft es eben doch nicht und die Mittel stehen hinter Panzerglas."

Vor allem denken alle Eltern, Angehörigen, Zuschauerinnen und Zuschauer: "Ist ja für alle gesorg!", dabei stimmt es nicht.
Kommst Du klar?

Hugs,
Bine

caro_berlin hat gesagt…

Liebe Bine,

ja, stimmt, dass der Eindruck entsteht, uns werde geholfen. Ich finde das auch krass. Immerhin habe ich im März Soforthilfe bekommen.

Und ja, es ist knapp, aber irgendwie kommt's hin.

Haltet die Ohren steif!
Hugs,
C