Blick zurück und nach vorn |
Der Andrang an den Kassen war groß, entsprechende TV-Bilder flimmerten in alle Haushalte. Oft saß aber nicht nur ich in halbleeren oder deutlich spärlicher gefüllten Sälen. Derzeit ist es in vielen Kreisen noch Mode, zum internationalen Filmfestival in Berlin zu gehen, und das bezieht sich vor allem auf den Wettbewerb und exklusive Veranstaltungen wie das "Kulinarische Kino". Wer Erfolg hat, sollte sich immer kritisch überlegen, wie es dazu kommt und womit er oder sie sich möglicherweise gerade selbst ein Bein stellt. Denn dass Moden kommen, Moden gehen, weiß jedes Kind.
Neben der Filmauswahl (Vorgehen, Kriterien, Wahl der Sektion) wären wesentliche kuratorische Entscheidungen der Präsentation zu überdenken. Ich spreche von Deutsch als Bühnensprache bei den Publikumsgesprächen (auf Neudeutsch QnA). Derzeit wird dort überwiegend Englisch gesprochen, das aber sehr häufig eher Globish ist. Der internationale Charakter könnte durch Dolmetschkabinen für die englische Sprache in den Kinosälen gewahrt werden. Dann wäre die Zusammenarbeit mit einem Technikanbieter passend, der auf leichte Empfänger setzt sowie auf die Nutzung des eigenen Mobiltelefons als Empfangsgerät (via App). In-Ear-Kopfhörer können gegen eine kleine Gebühr abgegeben werden.
Dolmetscher, die im Rahmen der Berlinale arbeiten, müssten nach objektiven Kriterien von unabhängigen Personen ausgewählt werden. Die Bezahlung schwankt derzeit von Sektion zu Sektion, das hat historische Gründe. Das Ergebnis ist ungerecht, eine Besserbezahlung sollte ebenso selbstverständlich sein wie die Akkreditierung auch von im Hintergrund (z.B. bei Presseinterviews) tätigen Kolleginnen und Kollegen.
Es gibt noch mehr Bereiche, die zu verbessern wären: Die Bezahlung der anderen Kolleginnen und Kollegen bis hin zu den 450-Euro-Job-Praktikanten in der Saalbetreuung, die vor einigen Jahren die Aufgaben der einst besser honorierten Volontäre übernommen haben. Das Entgelt für Moderation, in einer mir bekannten Sektion seit mehr als 15 Jahren unverändert, war schon zu Beginn der Nuller Jahre eher gering; heute ist es ein Fünftel weniger.
In Zeiten von Deindustrialisierung und Digitalisierung ist Mikrohalten beim Festival das, was der gewöhnliche Bergknecht unter den Montanberufen war. In Sachen berufsständischer Organisation sind die Festivalarbeiter im späten 19. Jahrhundert, sie beginnen gerade, sich zu zusammenzutun. Hier folgt der Link zu "Klein Glamour hinter den Kulissen."
Vor allem braucht es auf vielen Entscheiderposten wieder Menschen, die "Zelluloid im Blut" haben, und ja, ich weiß, dass heute meistens digital gedreht wird, way of speaking. Ich meine Menschen mit echter Film- und Festivalliebe. Derzeit hat bei meinem großen Lieblingsfestival jedenfalls die andere Fraktion die Oberhand. Das Filmfestival braucht dabei weniger Marketinggedöns und Personenkult, dafür mehr Fachkenntnisse bzw. street credibility.
Zuschauer und Kinobetreiber bezahlen die Sause |
Die Sache war ein Selbstzitat, wie später aus dem Fachblatt epd Film hervorging.
Damit hat er sich jetzt nicht nur die Spracharbeiter zu ziemlich allerbesten Freunden gemacht, sondern auch sämtliche Kinobetreiber und Verleiher. Eine grundsätzliche Menschenphobie scheint es bei ihm nicht zu sein. Der oberste Chef, der erst Redenschreiber, dann Filmförderer war, schreitet jede Berlinale regelmäßig über den roten Teppich und ist allabendlich Gastgeber bei eleganten Seated dinners, die zum Beispiel der Berlinale Dining Club für eingeladene Filmteams und zahlende Gäste veranstaltet, der Slogan lautet nicht „Rent a
Kurz: Ich könnte das Phänomen auch Publikumsverachtung nennen. Nämlicher Herr K. steht der Berlinale jetzt länger vor als ein anderer Herr K. der aktuellen Politik unseres Landes einst vorstand. Rufe nach vorfristiger Auflösung seines Vertrags, der bis 2019 läuft, werden derzeit immer lauter.
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Foto: Jan Hendrik Blanke
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