Ob ich eben mal kurz in das Urteil ihres Sohnes reinschauen könne, fragt mich eine französischsprachige Kundin, die mich beim Verlassen des Hauses anspricht. Sie sei gerade auf dem Weg in mein "Büro", sagt sie, dabei ist das nur ein in der Wohnung liegendes, großes Arbeitszimmer ohne Publikumsverkehr.
Ich blättere es kurz durch und sehe: 24 Seiten, Urteile in erster und zweiter Instanz, es geht jetzt mindestens noch um offene Schadensersatzansprüche, die bislang ausgeklammert scheinen ... und um eine juristische Frage. Ich erkläre, dass ich weder befähigt noch ermächtigt bin, mich zu juristischen Fragen zu äußern. Die Dame insistiert, streicht diese Frage, bittet um Entschuldigung, sie hätte nur ein, zwei konkrete Fragen zum Text.
Da ich zu einem anderen Einsatz muss, schlage ich ihr vor, dass er mir eine Fotokopie des Dokuments in den Briefkasten wirft, wir könnten dann am Folgetag telefonieren. Gesagt, getan. Ich schätze die Vorbereitungsarbeit auf einige Stunden, um überhaupt durchzusteigen. Auf der anderen Seite der Leitung beredtes Schweigen. Das sei dann doch etwas überraschend mit dem Preis, höre ich nach diesem Sendeloch, es müsse doch auch nicht so gründlich sein: "Könnten Sie nicht doch bitte mal eben ...?!"
Nein, es gibt Berufe, in denen gibt es kein "mal eben". Stellen Sie sich die Chirurgin am OP-Tisch vor oder den Anwalt, der eine gute Verteidigungsstrategie entwickeln soll — stellen Sie denen auch diese Frage?
Ich glaube, die Außenwelt sieht meine Arbeit oft genug so:
Hier fällt mir das Zwei-Euro-Stück mit Helmut Schmidt drauf ein, auf dem die Mentholzigarette fehlt |
Foto: Eigenes Archiv
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