« Bienvenue !» Sie haben die Arbeitstagebuchseiten einer Übersetzerin angeklickt, die daneben in Berlin und anderswo für Politik und Wirtschaft, Kino und Kultur als Französischdolmetscherin tätig ist. Hier denke ich regelmäßig über meine Arbeit nach und heute werde ich grundsätzlich.
In den nächsten zwei Monaten wird es hier ruhiger zugehen: Die Beiträge werden kürzer, vorerst stelle ich von "täglich außer freitags" auf die Drei- oder Viertagewoche um. Hintergrund ist akuter erhöhter Nachdenkbedarf darüber, wohin ich mich beruflich weiterentwickeln will. In einigen Bereichen bleiben mir wie auf dem Spielbrett rechts nicht viele Züge übrig (die Konkurrenz (blau) hat sich in einer Reihe gut erkennbar aufgestellt und verfügt jetzt über gewisse strategische Vorteile).
Außerdem muss ich Bücher sortieren, bilanzieren, umräumen, die Mitbewohnerin zieht aus — und der endlich schöne Sommer fordert auch seinen Tribut.
Hauptgrund meines Nachdenkens sind natürlich Marktverluste. Von den Folgen der DEGETO-Krise schrieb ich hier bereits, außerdem erlitt ich Kundenpleiten, die erste große Phase fand schon Ende 2008 statt, was unsereinen, wenn wir im Team arbeiten, ernsthaft in Bedrängnis bringen kann. Andere Marktanteile gingen an einen Interviews übertragenden Journalisten verloren (in diesem Zusammenhang weigere ich mich, von Dolmetschen zu sprechen, denn genau das ist es nicht), die Jobs sind perdu, verloren.
Dazu kommt, dass einige mittelgroße Konferenzdolmetscherjobs oder das Dolmetschen von Euro-Betriebsräten der letzten Jahre an manche im Internet überaus präsente Groß- oder Billigagenturen gingen, die nicht immer von Sprachmittlern geleitet werden und die sich von den Honoraren der Dolmetscher Anteile "in Größenordnungen" abschneiden, wie es auf Ostdeutsch heißt (der Westler fragt dann immer nach der genauen Höhe dieser Größenordnung). Krisenbedingt versuchen zudem (fast) alle, ihre Ausgaben zu kürzen, da kommen diese Anbieter, die zudem nicht selten die Endverkaufspreise zu drücken versuchen, gerade recht.
Das, was ich gerade erlebe, widerfuhr vielen anderen und mir bereits um die Jahrtausendwende mit den Untertiteljobs: Honorarverfall. Damit wenigstens im Bereich Konferenzdolmetschen die Glücksritter nicht auf Dauer die Landschaft verändern, verweigere ich mich Dumpingsituationen. Stattdessen engagiere ich mich lieber weiterhin als dolmetschende Dozentin in der Jugendarbeit sowie der Erwachsenenbildung und an den Unis.
Dann sind da noch die elektronischen Medien. Unsereiner wird nicht selten als "Gastarbeiter" von manchen Kunden an andere Orte geschickt, was ich immer dann gerne mache, wenn wenig Reisetage auf viele Arbeitstage entfallen (z.B. bei Recherche- oder Dreharbeiten). Denn so ganz nebenbei wuppe ich ja auch als Teilzeit(zieh)mutter etliche Monate im Jahr die Mitverantwortung für ein Kind, muss also meine Berlinpräsenzen gut planen.
Weil ich weiterhin regelmäßig für Politik und Wirtschaft tätig bin, für Ausschüsse, Botschaften und Gremien dolmetsche und der Finanzkrimi an den Weltmärkten weitergeht, lese und lerne ich regelmäßig zu diesen Bereichen. Auch wenn stets ein schaler Nachgeschmack bleibt, nicht nur der Sache wegen. Auf einer Krise lässt sich eben keine gesunde Karriere aufbauen.
Noch zwei Punkte gilt es zu erwähnen, sehr schöne diesmal: Regelmäßig das Haus voller Besuch zu haben, regt zu den touristischen Touren an, für die sonst kaum Zeit bleibt. Und auch der weltbeste Patensohn will betreut sein. Gestern haben wir zum Beispiel stundenlang das Pergamonmuseum erkundet, einfach wunderbar!
Also, Rhythmus und Form meines Blogs verändern sich in den verbleibenden Sommerwochen, danach weiß ich mehr. Jetzt weiß ich immerhin schon: Nur wer sich ändert, bleibt sich treu (W. Biermann).
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Fotos: C.E.
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