Montag, 4. November 2019

Oma Eierschecke

Willkommen beim Blog einer Spracharbeiterin. Ich verdiene meine |Brötchen| Croissants mit Übersetzen und Dolmetschen für Menschen aus der Politik-, Kultur- und Modewelt, Industrie und Handwerk. Hier schreibe ich über meinen Alltag und die Sprache(n).

Windrad, Froschperspektive
Irgendwo in Hessen
Wir sind mitten im Westen, irgendwo im Hessischen, am Fuße einer Wind­kraft­an­la­ge, erst draußen, dann drinnen. Wir, das sind zum einen unsere Gäste aus Tu­ne­sien, die im Bereich Er­neu­er­bare Ener­gien ar­bei­ten, zum anderen ein Be­gleit­team. Die Dele­gation sieht sich auf höchste Einla­dung in Deutschland um.

Wir bekommen erst die Windräder erklärt, dann geht es um Sicher­heits­belange. "Wie wird der Alarm losgelöst?", fragt einer der Gäste. Jetzt folgen Details, die hier nicht relevant sind. Der Gast­geber berichtet und schließt mit den Worten: „Ja, und dann geht bei Löschmeister Was­serhose der Alarm los!“

Das ist eine Anspielung an das Buch "Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt" von Hannes Hüttner (1969). Die (West)-Dolmetscherin mit partieller Ostvergangenheit, also ich, darauf schlagfertig, bevor es kon­se­kutiv ins Franzö­sische geht: „Und bei Oma Eier­schecke wird schon wieder der Kaffee kalt!“ Augen­zwinkern. Stummes Ein­ver­ständnis.

Als Ost-West-Kinder, meine Geschwister und ich sind in den 60ern und 70ern ge­bo­ren, hatten wir fast nur Ost-Kinder­bücher zu Hause, denn der Mindest­um­tausch von den langen Fe­rien­wo­chen in Sachsen musste ja gut an­ge­legt werden. Darun­ter auch ein dickes Vor­lese­buch mit Geschich­ten für den Kinder­garten. Darin stand auch die Ge­sch­ichte von der Feuer­wehr­station. Unser Vater hat uns jeden Abend eine bis zwei Stunden lang vorgelesen, was übrigens DER Tipp für alle Eltern ist.

Dass ich eigentlich im Westen auf­ge­wachsen bin, also außerhalb der Ferien­zeiten, die ich in der DDR oder in Frank­reich war, dane­ben war ich nur ein einziges Mal in Österreich, mehr Ferien­des­ti­na­tionen gab es in unserer Kindheit nicht, habe ich unserem Gastgeber gegenüber beim Heimweg durch den Wald noch aufgelöst. Aber so viele Heimatgefühle in­mit­ten einer tu­nesisch-fran­zö­sisch­spra­chigen Gruppe war schon schräg!

Und heute lese ich diese Ge­schich­ten natürlich selbst vor, wenn sich die Ge­le­gen­heit dazu ergibt.

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Foto: C.E.

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