Mittwoch, 10. Februar 2016

Keypad of Fame

Welcome, bienvenue, hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin über ihren Berufsalltag. Meine Sprachen sind Französisch (als Ausgangs- und Zielsprache) und Englisch (Ausgangssprache). Ich arbeite in Paris, Berlin, Köln und dort, wo Sie mich brauchen.

Abgeschubberte Tastatur
Nach ca. einer Million Anschlägen
Abgeliebte Teddybären sitzen gerne mal ihren Lebensabend auf dem Nähkästchen ab in der Hoffnung, dass jemand vorbeikommt, der das Ohr wieder fest annäht, so ge­se­hen bei einer Freundin.

Abgeschubberte Tastaturen kommen in den Tech­nik­fried­hof und in die Hall of Fame des eigenen Büros, sofern es eine solche gibt.

Der Apfelrechner von 2005 (Foto) war deutlich empfindlicher als das Nachfolgeteil von 2011, das mir keine derart schönen Bilder bietet. Das Honorartippen hat den Vorteil, dass ich weiß, dass ein Drehbuch um die 100.000 Anschläge lang ist. Mit 10.000 Anschlägen weniger hatte ich es letzte Woche zu tun, Ak­kord­über­set­zung, ich habe hier schon darüber geschrieben.

Es ging um Änderungen und Aktualisierungen eines Filmtexts, einen neuen Einstieg und ersten Teil sowie ergänzende Texte. Außerdem wichtig: Wie gehe ich mit der ersten Fassung um, die nicht von jemandem aus meinem Umfeld stammte, die ganz ordentlich war, bei der sich die Tücken aber erst auf den zweiten und dritten Blick gezeigt haben.

Solche Drehbuchüberarbeitungen machen oft genauso viel oder gar mehr Aufwand wie eine Neuübersetzung. Leser sollen am Ende ja die un­ter­schied­li­chen Über­setzer nicht raushören, ich übernehme stellenweise die Erstfassung an, passe die al­ten Partien aber auch an meinen Sound an, und das mit möglichst wenig Ein­grif­fen, denn die Stoppuhr saß uns im Nacken.

Einen Text runterzuübersetzen und sich vom Flow tragen zu lassen, kann durchaus schneller ge­hen. Was nicht für li­te­ra­risch anmutende Texte mit Geheimnissen und kul­tu­rel­len Verschiebungen und derlei Anklängen gilt. Für Texte, die aus diversen Grün­den so stark mit ihrer Kultur ver­haf­tet sind, dass das Übersetzen eher dem Legen von Mosaiken gleicht. Da werden Stein­chen hin- und hergeschoben, zur Probe mal hier angehalten, mal dort, ein andersfarbiges ausprobiert, dann ein anderes zu­recht­ge­schnitten.

Zur Übersetzungsarbeit kam die Korrespondenz mit der Filmproduktion hinzu, den Kor­rek­to­rinnen, der Grafikerin, nicht zu vergessen die ganz normale Bü­ro­kom­mu­ni­ka­tion, wobei ich einiges auf Donnerstag und Freitag verschieben konnte.

Ergebnis: 45,5 Stunden Textarbeit an drei Tagen, angefangen vom Rippen der PDF, um eine Wortdatei zu erhalten, über das Einpflegen der Änderungen und Kom­mu­ni­ka­tion in alle Richtungen.

Vor fast acht Tagen, in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag fiel um 00.03 Uhr die Schlussklappe. Die zwei Tage danach waren völlig unproduktiv. Irgendwann wer­de ich mir so eine Kampf­tas­ta­tur als Dokument unserer Zeit einrahmen.

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Foto: C.E. (Archiv)

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