Im Festivalpalast |
Heute ist der Montag vor Berlinalestart als erster Planungstag offenbar die Regel. Und die gleichen fünf bis zehn Prozent, die früher die Ausreißer waren, sind heute die länger vorab geplanten Termine.
Das Internet scheint viele in der trügerischen Annahme zu wiegen, dass jederzeit jemand zu finden ist ...
Einschub: Noch ein Aspekt, denn Qualitätsunterschiede scheinen als Kriterium bei der Buchung nicht mehr im Vordergrund zu stehen, vermutlich, weil die Presseberichterstattung insgesamt an Bedeutung verloren hat. Auch das hängt mit dem Netz zusammen: Die Internetwirtschaft hat viel Geld aus den Printmedien abgezogen, infolgedessen wurde auch der Filmberichterstattung weniger Platz eingeräumt und ihre Bezahlung nicht mehr an den Kaufkraftverlust angepasst. Weniger Kritikerpersönlichkeiten, auf deren Meinung über den Film die Leser einst gewartet haben, konnten sich äußern bzw. neue Stimmen herausbilden. Einschubende.
So eine Last Minute-Buchung hindert mich als Profi alter Prägung schlimmstenfalls daran, von den Regisseuren, für die ich arbeite, noch andere Filme zu sehen, sofern ich sie noch nicht kenne. Vorbereitung ist wichtig. Früher, als Filme des Wettbewerbs noch simultan verdolmetscht wurden, waren viel mehr Sprachprofis akkreditiert. Mit diesen Mitarbeiterausweisen kamen wir überall rein. Es war normal, dass wir als Dolmetscherinnen und Dolmetscher uns neben den Einsätzen weiterbilden, die Regisseurinnen/-eure und anderen Talente beobachten. Mag er oder sie auch dieses Jahr nicht relevant sein, nächstes Jahr kann's anders sein.
Grundsätzlich muss ich einen Fim gesehen haben, bevor ich ein Gespräch dazu dolmetsche, sonst sage ich ab. Heute bekomme ich leider nicht mehr nur von Platzanweisern Sätze zu hören wie: "Sie müssen den Film nicht kennen, Sie müssen ja nur die Wörter dolmetschen."
Im Weißen Haus sitzt ein kulturferner ("Ich hasse Bücher"), verhaltensauffälliger Opa, der vom Politgeschäft keinen blassen Schimmer hat. Er ist die Spitze des Eisbergs. Wieso sind Bildungsverachtung und mangelnder Professionalismus eigentlich gerade so groß in Mode? Ist es eine irrationale Anbiederung an die Bildungsfernen, vor denen zugleich die Angst immer mehr wächst?
Liegt es daran, dass viele Kulturverwalter insgeheim davon träumen, selbst Kulturschaffende zu sein, sich das aber nicht zugetraut haben und nun von untergründig wirksamen Rachegefühlen bewegt sind? Und warum wirkt sich das erst jetzt aus? Vielleicht sind diese Menschen früher viel eher von den normalen Wirtschaftsbetrieben aufgesogen worden. Ganz sicher gibt es jetzt in Zeiten, in denen nur noch wenige Industriearbeitsplätze in Deutschland übriggeblieben sind, viel mehr dieser Kulturverwalter.
Menge und Hintergrund dieser Entscheider sagt nichts über ihre Richtung aus.
Die Frage ist alles andere als rhetorisch gemeint. Ich verstehe das wirklich nicht.
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Foto: C.E.
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