Donnerstag, 5. Dezember 2013

Strauchelnde bitte was?

Hallo! Hier bloggt eine Sprachmittlerin. So ein Ar­beits­ta­ge­buch aus der Dol­­met­­scher­­kabine gebiert seltsame Textformen. Darf ich vorstellen: Die The­a­ter­kri­tik-Kritik.

Theaterdialoge, "in Halbsätzen von gelegentlich professionell strauchelnden Si­mul­tan­über­setzerin­nen übermittelt", das soll laut Hörfunkkritik seit gestern Abend vor­erst regelmäßig im Schauspiel Stuttgart stattfinden.

Das Stück "Liebe Kannibalen Godard" aus der Feder von Tho­mas Jonigk beruhe auf dem Film "Week-End" von Jean-Luc Go­dard. Das Theaterstück scheint al­ler­dings die Kritikerin wenig überzeugt zu haben: "Nicht sinister genug für schwar­­zen Hu­mor" und "lei­ern­de Schauspieler", so beschreibt je­den­falls Cornelie Ueding, wie sie die Premiere erlebt hat.

http://srv.deutschlandradio.de/themes/dradio/script/aod/index.html?audioMode=2&audioID=4

Die Aktualisierung des Stücks bestehe, so ist ab Minute 3'40''  im Deutschlandfunk (Sendung "Kultur heute") zu hören, in der Hinzufügung jeweils eines Menschen aus Afrika und einem arabischsprachigen Land, die sich, in europäische Abendanzüge gekleidet, mithilfe von Sprachmittlern elegant verständlich machen würden.

Naja, und dann fällt leider der Begriff "Simultanübersetzerinnen". Nur kurz: Si­mul­tan­über­setzer gibt es nicht, denn das Wort "simultan" bezieht sich auf Dolmetschen (mündlich), während Übersetzer nur schriftlich übertragen. Zur Absurdität des von der Theaterkritikerin verwendeten Begriffs hier ein Bild.

Stellen wir uns einen Schriftsteller vor, der sein Buch abgeschieden von der feind­li­chen Außenwelt in seiner Denkerklause fabriziert, die Dachschräge heimelig über sich, den Leib in einen dicken Wollpulli gehüllt, in der Ecke flackert ein Feu­er­chen im Kanonenöfchen, auf der Fensterbank steht ein Kaktus vor den etwas trü­ben Scheiben.

Und neben dem mit Papierbergen zugestapelten Dich­ter­schreib­tisch aus dunklem Holz steht eine lichtgraue, blitzende Dolmetscherkabine mit sau­ber­ge­wie­ner­ten Fenstern, die zwei 'Si­mul­tan­über­setzer­in­nen' außerordentlich gute Sicht auf den Ort des Geschehens bietet. Und die elegant gekleideten Damen tippen im Wechsel nun ganz simultan die Übersetzung dessen, was unser Autor da nie­der­schreibt.

Wie war der zentrale Satz nochmal? "... in Halbsätzen von gelegentlich pro­fes­sio­nell strauchelnden Si­mul­tan­über­setzerin­nen übermittelt." Wieso eigentlich Halb­sätze?! Und pro­fes­sion­el­les Straucheln von Spracharbeiterinnen, was darf ich mir darunter vorstellen?

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Illustration: Der neue Player vom D-Radio

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