Mittwoch, 17. August 2022

Das Einsteckthermometer

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ein­blicke in das Le­ben einer Sprach­ar­bei­te­rin kön­nen Sie hier er­hal­ten. Ich bin Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che mit Deutsch als Mut­ter­spra­che. Als Dolmet­sche­rin habe ich es oft mit Exo­ten zu tun, also sel­te­nen Fachbe­grif­fen, die ich am liebs­ten bei den Kunden vor Ort kläre.

B
eispiel aus der Praxis: Ein Kühl­tun­nel kühlt gekoch­te Speisen im Schnell­tempo, damit sie ins Kühl­haus dür­fen. Die Kühlung ent­zieht Bakterien den Nähr­boden. Wir sind in einer im Bau befindlichen Kanti­nen­küche an einem Ort, wo Frank­reich, Deutsch­land und Luxemburg zusam­men­ar­beiten. Ich übersetze Be­gleit­ma­te­rial.

Neubau Kantine: Große, graue Kisten (oder sowas in der Art)
Links: startklar, rechts: im Aufbau

 
Zur Tem­pe­ra­tur­prü­fung kommt eine sonde à piquer zum Ein­satz. Piquer heißt "picken", das deut­sche Wort 'pikiert' stammt daher. Hier ist das Ge­gen­teil der Fall, ein Metall­stab wird in die Spei­sen gescho­ben.

Die bei der Über­tra­gung großer Text­mengen manchmal hilf­rei­che Seite "DeepL" bietet mir für das Teil den Begriff "Stech­füh­ler-Son­de" an. Das klingt erst­mal komisch.

Ich suche und finde im Netz "Tauch­sonde", klingt gut und profes­sionell, nehme ich. Vor Ort stellt sich heraus, dass die "Tauch­sonde" das "Post­wert­zeichen" im Kan­ti­nen­be­­trieb sein könnte, nur mit ver­kehr­ten Vor­zei­chen. Im Alltag wird von "Brief­mar­ke" ge­sprochen, drei Silben, dem steht der Viersilber "Post­wert­zei­chen" ent­ge­gen.

Sicherungsgitter für Rotoren
Gebläsedetail

Denn ver­wendet wird im Alltag der Sechs­sil­ber "Ein­steck­ther­mo­me­ter". Das widerspricht allen Theorien der Linguisten! Wir schwören immer darauf, dass Spra­chen zu Ein­fach­heit und Knapp­heit ten­dieren. Und ich denke zu­nächst: Keine Regel ohne Aus­nahme!

Spä­ter lese ich weiter. Tauch­so­nden kom­men of­fen­bar meistens beim Prü­fen von Füll­stän­den zum Einsatz. 

Alles klar, es ist wirk­lich ein eigenes Wort. Und die Theorie von oben wird sofort un­ter­mau­ert, denn statt des Dreisilbers "Kühl­tun­nel" ist hier meis­tens vom knap­pe­ren "Chil­ler" die Rede. Bei ge­nauerem Hinhören ist ein Kühl­tun­nel auch nochmal ein an­de­res Gerät, wir haben es hier mit einem "Schnell­küh­ler" zu tun.

Aber im Alltag gehen hier die Be­grif­fe ein wenig durch­ein­ander. Der Koch sagt: "et­was in die Küh­lung tun". Nun gut. Ich bin die einzige Lin­guis­tin an Bord, lerne die­ses Wort­feld schon im drit­ten Jahr ken­nen, und es gibt wei­ter­hin täg­lich neue Be­grif­fe!

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Fotos: C.E.

Sonntag, 14. August 2022

In der Sommerfrische

Bon­jour & hel­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines digitalen Ta­ge­buchs aus der Welt der Sprachen ge­lan­det, ge­nauer: über Dol­met­scher:in­nen und Über­set­zer:in­nen. In der Som­mer­zeit hat der Lap­top das Heft über­nommen.

Zur Ab­wechs­lung im Grü­nen
Ein Laptop auf Rei­sen, darum geht es die­ser Tage. End­lich darf auch ich mal ver­öf­fent­li­chen, was ich denke. Also, zu heute: Mir wurden Ta­ge unter Pal­men ver­spro­chen. 

Ich bin ja der Rech­ner einer Lin­guis­tin und kann ganz ge­nau hin­hö­ren. Ich kri­ti­sie­re: Es war vom Plu­ral die Re­de!

Und ich sehe hier nur eine Pal­me!

Betrug!


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Foto:
C.E.

Donnerstag, 11. August 2022

Hybrid vor Ort

Bon­jour & hel­lo! Sie sind auf den Sei­ten eines digitalen Ta­ge­buchs aus der Welt der Sprachen ge­landet, das es seit 2007 gibt. Die Dolmet­scherin hat zu tun. Daher hat das Lap­top auf Rei­sen damit begon­nen, zu berichten.

Komplexe Lage
Eigentlich hätten wir ja jetzt Sommer­pause. Aber aus Pan­de­mie­grün­den konnten sich viele zi­vil­ge­sell­schaft­liche Grup­pen in den letzten zwei­ein­halb Jah­ren nicht tref­fen. Daher fin­den nun im August Sit­zungen und Fort­bil­dun­gen statt. Die hier heißt sogar "Som­mer­uni".
Wobei niemand un­tätig war in der Co­ro­na­zeit. Aber alles war kürzer. Reine On­line­ver­an­stal­tungen eig­nen sich nicht für alle Inhal­te. Team­buil­ding ist da prob­le­ma­tisch, man­ches lässt sich nicht über viele Stun­den Vor­trag ver­mitteln.

Also: Wander­schuhe ge­schnürt, Koffer und Technik­rucksack ge­packt und los zur Bahn! Erst sind alle zwei Tage in der Natur, dann zwei Tage im Kon­gress­saal. 

Und es war keine Über­ra­schung, dass auch diese Ta­gung wieder zum Teil hybrid wur­de. Eine Red­ne­rin und ein Redner sind akut er­krankt. Madame hat aus dem Ho­tel­zimmer teil­ge­nommen, Monsieur von Zu­hau­se (er wohnt am Tagungs­ort, einer mit­tel­gro­ßen Univer­si­täts­stadt).

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Foto: C.E.


Mittwoch, 10. August 2022

Gedrehtes Material

Hallo und gu­ten Tag auf mei­nen Blog­seiten. Momente aus dem Ar­beits­alltag einer Dol­met­scherin können Sie auf diesen Seiten lesen. Gestern hat der Laptop hier die Urlaubs­vertretung in Sachen Bericht­er­stat­tung über­nommen. Heute geht's weiter.

Fürs Verschriften ist viel Sitzfleisch nötig
Wir sind bei einem öffent­lich-recht­li­chen Fernsehsender in Berlin zu Gast. Es geht darum, Interviews zu verschrift­lichen, damit der Redak­teur eine bes­se­re Übersicht über das ihm von Kor­res­pon­dent:innen gelie­ferte Bild­material erhält.

Die Chefin nutzt eine Dik­tier­soft­ware. Damit bekommt sie sehr viel erledigt. Sie hat einen Kopf­hörer auf, dieser liefert den Ton zum Bild.

Er stammt vom Stand­rech­ner, der die Film­sequenzen zeigt. Den mitge­brach­ten Kopf­hörer hat sie in den Stiftkö­cher hin­ein­ge­nestelt, damit das Mikrofon in der Höhe ist, wie es ein Stand­mi­kro­fon sein würde.

Es geht um Tier­schutz in den von Wald­brän­den betroffenen Regionen Eu­ro­pas. Die Chefin muss zwi­schen­durch weinen.

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Foto:
C.E.

Dienstag, 9. August 2022

Kurztrip nach Köln

Aus dem Arbeits­alltag einer Dol­met­scherin können Sie auf diesen Seiten einiges er­fah­ren. Meine Muttersprache ist Deutsch, ich arbei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch. Ins Eng­li­sche übersetzt die Bürokollegin.

Arbeitsplatz mit Aussicht
Dieser Blog könnte auch "Tage­buch eines Laptops" heißen. Der heutige Ein­trag ginge dann so: Meine Chefin und ich durf­ten kurz­fris­tig nach Köln zum Ein­satz reisen. Am Abend am Bahn­hof an­ge­kommen, richtete sie ihre Schrit­te gen Aus­gang, bog je­doch kurz davor rechts ab und betrat durch eine Art Ta­pe­ten­tür ein Foyer.

Denn ein kleines Hotel hat im Bahn­hof selbst einen eigenen Sei­ten­ein­gang. An­schlie­ßend bezogen wir ein Zim­mer im vierten Stock zwischen Glei­sen und Dom­plat­te. Die Taxifah­rer hatten in dieser Nacht weniger zu tun, auch ist kein Be­trun­ke­ner auf dem Heimweg dort aus­ge­ras­tet. Die Nachtruhe war daher gut. Die Che­fin schwört zudem auf Ohrstöp­sel.

Um sieben Uhr hat der Dom als über­di­men­sio­nier­ter Wecker die Rei­sen­den freund­lich in den Tag geholt. Das Früh­stücks­buf­fet bot Bircher­müsli, Obstsa­lat, Waffeln und Oran­gen­mar­melade. Und bevor es am nächsten Morgen mit dem Vor­or­tzug wei­ter­ging, habe ich der Chefin noch kurz einen Text gezeigt.

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Foto:
C.E.

Donnerstag, 4. August 2022

Hitzefrei (1)

Hello, bonjour und guten Tag beim ers­ten deut­schen Weblog aus dem Ka­bi­nen­in­neren. Hier beschreibe ich Erlebnisse von Konferenzen und aus dem Büro, von Film­set oder Fes­ti­val, von Messen oder der Bau­stelle. Unter Wah­rung dienst­licher Geheim­nisse erzähle ich, was den Beruf ausmacht, und denke über Sprache nach. Nur bitte nicht heute. Wo ist der Fächer?

An einer Ladentür, gesehen in Neukölln
Heute ist alles slow motion, verlang­samt, ent­spannt, denn das Wetter hat sich zu neuen Rekorden aufge­schwun­gen. Auf dem Balkon sind es im Schat­ten 37 Grad. Gestern war es drei Grad "küh­ler". Die halbe Fliegen­po­pu­la­tion der Straße hat sich ver­ab­redet, in mei­nem Ar­beits­­zim­mer diese Hitze­wel­­le zu ver­brin­gen.

Dazu habe ich al­ler­dings nicht mein Ein­ver­ständ­nis ge­ge­ben. Als ich die Balkon­tür aufreiße, fühlt es sich an, als wäre es die Back­ofen­tür. Die meisten Flie­gen be­kom­me ich mit dem Fächer und durch gutes Zu­re­den de­fe­nes­triert, bei den an­deren schlägt das zarte Bruder­herz vor, "Sieben auf einen Streich" zu ge­ben. (Hier spiele ich auf ein Mär­chen der Brü­der Grimm an: "Das tapfere Schneiderlein" erschlug sie­ben (Fliegen) auf ein­mal.)

Aber es ist sogar zu heiß, um den ollen Flie­gen nach­zu­stel­len (ein altes Wort für "jagen"). Später werde ich mir beim Gang um den Block ein Eis kaufen, das in der kurzen Zeit, die es fürs Bezah­len braucht, schon an­fängt zu fließen. Mein Nach­bar, der Musika­lien­händler zwei Straßen weiter, lädt mich in seinen kühlen Ver­kaufs­raum ein. So lässt sich un­fall­frei Eis essen.

Auf der Suche nach den üblichen Durchsch­nittstem­pe­ra­turen stoße ich auf fol­gende Zeilen:

"Das Wetter in Ber­lin im August hat Tiefst­werte von 15 °C und Höchst­werte von 25 °C. Es ist die perfekte Temperatur, um Berlin zu er­kun­den, ohne dass es zu heiß oder zu kalt ist. In Ber­lin können Sie im Au­gust mit drei bis acht Re­gen­­ta­gen rechnen. Es ist eine gute Idee, Ihren Regen­schirm mit­zu­bringen, damit Sie nicht dem schlech­ten Wetter aus­­ge­­setzt sind."

Das ist wohl passé. Allein das Wort "Regen­tag" klingt schräg. Wie oft hat es dieses Jahr mal einen ganzen Tag lang durch­ge­reg­net und wann? Im Feb­ruar mal zwei Tage lang. Auch ist der Juli nicht mehr der nie­derschlags­reichs­te Monat im Jahr.

Und es sind nicht nur die feh­len­den Nie­der­schlä­ge, die uns in die aktu­el­le Lage bringen, es ist auch die zu­neh­men­de Ver­duns­tung (hier ein Artikel aus von spek­trum.de) sowie die stär­ke­ren Winde, ver­schärft durch schwin­dende Fähig­keit der Böden, Was­ser zu hal­ten und Stark­re­gen zu wi­der­ste­hen, was mit der sin­ken­den mi­kro­biel­len Viel­falt zusam­men­hängt, die für al­le sicht­bar ist und Ar­ten­ster­ben und Ero­sion ge­nannt wird. Wir soll­ten üb­rigens vom "Bo­den­ster­ben" spre­chen, da­mit die Leute auf­wa­chen.

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Foto: C.E.

Dienstag, 2. August 2022

Mitbringsel

Will­kom­men auf den Seiten meines digi­talen Arbeits­ta­ge­buchs aus der Welt der Über­setzer und Dol­met­scher (und der Über­set­ze­rin­nen und Dol­met­sche­rin­nen). Täg­lich ar­beite ich mit meinen Spra­chen, lese, schrei­be, hö­re, denke auf Deutsch, Fran­zö­sisch und Eng­lisch — und muss mir natürlich ständig Notizen machen!

Vier Paar Schuhe und zwei Füße
Draufsicht: Auf großem Fuße leben

Neulich wurde ich das erste Mal seit Beginn der Pandemie einige Tage in Folge von ein- und dem­sel­ben Kun­den beschäftigt. Auf Dele­gations­rei­se haben wir ei­ni­ge Stationen absolviert. Zwischen­durch rissen mir zwei Riem­chen an einem Schuh in ei­ner Art und Weise, dass der auf­ge­such­te Schuh­ma­cher be­fand: "Da ist nichts mehr zu machen!" Nun ist bei Messe­besuch und Fir­­men­­be­ge­hungen gutes Schuh­werk sehr wichtig.

Diese Sandale, die auf der Strecke blieb, hat­te vorher beim Funktions­check noch perfekt ge­wirkt. Ein anderes Paar, grob eingelaufen und aus dem Hause eines be­kann­ten Ge­sund­heits­schuh­her­stel­lers, wies an der Innenseite eine Beschich­tung auf, an der ich plötzlich eine Blase bekam (ist mir bei diesem Her­steller noch nie passiert!) Ein einzi­ges gut ein­ge­laufenes Paar blieb übrig. Wir stan­den erst am An­fang der Reise.

Kurz: Was für Frauen mit Schuh­größe 39 kein Prob­lem ist, war für mich mit Größe 42 ein Drama. Und es geschah das Wunder: Unterwegs gab es in einem Laden Son­der­an­ge­bote, Auswahl in meiner Größe! Und dann auch noch die dritte Preis­re­duk­tion in Folge! Das brach­te mir in­ner­halb von fünf Minuten drei Paar neuer Schuhe ein! (Früher war das Ver­­hält­nis bei mir eher ein Paar Schuhe auf fünf Stunden Su­chen!)

Platz war genug im Koffer, den ich als Reise­profi immer nur maximal zu 70, 80 Prozent fülle. (Beim nächs­ten Mal packe ich vorn vor­ne­he­rein mehr Schuhe ein.)

Wieder zuhause habe ich dann auch noch viele Notiz­blöcke ausgepackt. Wir müs­sen immer irgend­was aufschreiben, daher stecke ich (wie alle meiner Zunft) alle kostenlosen Kladden und Blöcke ein, die mir unterwegs an­ge­boten werden. Der nächste Aufschreib­bedarf kommt bestimmt!

Manche Frauen sammeln Schuhe, ich sammle Blöcke in zwei Pappauf­stellern im Regal mit den Lexiken, und da finden sich nun die Logos einiger Hersteller, poli­tischer Stif­tungen, Märkte, Kongress­zentren, Hotels, ... Früher hatten die Leute Aufkleber der Reiseorte auf ihren Koffern. Ich habe Notizblöcke. Und dieses Mal auch Schuhe, allerdings ohne Herkunftsbezeichnung!

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Foto: C.E.

Montag, 1. August 2022

Auf dem Schreibtisch (LXVII)

Über den Arbeits­alltag einer Dol­met­scherin können Sie auf diesen Seiten einiges er­fah­ren. Meine Mut­ter­sprache ist Deutsch, ich arbei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch. Wenn es wie derzeit keine Kon­fe­renzen gibt, sitze ich am Schreib­tisch.

Vor einigen Jahren habe ich mitten im Sommer Ad­vents­gruß­tex­te geschrieben.

Som­mer­büro
Dabei habe ich eine Art Ma­schine zur Kon­fi­gu­rie­rung von Gruß­karten, im Auftrag eines franzö­si­schen Kunden die Anpas­sun­gen der Web­sei­te im  Deut­schen vor­ge­nommen. Von damals stammt mein heu­ti­ges Archivbild.

Was steht derzeit auf dem Pro­gramm?

⊗ Buch­über­set­zung
⊗ Bau­ab­nah­me
⊗ Stadtbäume und Schwamm­stadt
⊗ Begriffe nach­be­reiten (Delegationsreise)
⊗ Öko­lo­gi­scher Land­bau
⊗ Rechts­rahmen von Ge­nos­sen­schaften
⊗ Som­mer­ver­tre­tung

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Foto: C.E. (Archiv)