Montag, 12. Februar 2018

Eben mal kurz

Bienvenue auf den Seiten einer Sprachar­bei­te­rin. Wie Übersetzerinnen, Über­set­zer, Dolmetscherinnen und Dolmetscher arbeiten, können Sie hier mitlesen. Meine Arbeitssprachen sind (neben Deutsch) Französisch und Englisch (das Idiom Shakes­peares meistens als Ausgangssprache). 

Ob ich eben mal kurz in das Urteil ihres Sohnes reinschauen könne, fragt mich eine französischsprachige Kundin, die mich beim Verlassen des Hauses anspricht. Sie sei gerade auf dem Weg in mein "Büro", sagt sie, dabei ist das nur ein in der Woh­nung liegendes, großes Arbeitszimmer ohne Publikumsverkehr.

Ich blättere es kurz durch und sehe: 24 Seiten, Urteile in erster und zweiter Ins­tanz, es geht jetzt mindestens noch um offene Schadensersatzansprüche, die bis­lang aus­ge­klam­mert scheinen ... und um eine juristische Frage. Ich erkläre, dass ich weder befähigt noch ermächtigt bin, mich zu juristischen Fragen zu äu­ßern. Die Dame in­sis­tiert, streicht diese Frage, bittet um Entschuldigung, sie hätte nur ein, zwei konkrete Fragen zum Text.

Da ich zu einem anderen Einsatz muss, schlage ich ihr vor, dass er mir eine Fo­to­ko­pie des Dokuments in den Briefkasten wirft, wir könnten dann am Folgetag te­le­fo­nie­ren. Gesagt, getan. Ich schätze die Vorbereitungsarbeit auf einige Stunden, um überhaupt durchzusteigen. Auf der anderen Seite der Leitung beredtes Schweigen. Das sei dann doch etwas überraschend mit dem Preis, höre ich nach diesem Sen­de­loch, es müsse doch auch nicht so gründlich sein: "Könnten Sie nicht doch bitte mal eben ...?!"

Nein, es gibt Berufe, in denen gibt es kein "mal eben". Stellen Sie sich die Chi­rur­gin am OP-Tisch vor oder den Anwalt, der eine gute Verteidi­gungs­stra­te­gie ent­wickeln soll — stellen Sie denen auch diese Frage?

Ich glaube, die Außenwelt sieht meine Arbeit oft genug so:
Hier fällt mir das Zwei-Euro-Stück mit Helmut Schmidt drauf ein, auf dem die Mentholzigarette fehlt
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Foto: Eigenes Archiv

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