"Fresse!" habe ich gesagt — zu mir selbst. Eine so direkte Ansprache ist sonst nicht meine Art. Dolmetscher sind ohnehin eher zwei Spuren höflicher als andere Zeitgenossen. Diesmal aber war alles anders.
Neulich habe ich ins Englische und aus dem Englischen gedolmetscht. Das war sehr interessant und eher lustig. Nur tief in mir drin gab es eine Stimme, die fand das irgendwie überhaupt nicht gut.
Dazu muss ich erwähnen, dass wir Dolmetscher Sprachen alphabetisch sortieren. "A" steht für die Muttersprache (Deutsch), "B" für die Hauptarbeitssprache (Ziel- und Ausgangssprache, bei mir Französisch) und "C" ist die sogenannte passive Sprache, die Ausgangssprache, in meinem Falle Englisch. Hier habe ich Fragen ins Englische gedolmetscht und die Antworten zurück ins Deutsche.
Da vorne bin ich irgendwo :-) |
Die Zeit, die es braucht, um anderthalb Antworten zu dolmetschen, war ich verunsichert.
Das Ganze geschah mitten auf der Bühne des 29. Filmkunstfests Schwerin. Aber ich habe mich schnell wieder gefangen. Ich liebe es, in echten Arbeitssituationen die C-Sprache trainieren zu dürfen. Dieses Trainingsmoment war eher diskret; für das Publikum habe ich die meiste Zeit ins Deutsche gedolmetscht. Dieses Jahr war Irland das Gastland. Es gab viel Besuch. Es hat sich angefühlt, als wären sie alle nur für mich von der grünen Insel angereist. So schön! Ich liebe meinen Beruf. Trotz solcher inneren Dialoge.
[Und ja, auch mit Jahrzehnten Berufspraxis auf dem Buckel, das Wort darf inzwischen ins Plural, kennen wir gelegentlich noch Lampenfieber, Selbstzweifel und Stressgedanken, die die Routine torpedieren. Adrenalin hilft uns, so hochgradig und dauerhaft aufmerksam zu sein, wie wir es müssen. Außerdem ähnelt ja auch die Art unseres Arbeitens immer wieder Prüfungssituationen früherer Zeiten.]
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Foto: Stefan Koeck
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