Dienstag, 24. Mai 2016

Wegweisend

Hello, bonjour, guten Tag! Hier hinterlässt eine Dolmetscherin ihre Rand­be­mer­kun­gen aus einem sprachbetonten Arbeitsalltag.
Wegweisende Gesten mit Fahnen
Hier entlang!
Ein Bus des Nahverkehrs. Er verweilt länger an der Hal­te­stel­le, als er müsste.

Ansage des Buslenkers: "Der Verkehr ist infolge eines Un­falls bis auf weiteres un­ter­bro­chen. Auf Anweisung der Fahr­dienst­lei­tung ... warten wir jetzt ... auf wei­te­re An­wei­sun­gen der Fahr­dienst­lei­tung."

Ja, es gibt Menschen, die sich nicht ständig selbst zuhören. Muss ich mir ab und zu in Erinnerung rufen.

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Illustration: Fundsache

Montag, 23. Mai 2016

Storytelling

Bon­jour, gu­ten Tag! Was uns Sprach­ar­bei­ter so um­treibt, ist seit mehr als neun Jah­ren Ge­gen­stand die­ses Blogs. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin, al­ler­dings nicht für amtliche Dokumente!, und ar­bei­te mit den Sprachen Französisch und Englisch. Dabei be­rich­te ich nur über wah­re Mo­men­te. Eh­ren­wort!

Gesehen in Neukölln
It's all about Storytelling! Texter von Web­sei­ten für Brötchen- oder Hemd­chen­ver­käu­fer greifen heutzutage auf das Er­zäh­len von Ge­schich­ten zurück. Und es kann passieren, dass sogar ein­fa­che Hin­weis­schilder im Stra­ßen­raum diesem Trend heim­lich ver­pflich­tet sind. Was uns das ne­ben­ste­hen­de Schild ge­nau erzählen möchte, weiß ich nicht, aber es scheint immerhin mehrere Zeitebenen an­zu­deu­ten bzw. eine Kausalität. Wer sein Rad hier anlehnt, löst ein Fiasco aus. Nun ja. Geheimnisvoll ist auch das Komma.

Derzeit über­le­ge ich, wel­che Ge­schich­ten ich auf meiner zu bauenden of­fi­ziel­len Be­rufs­web­sei­te er­zäh­len möchte.

Die Auswahl ist groß. Und gut in Übung bin ich auch. Was Sie hier lesen, ist alles in der Realität verankert, aber trotzdem spricht hier die gleiche Persona, die auch ohne Lampenfieber auf diversen Festivalbühnen auftritt und dortselbst moderiert und dolmetscht. Privat habe ich Lampenfieber, und wie! Als Dolmetscherfigur habe ich das überwunden. In den Texten hier spricht die selbe Stimme; die Texte sind Autobiofiktionen, aber sie sind immer wahrhaftig.

Denn ich muss nicht nur meine Nerven, ich muss auch meine Kunden schützen. Ich bin durch das Schweigegebot gebunden, keine Berufsgeheimnisse preiszugeben, das ist selbstverständlich. Manches Madley zweier Ereignisse mit einem an­ge­deu­te­ten dritten Spielort spiegelt am Ende umso besser die Verrücktheiten unseres Be­rufs­le­bens, als es der Eins-zu-eins-Bericht vermocht hätte.

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Foto: C.E.

Sonntag, 22. Mai 2016

Hamburger Wochenende

Was Dol­met­scher und Über­setzer be­schäf­tigt und wie wir ar­bei­ten, da­rü­ber be­rich­te ich hier im zehn­ten Jahr, außerdem schreibe ich über die französische und deutsche Sprache, Englisch kommt am Rand auch vor, über Kom­mu­ni­ka­tions­si­tua­tio­nen und Landeskundliches.

Mal eben nach Hamburg fahren, um eine Kultur- und Politikwoche eröffnen zu hel­fen: Die Africa Unity Week wurde Samstagabend mit einer Diskussion zum The­ma "Beyond Welcome" über die Frage nach politischem Engagement und Partizipation der pan-afrikanischen Bewegung auf der Ebene der Migrations- und Europapolitik eröffnet.

Ich habe aus dem Englischen ins Französische gedolmetscht. Es ist schön, mit ei­nem großen Zeitpuffer vorher anzukommen und sich den Ort fotografisch etwas vertrauter zu machen. Währenddessen habe ich dann leider nicht mehr fo­to­gra­fiert. Ich war zu stark beschäftigt.

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Fotos: C.E.

Donnerstag, 19. Mai 2016

Auf dem Schreibtisch XXXI

Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Was Dolmetscher für Französisch (und Über­­set­zer) möglicherweise so umtreibt, können Sie hier mitlesen. Ich arbeite in Paris, Berlin, Schwerin und dort, wo Sie mich brauchen!

Während in Cannes das Filmfestival ohne mich zuende geht, plane ich die nächsten Einsätze. Was steht auf dem Herd?

Gesehen in Kreuzberg
⊗ Filmfördergesetze
⊗ Zeitschriftenmarkt in Deutsch­land
⊗ Wellnesstrends
⊗ Strafrecht: weiterhin kein schönes Thema
⊗ Raumsparendes Wohnen
⊗ Finanzkrise in Europa

Ich dolmetsche und übersetze für staatliche und private Kun­den, allerdings keine Ur­kunden/Ver­wal­tungs­do­ku­men­te.

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Foto: C.E.

Dienstag, 17. Mai 2016

Regio-Deutsch

Was Übersetzer und Dolmetscher so umtreibt, können Sie hier nachlesen. Meine Identitäten dritteln sich aus biografischen Gründen in ost- und westdeutsch und französisch. ("Drei Hälften wohnen, ach, in meiner Brust!") Daran werde ich beim Zeitungenblättern erinnert.

Ost- und Westdeutsch waren einige Jahrzehnte lang nicht gleich. Die Unterschiede waren klein, aber bedeutend. Geübte Ohren hören das noch immer raus. In­zwi­schen sind die Unterschiede nur noch Regionalismen, aber spürbar bis hin zu Rhe­to­rik und Verhandlungsstrategie: Ostdeutsche trumpfen in der Regel weniger auf, sie kokettieren eher mit Fehlern (oder stellen diese vorab ganz sachlich dar), sind in der Regel kooperativer und emotionaler.

"Fetzt urst", DDR-Deutsch
"Krasse Mucke" (Berlinisch der 'Thirtysomethings', 2016)
Ich kann beides und fühle mich in beidem zuhause.

Bei der morgendlichen Pres­se­schau im Café fällt mir im "Neu­en Deutsch­land" eine Schlag­zei­le auf, die nur von Men­schen mit ech­ter oder ge­lern­ter Ost­er­fah­rung ver­stan­den wird.
Der Mann aus dem Hamburger Hotel Atlantic wird 70, Glück­wunsch!
 
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Foto: C.E.

Montag, 16. Mai 2016

Bilder in Worten (I)

Hallo, bonjour, hello auf meinen Blog­seiten aus dem Le­ben einer Pro­fi­dol­met­scher­in. Hier schreibe ich im neunten Jahr über die Arbeitswelt der Sprachen und über das, was mir sonst noch so auffällt. Die Gesellschaft erodiert. Sie zeichnet sich durch zunehmende Verrohung aus, an allen Stellen. Mein Sonntagsbild (am Feiertagsmontag) heute in Worten.

Kinderbuchklassiker von 1931
Ein Kind von ungefähr zehn, elf Jahren Jahren, das abends um halb zehn Uhr, als ich meine Abendrunde am Land­wehr­ka­nal dre­he, Flaschen sammelt: Ich ge­be ihm die im Rucksack vergessene kleine Wasserflasche und frage, ob ich ihn ein wenig begleiten darf. Etliche Par­ty­gän­ger hän­di­gen ihm seine Flaschen aus, beeilen sich mit dem Austrinken, schau­en mich dabei böse an ... (hal­ten sie mich für die Mut­ter?)
Der Kleine wühlt auch in unter den Müll­kör­ben abgestellte Pappkartons, in de­nen sich Müll sammelt. In der Woche vor Pfingsten scheint die Stadtreinigung bei dem guten Wetter und mit Tou­ris­ten und Par­ty­volk und nicht nachzukommen.

Das Kind zieht einen "Hackenporsche" hinter sich her, der bald voll ist. Ich biete mich an, ihn zu ziehen. Ich darf. Er nennt sich Manu (oder so ähnlich), wir ver­las­sen das stark besuchte Ufer des Landwehrkanals und schlagen uns in das Stra­ßen­wirr­war Nord-Neuköllns.

Der Junge wohnt zwanzig Minuten von mir entfernt. Das ach so angesagte, an­geb­lich hippe Neuköln ist und bleibt ein Armutsviertel, auch wenn am Ufer seit Jahren pinselsanierte, aus der Förderung herausgefallene Sozialbauten für knapp 4000 Eu­ro den Quadratmeter angeboten werden (die bislang überproportional oft als Ur­laubs­do­mi­zi­le zweckentfremdet wurden).

Ich darf die Flaschensammlung sogar ins Obergeschoss eines abgewohnten Wie­der­auf­bau­hau­ses tragen. Er bittet mich dann, unten auf ihn zu warten.

Später sitzen wir schweigend auf einer bankartigen Einfriedung einer Baumscheibe und stoßen mit Brause an, die ich zwischendurch schnell im Spätkauf um die Ecke gekauft habe. Langsam lässt er einige Brocken Informationen raus. Er gehe oft an­stel­le seiner Mutter Flaschen sammeln, und zwar immer dann wenn diese Besuch habe. Das sei derzeit fast jeden Abend der Fall. Sie würden "harzen", der Vater kä­me selten vorbei. Die Mutter hätte einen Job als Kellnerin ... manchmal, fügt er zögernd hinzu. In der Schule sei er nicht gut, aber gerade seien Ferien, das wäre "geil", denn er könne lange schlafen. Er sei Torwart, würde gerne Profifußballer und schwärme für Hertha BSC.

Wie lässt sich einem solchen Kind, von denen es immer mehr gibt, helfen? Die Be­hör­den, die bei Kindeswohlgefährdung einschreiten müssten, sind immer mehr über­for­dert, das weiß ich von einer Bekannten, die beim Jugendamt arbeitet und ihre Arbeit als "reine Schadensbegrenzung" bezeichnet.

Erich Kästners Anton würde heute keine Streichhölzer verkaufen. Er ist ein Flücht­lings­jun­ge oder aber er heißt Manu, kommt aus Neukölln und sammelt Pfand­fla­schen.

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Illustration: Buchcover

Sonntag, 15. Mai 2016

Frühlingsszauber

Bon­jour, hel­lo, gu­ten Tag! Hier bloggt ei­ne Sprach­ar­bei­te­rin. Pa­ris, Cannes, Ham­burg, Köln, Hamburg und Berlin sind meine Einsatzorte, Französisch (aktiv) neben Deutsch sowie Eng­lisch (als Ausgangssprache) die Arbeitssprachen. Übersetzer und Dolmetscher haben auch ein Privatleben. Sonntagsbild!

Jedes Jahr stehe ich mindestens einmal staunend vor solchen Kunstwerken der Na­tur. Und nutze dieses Farben- und Formenspiel zu einem herzlichen Ge­burts­tags­gruß!

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Foto: C.E.

Samstag, 14. Mai 2016

Zilpzalp

Samstag ist der Tag der "Lieblinks". Heute zum Thema Interpunktion und ge­fie­der­te Zeitgenossen.

Neben den Mauerseglern, die am 7. Mai in Berlin angekommen sind, zählt der Zilpzalp zu meinen Lieblingsvögeln, des über­aus wohl­klin­gen­den Namens wegen.

Dabei ist dieser Name un­be­dingt durch einen männlichen Schweizer mit tiefer Stimme zu |spre­chen| sin­gen, der es schafft, sogar in dieser Zisch- und Plosivlautfolge min­des­tens ein gut­tu­ra­les RCH un­ter­zu­brin­gen, wie auf der heiß­ge­lieb­ten Vo­gel­stim­men­be­stimm­platte meiner Kindheit, die mir einst liebe Schwei­zer Freun­de ge­schenkt hatten.

(Kein Wunder, dass ich schon immer eine Schwäche für Bernerdeutsch, Sankt-Gal­ler­deutsch usw. hatte ...)

Heute ist Zähltag. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) bittet alle Menschen mit Grün hinter dem Haus, eine Stunde lang die dort vorhandenen Piepmätze zu zählen, die sichtbaren sowie die hörbaren, Überflieger eingeschlossen.

"Vögel im Garten" lautet das Motto der jährlichen Zählaktion, die bereits zutage gefördert hat, dass die heimischen Singvögel von heute nur noch die Hälfte der Population von vor drei Jahrzehnten darstellen.

Und die Linguistin freut sich darüber, dass ein Spaßvogel keck ein imperativisches Ausrufezeichen hinter den Slogan des offensichtlich handgearbeiteten Plakats ge­zeich­net hat, das in einer Berliner Behörde hängt. (Leider lag der Fo­to­ap­pa­rat zuhause.)

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Foto: NABU. Hier geht's zu den Gesängen.

Freitag, 13. Mai 2016

Arbeitsrunde

Bonjour, hallo! Hier bloggt im zehnten Jahr eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Meine Arbeitssprachen sind Französisch (Ausgangs- und Zielsprache) und Englisch (nur Ausgangssprache). Wochenlang werde ich nicht fotografiert, und dann in­ner­halb von einer Woche gleich ein halbes Dutzend Mal ... aus Gründen.

Zweite von links: Dr. Bärbel Kofler, MdB
Wir sitzen in einem Büro im Berliner Regierungsviertel. Die Entscheidung des Par­la­ments, einige nord­af­ri­ka­ni­sche Länder als sichere Her­kunfts­staa­ten zu erklären, steht an. Men­schen­rechts­akti­vis­ten sind zu Besuch. Sie bringen nichts Erfreuliches.

Grundlegende Menschenrechte, Versammlungs- und Vereinigungsrecht, freie Ge­werk­schaf­ten und gleiche Bildungs- und Berufschancen für Frauen, Männer und junge Menschen sind nicht gegeben, von der Gewaltenteilung ganz zu schweigen. Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe hört zu, hakt nach, und die SPD-Abgeordnete kommentiert auch das Gesagte.

Konzentrierte Gesprächsrunde
Ich dolmetsche konsekutiv. Für unsere Gäste ist Fran­zö­sisch nicht die Haupt­spra­che, son­dern Arabisch. Das Fran­zö­sisch, das ich höre, ist ge­le­gent­lich fehlerhaft oder un­klar artikuliert. Ich habe mich vor­ab län­ger ein­ge­hört, fra­ge öf­ter nach.

Diese Art der Verdolmetschung strengt mehrfach an: Das Tref­fen fand diese Woche kurz vor der heutigen Abstimmung des Parlaments statt, das sich mehrheitlich da­für ausgesprochen hat, auch das Land un­se­rer Gäste als sicheren Herkunftsstaat zu be­trach­ten. Den Namen des Landes nenne ich bewusst nicht, denn ich möchte dort noch einreisen können. Der Beruf ist nicht immer leicht, wenn wir so nah am Puls der Zeit sind.

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Foto: Danke, Holger Tillmann!

Donnerstag, 12. Mai 2016

Frühlingsregen

Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin. Was Spracharbeiter für die fran­zö­si­sche und englische Sprache möglicherweise so umtreibt, können Sie hier verfolgen.

Kaum noch lesbare Notizen
Gone with the rain
Donnerstagabend: Kurzfristig einen Einsatz im Kino annehmen, Ehrenamt. Noch ist das Wetter gut und sommerlich warm; nach zu vielen Tagen in der Kabine und an Sitzungstischen zieht es mich aufs Rad, 50 Minuten je Wegstrecke, super! Draußen ist es warm und leicht windig.

Auf der Hälfte der Strecke ereilt mich ein Ge­wit­ter. Ich stelle mich unter, radle weiter, als es nur noch leicht regnet. Trotzdem bin ich am Ende durchnässt. Ich sehe die letzten vier Fünftel des Films im Stehen, weil die nasse Hose unangenehm klebt.


Drei Leute vor der Leinwand
Cheick F. Camara (li) und Mareike Heller (re), mit Stift: C.E.
Dann folgt das Film­ge­spräch. Der trockene Humor des Re­gis­seurs, der dezent un­ter der Oberfläche schlummert, ent­schä­digt mich für das Er­lit­te­ne.
Und zum Glück hab ich mei­ne No­ti­zen zu Filmtitel und Re­gis­seur sowie der Weg­strecke nicht mehr ge­braucht, die Fragen hat eine Moderatorin gestellt. Ich liebe das Früh­jahr trotz seiner Wet­ter­ka­pri­olen!

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Fotos: Thea Kulla, C.E.

Dienstag, 10. Mai 2016

POV IX: Knitterfrei

Bonjour und gu­ten Tag! Hier bloggt eine Dol­met­scher­in und Über­setzerin. Heute folgt wieder meine Reihe POV, Point of view. Das ist der nur knapp kom­men­tierte sub­jek­ti­ve Blick auf die Spracharbeit — und was damit zu­sam­men­hängt.

Blusen im Schrank
Alles fertig für die Konferenz
Oft leben wir Dolmetscher aus dem Koffer. An den ver­schie­de­nen Orten, an denen ich mei­nen Kopf regelmäßig bette, kümmern sich die lie­ben Mit­men­schen um Post, Pflan­zen und Wasch­ma­schi­nen. Es gibt Wochen, da lebe ich aus zwei Koffern, dem einen, den ich gerade dabei habe, und dem anderen, den ich zur Wei­ter­fahrt unterwegs gegen den ersten tausche.

Wer so lebt, mag irgendwann keine Reinigungen mit ihren beschränkten Öff­nungs­zei­ten mehr. Auch Bügeleisen haben es mir nicht angetan. Schicke Blusen kaufe ich oft im Doppelpack. Im Beruf müssen wir hochwertige Kostümchen und Anzüge tra­gen. Ich lasse sie mir (nach dem Modell eines Lieblingsexemplars) von der Än­de­rungs­schnei­de­rin nachnähen, die das Schneiderhandwerk gelernt hat. Dann kommt auch keine papierartige Gaze zwischen Obermaterial und Futterstoff, die beim Kon­takt mit Wasser im Zweifelsfall sogar den teuersten Anzug schrumpfen lässt. Keine Markennamen!

Die drei weißen Blusen für die drei hochoffiziellen Tage landen im Koffer und im Ho­tel dann gleich im Badezimmer. Ausreichend heißes Wasser in die Wanne ein­las­sen, al­les auf Bügel in den Dampf hängen, Duschvorhang vorziehen, Ba­de­zim­mer­tür zu. Ich habe sogar eine kurze Wäscheleine im Reisegepäck, die sich einhaken und dann mit Saugnapf an der Fliesenwand festmachen lässt. (Und nein, der Saug­napf hat noch nie nach­ge­ge­ben. Für den Fall der Fälle habe ich noch ein elegantes weißes T-Shirt im Gepäck.)

Danach ist alles wie frisch gebügelt und kann dann bei offener Schranktür wieder trocknen. Wichtig: Hinterher Badezimmertür (und, falls vorhanden, -fenster) offen stehen lassen und lüften. Leinen, eine leicht strukturierte Seide und ein Baum­woll­misch­ge­we­be (3 % "was anderes"), siehe Foto, spielen da hervorragend mit. (Bitte keine "Traveloutfits" aus Mikrofaser für hunderte von Euros kaufen, denn Mi­kro­fa­sern sind das Asbest des beginnenden 21. Jahrhunderts.)

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Foto: C.E.

Sonntag, 8. Mai 2016

Grußpostkarte aus Schwerin

Ob geplant oder zufällig, Sie lesen hier in meinem digitalen Tagebuch aus der Ar­beits­welt. Ich bin Dolmetscherin für die französische Sprache (und aus dem Eng­li­schen). Heute folgt das Sonntagsfoto gleich doppelt. Denn während die Mit­be­woh­ne­rin in Berlin die Setz­linge für den Balkon wässert ...

Guillaume et Stéphane Malandrin, Caroline Elias, Je suis mort, mais j'ai des amis
Deutsche Festivalpremiere von "Ich bin tot, macht was draus!"
Auf Filmfestivals zu mo­de­rie­ren ist ei­ne mei­­ner Ne­ben­be­schäf­ti­gun­gen, die ich im­mer dann be­son­ders liebe, wenn aus­län­di­sche Gäs­te da sind, die zu­gleich ge­dol­metscht wer­den müs­sen. In ei­nem ers­ten Be­rufs­le­ben ha­be ich als Jour­na­lis­tin ge­ar­bei­tet. Da­von zeh­re ich noch heu­te.

So wende ich im Kino die ganze Bandbreite meiner Fähigkeiten an und erweitere sie, denn manches Interview vor Publikum führe ich inzwischen auch auf Englisch.

Sehr spannend war dieses Mal die Selbstbeobachtung, dass meine Vorbereitung hier eine andere sein muss als im Dolmetschen. Der deutschen Grammatik wegen sind wir Dolmetscher ja immer extrem vorbereitet, wir lesen viel, hören, sofern es Audiodateien gibt, üben, erstellen Glossare, schreiben Exzerpte. Das deutsche Verb steht am Ende, im Französischen kommt es früher. Oft nutzen wir beim Si­mul­tan­dol­met­schen die Sa­la­mi­tak­tik, sagen schon mal das, was feststeht, und rennen dann sprachlich hinterher. Dabei hilft, dass wir in der Regel aufgrund der Vor­be­rei­tung wissen, wie der Satz zu Ende geht. Würde der Redner nicht kommen, könnten wir die Sache im Grunde auch alleine bestreiten.

Mann mit Stelzen unter dem Anzug schreitet durch Schwerin
Auf dem Weg ins Kino
In der Livemoderation soll­te ich mich mit der Vor­be­rei­tung ein wenig zurückhalten. Ich le­se Texte zur Per­­son, zu den Schauspielern, den Drehorten oder der Story, da­mit ich ein Gerüst habe. Zusätzlich hat jeder von uns hüb­­sche Jo­ker­fra­gen im Ärmel. Und in der Re­gel ken­ne ich na­tür­lich den Film, um den es geht (*). Vor al­lem aber muss ich Raum für Im­pro­vi­sa­tion lassen.

Ich muss auf das Gegenüber eingehen, auf Saalereignisse, Kommentare von Sitz­nach­barn oder Gelächter an bestimmten Stellen einbeziehen. Dolmetschen ist Stu­dio­fo­to­gra­fie, bei der allerdings viel improvisiert werden muss; journalistische Ge­sprächs­füh­rung hat im Idealfall auch etwas mit Schnappschüssen zu tun.

Neulich bin ich fast über das Mikrofonkabel gestolpert und habe das in die Mo­de­ra­tion eingebaut. Vor allem aber muss ich mir die journalistische Neugier auf die Gäs­te erhalten. Mir wurde dieser Tage beim Filmkunstfest Mecklenburg-Vor­pom­mern in Schwerin klar, wie sehr mir Live-Situationen liegen.

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Fotos: C.E. und Stefan Koeck (Guillaume
und Stéphane Malandrin, die Autorin)
(*) ... oft auch viele frühere Werke ...

Samstag, 7. Mai 2016

Übergangsphasen

Bon­jour, gu­ten Tag! Was uns Sprach­ar­bei­ter so um­treibt, ist seit mehr als neun Jah­ren Ge­gen­stand die­ses Blogs. Ich ar­bei­te mit den Sprachen Französisch und Englisch.
Mein Link der Woche ist heute die ge­ball­te Ladung Politik und Zeitgeschehen. Ich lese ja sehr gerne ausländische Zei­tun­gen, der Sprachen wegen, aber auch die Schweizer Presse gehört dazu. Heute der Historiker Philipp Blom im Gespräch mit David Hesse und Bernhard Ott: "Wir werden ärmer werden". Der Ge­schichts­wis­sen­schaft­ler interessiert sich sich für die Schar­nier­punk­te in der Geschichte. In einer solchen Epoche leben wir.

Vokabelnotiz
époque charnière — Übergangsphase

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Logo: Tagesanzeiger

Freitag, 6. Mai 2016

Über Titel

Was Dolmetscher und Übersetzer so umtreibt, das können Sie hier im zehnten Jahr mitlesen. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik, Wirtschaft und Handel, Soziales und Kultur —  besonders Film und Medien. Während die Mitbewohnerin in Berlin die Setzlinge gießt, bin ich mal kurz in Schwerin.

Ganz früher, noch zu Stummfilmzeiten, hießen sie "Tafeln". Heute stehen Titel meistens unten, also in Mitteleuropa, ist der Platz zu knapp, kann aus dem Unter- schon mal ein Übertitel werden. Schriften, die sich von unten nach oben lesen, finden am Bildrand ihren Platz.

In Japan stehen die Titel an der Seite
Hier fehlt beim wunderbaren Film "Tokyo Fiancée" von Ste­fan Liberski nach dem gleich­na­mi­gen Roman von Amélie Nothomb ganz eindeutig weiterer Platz unten im Bild, denn die Ausgangstitelsetzer und -größeneinsteller hatten keine Ahnung davon, dass eine weitere Sprache hin­zu­kom­men sollte.
Der Film ist von 2014 und gilt damit als alt.

Der Sales Agent hat sich leider nicht die Mühe gemacht, eine Version ohne Un­ter­ti­tel zur weiteren Bearbeitung zu senden. Für weiteres Insistieren bei Regisseur und Produktion fehlt im Festivalvorbereitungsalltag dann das Personal. Internationale Weltvertriebe (Sales Agents) sehen Filme als schnell verderbliche Ware. Das gefällt mir gar nicht, denn es stimmt nicht. Filme sind immer auch Kultur.

Ach, es lässt sich über alles promovieren, sogar über Übertitel; und manche Un­ter­ti­tel, die unsereiner so auf Festivals oder im TV sehen muss, sind deshalb un­ter­ir­disch, weil die Honorare der Untertitler so stark gefallen sind. Halt, nein, nicht "gefallen", sie sind gedrückt worden, es handelt sich hier nicht um ein Na­tur­phä­no­men (wie ein fallender Hochwasserstand z.B.) ... Was einst ein echter Beruf für erfahrene, ausgewachsene Menschen war, ist zum Gelegenheitsjob für Schüler und Studenten im Grundstudium verkommen (worden). Die Schuld dafür tragen einige Firmen, Agenturen und Sprachmakler, aber auch manches Festival stellt sich nicht die Frage nach der Bezahlung jener, die die Arbeit am Ende wirklich machen. Das sollte sich ändern. Festivals, wir müssen reden.

Gleich noch eins. Liebe deutsche Verleihfirmen: Ich weiß nicht, ob Ihr den Film von Liberski wahrgenommen habt, nicht nur ich fand ihn ganz ausgezeichnet, ein Berliner Kino hätten wir bereits, das ihn gerne spielen würde, vielleicht gibt's in Belgien ja auch eine Förderung zur Herausbringung.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 5. Mai 2016

Randnotiz

Hello, bonjour, guten Tag! Hier schreibt eine Dolmetscherin über Randbemerkungen aus ihrem Arbeitsalltag.

Das Thema ist "randig", sagte ein Redakteur einst­mals zu mir bei ei­nem schwie­ri­gen The­ma, und es hat wie "ranzig" ge­klun­gen. So oder so ähnlich werden manche Themen von deutschen Medien behandelt: Im Grunde gar nicht. (Daher wundert es uns nicht, dass die Damen und Herren bis heute in der Regel die Be­rufs­be­zeich­nun­gen Übersetzer und Dolmetscher fälschlicherweise wie Synonyme verwenden.)

Die Arbeits- und Lebenswelten ganzer Berufsgruppen finden so in der deutschen Öffentlichkeit nicht statt. Das Feld Dolmetschen und Übersetzen gehört dazu. Mit dieser Arbeit geht es uns so wie Putzfrauen, Aufnahmeleitern und 99 % der Köche: Sie fällt nur auf, wenn sie nicht gut gemacht ist.

Do not jump from the margin / Nicht vom Rand springen
Nasser Seitenrand
Die Nichtwahrnehmung hat in den letzten Jahren zu einer totalen Unterschätzung ge­führt. Mit gravierenden Fol­gen, denn wer Un­ter­schät­zung sagt, muss auch Über­schätz­ung sagen: Die Kollegin der Freun­din wird über­schätzt, der be­rufs­frem­de, smarte und durch­aus sprachkundige Mensch, die Software.
In New Delhi durfte der­mal­einst ein junger Stu­dent die Ge­schäfts­an­bah­nung zweier Handelspartnern aus zwei Ländern dolmetschen.

Auf eine Frage hin antwortete der Deutsche: "Das ist mir Wurst!" Der "Übersetzer" darauf: "Sir, he is offering you sausages ..." Diese Würstchen sind hier als "Bröck­chen" zu lesen ... aus dem Geschäft wurde nichts ... so berichtet von einem Kol­le­gen.

Die Berliner Bäderbetriebe haben neulich in Spandau auch Dr. Gargoyle oder einer anderen selbstberufenen Kapazität mehr vertraut als den zweisprachigen Mittlern. Das Ergebnis hier: randig, total randig!

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Foto: Angelika Abel

Brandwand

Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Was Dolmetscher für Französisch (und Über­­set­zer) möglicherweise so umtreibt, können Sie hier verfolgen. Ich werde in Chem­nitz und Calais tätig, Paris und Pirmasens, Schwerin und Schiltigheim und überall dort, wo ich gebraucht werde.

Ein Bild, das in Berlin immer seltener wird: Die Brandmauer, an der sich die Stockwerke des verschwundenen Nachbarhauses abzeichnen.

Brandmauer und altes Haus
Gesehen in Berlin-Schöneberg
Oft waren die Eckhäuser von Straßenkreuzungen und Plät­zen besonders betroffen, denn bei der Befreiung von Berlin wurde Straße für Stra­ße gekämpft und das Eckhaus stand dann immer besonders unter Beschuss.
Besonders eindrucksvoll wa­ren Orte, bei denen das Eck­­haus komplett gefehlt hat und Brand­­mau­­er auf Brand­­mau­er ge­sto­ßen ist.

Das hat auf mich dann immer so gewirkt, als stünde ich im Hochgebirge, ir­gend­ei­nem Naturschauspiel gegenüber. Um das einzufangen, hätte ich hier näher ran­ge­hen müssen. Das hat ein hoher Zaun mit oller Werbung drauf leider verhindert.

Vokabelnotiz
le mur coupe-feu — Brandmauer/-wand
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Foto: C.E.

Mittwoch, 4. Mai 2016

Warum Profis?

Hallo, bonjour, hello auf meinen Blog­seiten aus dem Le­ben einer Pro­fi­dol­met­scher­in. Hier schreibe ich im neunten Jahr über die Arbeitswelt der Sprachen. Ich arbeite in Ulm, Schwerin, Lyon, Pa­ris, Cannes und Berlin, kurz: dort, wo die Kunden mich brauchen.

Schreitender dunkelhäutiger Knabe mit Handy vor zünftigem Wandersmann als gezeichnete Abbildung
Wanderer unter sich
Leider habe ich schon wieder ein Ar­gu­ment für den Einsatz von Pro­fi­dol­met­schern im Bereich Flucht und Migration.

Mindestens ein Laiensprachmittler über­trägt willentlich falsch Interviews und macht falsche Angaben über seine "Kun­den", die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Berlin vor­stel­lig wer­den. Darüber bringt das Dradio Wissen einen aktuellen Beitrag. Abraham Z., so heißt es, übertrage als Mitarbeiter des BAMF in Spandau absichtlich im Sinne des Regimes in Eritrea. Er gebe wiederholt falsche Daten und Geburtsorte an, die zu Widersprüchen und Abschiebungen führ­ten.

Er gilt als regimetreuer Eritreer, der den Geflüchteten bewusst schaden wolle. DRadio-Wissen-Reporter Timo Nicolas berichtet über diesen Fall, für den es zahl­rei­che Zeugen gebe. Leider thematisiert der Beitrag nicht den Unterschied zwi­schen professionellen Dolmetschern und Laiensprachmittlern.

In Fachkreisen, in denen ich mich umhöre, wird von mehreren "Dolmetschern" gemunkelt. Ich nehme an, dass sie nicht beeidigt sind. Die Tageszeitung taz hat schon letztes Jahr darüber einen Artikel veröffentlicht.

Irgendwie fällt mir dazu langsam nichts mehr ein.


EDIT: Report München hat gestern über weitere Fälle aus Köln und anderen Orten berichtet. Das Problem hängt nicht nur damit zusammen, dass es zu wenig professionelle Dolmetscher gibt, sondern auch damit, dass die Behörden immer seltener 75 Euro die Stunde (auch für Fahrtzeiten) zahlen möchten und daher oft auf Lai­en­sprach­hel­fer zurückgreifen.

Profis haben die nötige Distanz, und in schwierigen Momenten kennen sie auch Mittel und Wege, um die eigene seelische Gesundheit zu schützen.

Weiteres Problem, und das hat nicht nur die ARD: Die Vermischung der Begriffe Dolmetscher und Übersetzer. Es handelt sich hier um zwei unterschiedliche Berufe in ein- und demselben Arbeitsfeld. Außerdem müssen die Berufsbezeichnungen von uns Profis endlich geschützt werden, daher der Begriff des Lai­en­sprach­hel­fers bzw. Sprach­hel­fers.
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Foto: C.E. (Gesicht per Photoshop verändert)

Dienstag, 3. Mai 2016

Kopf kühlen

Bienvenue, willkommen! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Meine Arbeit bringt mich regelmäßig nach Lyon, Lübeck, Paris, Potsdam, Berlin und Bordeaux ... und an den heimischen Küchentisch.

30 Gläschen mit verschiedenfarbenen Perlen in Schubladeneinsätzen
Vorrat, schnell verstaut
Am ersten Maiwochenende durfte ich mir den Kopf kühlen. Nach anstrengenden Dol­metsch­ein­sät­zen folgen regelmäßig Pau­sen, in denen unsereiner nicht so wort­ge­wal­tig ist wie normalerweise. Das Gehirn ist in Ruheposition. Es gleicht aus, was es an übergroßen Anstrengungen zu­vor ge­leis­tet hat.
In solchen Momenten geht's ab ins Grüne, gerne mit Freunden, die mich auch mit kleinen Wortfindungsstörungen tolerieren.

Ansonsten greife ich (zu allen Jah­res­zei­ten) gerne zu Pinsel und Perlen. Im Fa­mi­lien- und Freundeskreis bin ich inzwischen für meinen Output als Ge­schen­ke be­kannt.

Ich mag es, manchmal nur in Farben und Formen zu denken.

Perlenketten mit Verschenkbeutel
Ketten mit Stoffbeutel (auch für Bulkware nutzbar)
Wenn sich das Gehirn halb­wegs erholt hat, schalte ich schon wieder Podcasts ein zu Themen, die mich in­te­res­sie­ren.

Oder ich folge einfach nur fremdsprachigen Hör­bü­chern und erhole mich gleichzeitig von der nicht sehr er­bau­li­chen Weltpolitik.

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Fotos: C.E.

Montag, 2. Mai 2016

Miaou

Hal­lo, bon­jour, hel­lo! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin. Mein Kopf ist auf Französisch gepolt, außerdem dolmetsche ich immer wieder aus dem Eng­li­schen. Die Unterschiede zwischen den Sprachen sind immer wieder faszinierend.

Eine deutsche Kollegin von mir spricht mit allen Katzen Französisch. Wie das kommt? Ganz einfach. Sie hatte als Kind mal schlechte Erfahrungen mit einem Stubentiger gemacht und diese erst in ihren Jahren in Frankreich überwunden.

Fortan sprach sie alle Katzen, die ihre Wege kreuzten, mit einem französischen "Miaou" an und behauptete felsenfest: "Alle Katzen sprechen Französisch!"

Mich hat sie überzeugt. Wie Tiere in anderen Sprachen klingen, ist hier zu hören.


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Film: Arika Okrent / YouTube

Sonntag, 1. Mai 2016

Hört auf diese Stadt

Beim Lesen eines Textes kam Ihnen heute etwas spanisch vor? Mit dieser Sprache können Ihnen Kolleginnen und Kollegen weiterhelfen, mein Fach sind da eher Französisch und Englisch. Bei Fragen zu unserer Arbeit leihe ich Ihnen gerne mein Ohr. Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin über den Arbeitsalltag. Heute: Sonntagsfoto!

Riesenohr, Zementwerk im Hintergrund
Am Puls der Zeit
Kundenanruf, ein Angebot von uns kam der Empfängerin komisch vor, nur leider war es deshalb komisch, weil sie ihre Erwartungen nicht vorab mit der Realität abgeglichen hatte. Unsereiner muss dann "Samtohren" haben, den Subtext mit­hö­ren, Fragen stel­len, die Ge­sprächs­part­ne­rin erstmal vor­sich­tig einen Schritt zu­rück­tre­ten lassen.

Jahrelanges Training hat uns geschult, und die Dolmetscharbeit sowieso. Subtexte bekommt unsereiner immer schneller mit als andere. Das kommt sicher vom Beruf.

Wir müssen uns ja immer stark in andere hineinversetzen.

Mittagspause am Rande Kreuzbergs am ersten wirklich sonnigen Tag des Monats April. Das große Pappmaché(?)ohr sticht mir ins Auge. Es scheint meine Ar­beits­wo­che zu symbolisieren: Verhandlungen, die mit Samtohren (und Samthandschuhen) zu führen waren, unterschiedliche O-Töne sowie direkte Berichte aus der Arbeit mit Geflüchteten — von den Betroffenen selbst. Außerdem: Förderung eines Pro­jek­tes von Migranten und Geflüchteten für die eigene Zielgruppe.

Hört auf diese Stadt! Was Berlin dem Rest der Republik voraus hat, ist die Er­fah­rung mit Zu­ge­wan­der­ten in großer Zahl. Es gibt gute und schlechte Beispiele; aus allen ist zu lernen.


Vokabelnotiz  
prête-moi ton oreille (wörtlich: leih' mir dein Ohr) — hör' mal (ge­nau) zu
ins Auge stechen  — (visuell) auffallen —sauter aux yeux (in die Augen springen)
jemanden mit Samthandschuhen anfassen — mettre des gants avec qn. [fam] (bei jemandem die Handschuhe anziehen)
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Foto: C.E.