Blick über den Küchentisch in der Nacht |
Der Kompressor des neuen Kühlschranks klingt so, als würde eine Maus einen Frosch verdauen, es quietscht und quakt leise. In der Berlinale-WG sitzen zwei akustisch Hochsensible, schauen sich an und prusten los. (Zumal die anderen, die nicht mit Tönen und Worten zu tun haben, in den letzten Tagen wiederholt bekundet haben, nichts Auffälliges zu vernehmen.)
Unsere Generation ist nicht mit Smartphones und Dauerbeschallung via Kopfhörer aufgewachsen; von uns hören nur jene schlecht, die laute Musik gemacht oder konsumiert haben. Die Jüngeren aber haben in der Regel schon früh deutliche Hörschäden. Das führt nicht nur zu Kommunikationsproblemen, wir hatten schon Leute vor der Dolmetscherkabine stehen, denen die einstellbare Maximallautstärke der Empfangsgeräte nicht gereicht hat, sondern auch zu erhöhten Gesundheitskosten. Damit geht es die Allgemeinheit an. Fachleute warnen seit Jahren. Und es passiert ... nichts.
Unsere Politik braucht dringend weitere Vorsorgeprinzipien, denn im Alltag von Mehrheitengewinnung und Machterhalt geht zu viel verloren. Diese sollten die Gesundheit von Mensch und Umwelt im Auge haben. Ein Verfassungsparagraf, der Mutter Natur eigenständige Rechte zuweist, eine Kommission, die dieses überwacht, Gerichte, die schädigende Erfindungen und Verfahrensweisen aus dem Verkehr ziehen, das wär's. Es ist nur eine Frage der Zeit, und wir bekommen das. Und alle, die jetzt augenrollend "Bevormundung!" schreien, werden nach einiger Zeit mit diesen Regelungen diese loben.
So weise sind wir in der Berlinale-WG, wenn wir morgens zwischen halb eins und halb drei die Welt neu erfinden.
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Foto: C.E.
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