Aus Metall mit Stab daran |
Ein asiatischer Blumenhändler hat mir den Vogel überreicht.
Er hat mein Fotografieren beobachtet. Ansonsten war der Bahnsteig leer. Ich habe den alten Mann unbemerkt und schnell fotografiert, die Knipse immer gleich wieder im Ärmel verschwinden lassen und mich langsam weggedreht, weil ich dem Betreffenden nicht auch die Würde nehmen möchte, wie es in Deutschland die Armutsverwaltung tagtäglich macht. Deshalb habe ich am Ende die Bilder nie veröffentlicht, auf denen der Mann übrigens maximal an Mantel, Schal und Ort zu erkennen ist.
Er war eine elegante Erscheinung, den Bewegungen nach ein Herr. Er ging seelenruhig zur Sache und würdigte nichts und niemanden eines Blickes. Dann betrat er die Rolltreppe, die zum Gleis auf der Brücke führt. Sie liegt ebenfalls in der Sichtachse des Blumenladens. Ich gemächlich hinterher, möglicher Fotos wegen; mein Zug kam noch lange nicht, Berliner S-Bahn halt. Als der alte Mann etwa auf der Hälfte der Rolltreppe war, fing er an zu schwanken, erst leicht, dann stark. Ich hatte gerade noch Zeit, hochzurennen und ihn aufzufangen, stemmte mich mit aller Wucht gegen ihn in Sorge, mitgerissen zu werden. Da spürte ich im Rücken, wie der Blumenhändler vom unteren Gleis mit anpackte.
Darauf folgte der Klassiker: Stabile Seitenlage, Foliendecke, Krankenwagen, Angabe der Personalien. Der asiatische Blumenhändler hat uns in der Zwischenzeit mit heißem Tee versorgt. Und mir zum Abschied den Vogel geschenkt.
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Illustration: C.E.
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