"Dekonspirieren" scheint das Wort des Tages zu sein. In der DDR wurden viele Bürger "im Vertrauen" von anderen Mitmenschen angesprochen mit der Bitte, doch mal die Augen offenzuhalten und zum Beispiel "jemanden vor sich selbst schützen zu helfen", das Ganze natürlich stets im Dienst des Aufbaus des Landes. Ich vereinfache, aber das war oft die vorgebrachte Grundidee.
Diese Treffen waren "konspirativ" und fanden u.a. in "konspirativen" Wohnungen statt.
Wer sich darauf einließ, vielleicht nur aus jugendlichem Leichtsinn, war auf dem besten Wege, IM (inoffizieller Mitarbeiter) der Staatssicherheit zu werden. Oft wurde dann schon eine Vorlaufakte angelegt, auch ohne Unterschrift des Betreffenden.
"Bilderlotto" hieß das Spiel |
Ich konnte direkt hinschauen und wollte wissen, wie meine etwas älteren Cousins und Cousinen dort leben.
Ein Bekannter von mir hatte damals den Gesprächsanfragen aus Langweile nachgegeben ... und nach drei, vier Treffen gesagt, dass er keine Lust mehr darauf habe. Er hat im Freundeskreis offen erzählt, was passiert war, er hat also offen dekonspiriert. Das war in der 1. Hälfte der 80-er Jahre. In der Schule hatte man noch ein wenig versucht, Druck auf ihn auszuüben, und das war's dann. Er hatte mit Sanktionen gerechnet. Da er nicht studieren wollte, war er aber auch nicht erpressbar. (Das Studium hat er später im Westen nachgeholt.)
Ich selbst kannte damals etliche Leute, von denen ich annehmen durfte, dass sich "VEB Horch und Guck", wie wir die Stasi verballhornten, dafür interessieren würde. Außerdem schmuggelte ich Bücher und Briefe (aber so gut versteckt, dass es zumindest beim Grenzübertritt nie aufgeflogen ist). Ich habe dann schon im Vorfeld dekonspiriert und offenbar ausreichend oft scheinbar naiv dahingesagt: "Ich bin ja mal gespannt, ob und wie die mich ansprechen. Ich erzähl's Euch dann!"
Die Sanktion, die mich traf, war einfach: Ab Sommer 1986 dufte ich mehr als zwei Jahre lang nicht mehr nach Sachsen reisen, nur Tagesreisen nach Ostberlin wurden gestattet. Ich war erst Anfang (?) 1989 wieder in Sachsen. Heute stelle ich alle zwei Jahre einen Antrag auf Akteneinsicht bei "der Behörde", bislang ist die Akte aber noch nicht wieder aus den Reißwolfschnitzeln zusammengesetzt worden.
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Foto: Otto-Heinrich Elias
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