Montag, 13. Juli 2009

Im Hinterzimmer

So ein lautes Umfeld hatte ich lange nicht mehr bei der Arbeit: Wir sind in Marseille im Hinterzimmer eines Cafés - und liegen damit auf dem Weg zum Klo. Wir, das sind noch immer das Kinoseminar, ein französischer Regisseur als Gast, dazu Moderatoren, andere Filmemacher, Kritiker und Programmgestalter, Medienpädagogen und Filmmitarbeiter.

Dass es laut werden könnte, wussten wir bei der Vorbereitung des Termins. Aber das Café liegt in der Nähe des internationalen Dokumentarfilmfestivals von Marseille - für den Regisseur kein langer Weg. Draußen ist es jetzt sehr heiß, drinnen stickig. Und damit wir auch weiterhin Luft bekommen, bleibt die Tür offen stehen. Damit kommen auch die Geräusche herein. Erst tritt ein Straßenmusiker vor sein Publikum: Gitarre und Gesang, Bella ciao von der ... sagen wir mal nicht gerade sehr gekonnten Art und Weise. Dann gibt der Ober seine Bestellungen lautstark durch, bis er merkt, was wir tun: "Deux exprès et un croque monsieur!" Schließlich geht alle Naslang jemand aufs Klo: Wer an einem schwülen Sommertag dort den Händetrocknerpustefix anschmeißt, ist selbst Schuld. Aber wer kriegt das überlaute Summen ab? Wir! Und wer muss richtig unter dem Lärm leiden? Ich. Es ist anstrengend, denn ich darf nicht mal zwischendurch abschalten.

Nach der Veranstaltung sagen die Franzosen, dass sie die Deutschsprachigen beneidet hätten, denn diese konnten sich die Kopfhörer der Flüsteranlage nehmen und meiner Simultanverdolmetschung folgen. Rechts von mir saß Christoph aus Berlin; selbst er, der hervorragend Französisch kann, hörte am Ende meine "Fassung", denn der französische Filmemacher im schwarzen T-Shirt saß mit genau drei Leuten seitlichem Abstand zu weit weg für sein anstrengungsfreies, konzentriertes Hören. Doch solange ich noch die Stimme des Gesprächspartners UND meine eigene hören kann, ist alles gut. Den Redenden anzusehen und einen Teil seiner Worte unterstützend von den Lippen abzulesen, würde indes mehr Verlust als Gewinn bedeuten, denn von der Seite höre ich ihn eindeutig besser.

gefördert vom dfjw
Nein, ich habe nicht geklagt! Aber das ist kein Verdienst, dafür habe ich da im Hinterzimmer schlicht und ergreifend weder Zeit noch Energie. Ich spitze die Ohren und spreche ... und überhöre. Denn dann werden noch ein leeres Fass durch den Raum gerollt, Kinder angetrieben und ein Glas zerschmissen.
Eins ist klar: In ein Kneipenhinterzimmer gehen wir so schnell nicht wieder mit einer so großen Arbeitsgruppe.

1 Kommentar:

M hat gesagt…

He Caro,

bist Du wieder in Berlin?

Dein Photo finde ich schön! Siehst konzentriert aus, aber nicht abgearbeitet wie manchmal. Dir scheint's gut zu gehen!

Grüße aus MUC,

M