... und -akrobaten! Bonjour, hier bloggt eine Dolmetscherin. Was Konferenzdolmetscher und Übersetzer machen, und natürlich auch wir Frauen im Beruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre regelmäßig Gegenstand in Form von kleinen Episoden aus dem Alltag.
Ausschnitt aus dem Arbeitszimmer |
Im ersten Augenblick denke ich an einen Aprilscherz: "Wir suchen jemanden, der nicht so professionell ist wie Sie!"
Es geht um eine potentielle Buchung. "Professionell" ist hier gleichbedeutend zu verstehen mit "teuer", eine weitere illustre Absage, wie sie wohl nur Linguist:innen kennen.
Ich nehme solche Sätze ungern ernst. Beim nächsten Mal werde ich ungeniert laut ins Telefon lachen.
Denn zu schreiben traut sich derlei zum Glück kaum noch jemand. Stellen wir uns vor, sowas bekäme eine Operateurin zu hören: "Wir suchen für die Operation des Beinbruchs jemanden, der nicht so professionell ist!" Oder ein Lehrer: "Wir suchen für den Matheunterricht unseres Kindes jemanden, der nicht so professionell ist!" Noch einer gefällig? "Wir suchen für das Steuern des Flugzeuges jemanden, der nicht so professionell ist!"
Dann doch lieber Nachrichten wie diese hier, die mir ein Kollege heute weitergeleitet hat: "Ich zögere keine Sekunde, nachdem ich das Profil von Frau E. gelesen habe, wir bestätigen Ihr Angebot mit großer Freude.
"
Frau E., das bin ich. Und stolz wie Bolle. Und voller Vorfreude auf den Einsatz. Und dankbar, dem Kollegen gegenüber.
Hintergrund dieser Buchung: Wir selbständigen Dolmetscher:innen finden, wenn wir selbst nicht können, für unsere Kundschaft innerhalb unseres Netzwerks die passenden Kolleg:innen, ohne dass wir uns einen beträchtlichen Teil deren Honorare abschneiden, wie es viele Makler oder Agenturen machen.
Bei uns Dolmetscher:innen ist der Anteil für die Vermittlung, den Agenturen für sich beanspruchen können, leider nicht gesetzlich geregelt. Bei Schauspielagenturen ist das anders. In Paragraf 301 des Sozialgesetzbuchs (SGB III) steht, dass eine Verordnungsermächtigung die Provisionen regelt, und das ist bei einem kurzen Arbeitseinsatz, bis zu sieben Arbeitstage, 18 Prozent, und dauert er länger als zwölf Monate, 14 Prozent.
Diese Regelung gilt für Künstlerinnen und Artisten, Fotomodelle, Werbetypen, Mannequins, Dressmen, Doppelgänger:innen, Stuntmen und -women, Discjockeys und Berufssportlerinnen. Jetzt mal nachdenken: Wir sind Doppelsprecher:innen, sehen grundsätzlich immer hervorragend aus (uns sieht ja ohnehin niemand in der Box) und wir gehen künstlerisch mit Sprache um, als Sprachjongleur:innen sogar artistisch.
Wir sollten hier mal eine Erweiterung der Zielgruppe vorschlagen. Oder die Agenturen davon überzeugen, sich das Management separat bezahlen zu lassen.
Und warum vermitteln wir freiberuflichen Senior Interpreters ohne Extrakosten Einsätze an Kolleg:innen? Weil wir damit der werten Kundschaft einen Dienst erweisen, diese uns dann später wieder bucht und sich alle im Team mit Retourkutschen dankbar zeigen. Win-win-win!
Wenn aber ein Auftrag einen erhöhten Organisationsaufwand darstellt, weisen wir das in unseren Kostenvoranschlägen aus, das steht dann unter "beratende(r) Konferenzdolmetscher:in" im Angebot. Tout travail mérite salaire, jede Arbeit verdient eine Bezahlung. Und wenn es eine zusätzliche Arbeit ist, wird diese auch zusätzlich berechnet. So einfach ist das.
Und teuer sind wir nicht, wir haben nur unseren Preis: Langes Studium, Selbständigkeit, von keiner Seite kommen Sozialleistungen. Gerade in der Pandemie wurde klar, dass wir ohne Netz und doppelten Boden unterwegs sind.
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Foto: C.E.
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