Freitag, 13. Januar 2017

Technikwandel

Ob ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig, Sie sind auf die Web­sei­te einer Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin gelangt. Hier schreibe ich im zehnten Jahr über meinen Be­rufs­all­tag, über Sprach- und Kulturthemen. Es ist Freitagnacht auf Samstag, ich komme gerade aus dem Kino.

"Du, hoschema, du kannst den Regisseur schon um sechs un­ten im Café treffen!" So klingt es, wenn Chris aus "Bäm­bel­town", seit 40 Jahren in Kreuz­berg ansässig und pro­gramm­(mit)lei­ten­de Vorführerin in einem meiner Hauskinos am Nachmittag zum Telefonhörer greift und ich in Neukölln, 200 Meter Luftlinie bzw. 750 Meter Fußweg entfernt, drangehe.

Als im nordhessischen Marburg Geborene bekomme ich Heimatgefühle. Chris, obwohl auch sie die grassierende Grippe erwischt hat, veranstaltet vom Krankenlager aus ihr Programm.
Gut, dass wir deshalb zwei Stunden vor der Vorstellung da ankommen. Die Untertitel auf der DVD, die der Regisseur im Gepäck hat, haben nämlich am Tag selbst noch eine Verbesserung erfahren, sie kommen als .srt-Datei per Mail, und die hochauflösende Variante des Films bringt er per Datenstic mit. Der Film wird also von einem Laptop "gefahren", der VLC-Player, ein Programm im Rechner, verbindet beides mit einigen Mausklicks.

Dann müssen wir nur noch die Funktion "zweiten Bildschirm aufmachen" finden und betätigen und dessen Bild probehalber über den Beamer in den Kinosaal schicken. Ist die Lautstärke gut? Wie viele Menschen wer­den kommen? Sind mehr Körper im Raum, wird der Ton stärker verschluckt. Je nach Zuschauerzuspruch werden wir hoch- und runterregeln müssen. Das habe ich in der Berlinale einige Jahre gemacht. Dort habe ich im Jahr 2000 als Kinoleiterin an­ge­fan­gen.
Ich schreibe das so ausführlich, weil das Abspiel einer fremdsprachigen Fassung in dieser Einfachheit vor 20 Jahren noch un­denk­bar war. 

Damals waren Untertitel eine Sache für die Ewigkeit, und Fachspeditionen trans­por­tier­ten Filmrollen quer durchs Land. Es wäre auch undenkbar gewesen, einen Filmabend ohne Vorführer(in) zu ver­an­stal­ten.
Halb acht beginnen wir mit dem Einlass, viertel vor acht stellt der Thekenmann noch vier Stühle hinzu.

Die Vorführung wird mehr als ausverkauft sein; das Filmgespräch, das ich dol­met­sche, lebendig. — Gute Besserungswünsche an Chris, die Frankfurterin, die in­zwi­schen ein Kreuzberger Urgestein geworden ist!

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Fotos: C.E.

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