Freitag, 26. Juli 2019

Vermischtes

Bon­jour, gu­ten Tag! Was uns Sprach­ar­bei­ter so um­treibt, also uns Dol­met­scher und Über­setzer, ist seit mehr als zwölf Jah­ren Ge­gen­stand die­ses Blogs. Ich ar­bei­te mit den Sprachen Französisch und Englisch. Im Frühjahr auf Herbst sind wir meistens auf Kon­fe­ren­zen anzutreffen. Der Som­mer ist anders.

In der Sommerzeit bin ich als Dolmetscherin stand by, weil die Kolleginnen mit ih­ren Schulkindern verreist sind. (Ich urlaube gerne außerhalb der Reisesaison.) Was mich dieser Tage beschäftigt, stünde in jeder besseren Zeitung ganz klassisch auf der Seite "Vermischtes": Eine Nachbarschaftsstreitigkeit mit Messer, ein Schul­kan­ti­nen­neubau, Unterschiede in den Unternehmenskulturen diverser Länder sowie verunreinigte Strände.

Freunde von uns sind ge­ra­de aus Frankreich nach Deutschland zurückgekehrt. Sie hatten sich dort mit anderen zusammen für mehrere Wochen ein Ferien­haus ge­mie­tet. Nein, keine Ortsnamen, irgendwo am Atlantik.

Am zweiten Tag hat sich der Familienvater eine Scherbe eingetreten. Die Fahrt zum Arzt: an die 30 Kilometer. Der Arzt im Ort war ausgefallen und die Praxen in der Nähe nur jeweils zwei Mal die Woche einen oder zwei Nachmittage lang be­setzt. Ja, die Gesundheitsversorgung mag nicht überall auf dem Land gegeben sein, aber wir sprechen von einer durchaus auch bei Urlau­bern beliebten Gegend am Meer. Sie fuhren also dort regelmäßig hin zur Wund­ver­sorgung.

Warnschild: Vaisière dangereuse / gefährliches Watt
Gefährliches Watt
Die Fami­lie hatte von einem Ba­de­­urlaub geträumt, wie ihn die Mutter der Familie vor 40 Jahren erlebt hat. Damals wa­ren schon die ersten Pro­ble­me er­kenn­bar, ha­be ich später on­line nach­gelesen.
Die­ses Jahr waren dort viele Strände an der Küste geschlossen. Grund: Schwer­wie­gen­de Um­weltprobleme. Die Ein­wohner sprechen von der tödlichen Grünalge, die bei ihrer Zer­setzung Schwe­fel­was­ser­stoff freisetzt. Sie wächst und gedeiht im Meer, die Hitze erhöht ihr Aufkom­men ebenso wie Ab­wässer der industriellen Tierzucht und einer Klär­analage, die nicht ganz vor­schrifts­mä­ßig läuft. Größere Mengen von Darm­bakterien waren im Watten­meer nachgewiesen worden.

Seit Jahren kommen immer wieder Hiobs­bot­schaften aus der Gegend: Ein Mensch starb im Watt, ein Pferd und zwei Hunde. Der Touris­mus ist an­ge­schlagen, Ferien­im­mobilien stehen leer, die Kauf­prei­se der Häu­ser sinken, die Zi­vil­ge­sell­schaft wacht lang­sam auf. Mit der marée verte, der grü­nen Flut, zahlen die Küs­ten­be­woh­ner für das jahr­zehn­te­lan­ge Laissez faire der Regierung einen hohen Preis.

Auf der Rückfahrt hatten sie noch versucht, woanders unterzu­kommen. Ich durfte begleitend zu dem Gan­zen einige Tele­fonate führen. Aber alles, was die Familie interes­siert hätte, ist ausge­bucht. So ist sie jetzt in Berlin, die Kinder sind heute im Museum für Verkehr und Tech­nik und morgen geht es an den Liepnitzsee, einem der saubersten Seen Bran­denburgs. Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Brü­der­lein ...

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Illustration: Netzfund

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