Samstag, 28. Februar 2015

Audio Lingua

Ob ge­plant oder zu­fäl­lig: Sie le­sen hier ei­ne Sei­te mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs. Als Dolmetscherin und Übersetzerin notiere ich, was mir in unserer heu­ti­gen Welt auffällt, und ich schreibe übers Sprachenlernen.

Zum Sprachenlernen ideal: Mit Muttersprachlern sprechen. Sind keine verfügbar, hilft das Radio des jeweiligen Landes weiter, das heute, Internet sei dank, von überall her gehört werden kann. Was aber, wenn die Hörfunksendungen noch zu schwer sind?

Audiodateien von Muttersprachlern, nach Lernniveau sortiert, bietet "Audio Lin­gua" gratis zum Abhören und zum Herunterladen an. Zehn Sprachen werden an­ge­bo­ten. Eine gute Idee, wie ich finde, daher ist die Seite mein "Link der Woche".


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Foto: Audio Lingua

Montag, 23. Februar 2015

Vite, ta mine !

Hallo! Sie lesen hier im Arbeitstagebuch einer Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache, die in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Bildung tätig ist.

Organgefarbener Inhalt auf schwarzem Granit
Eine Batterie Orangensaftgläser
Schnell einige Vitamine, auf Französisch la vitamine, fast gleichlautend mit der Über­schrift! Darf's etwas mehr sein? Derzeit schon! Die Win­ter­grip­pe ver­misch­te sich in ihren letzten Ausläufern bei vielen von uns mit dem Ber­li­na­le­vi­rus. Damit meine ich jetzt nicht je­nen Ba­zil­lus, des­sen Kur im Be­trach­ten mög­lichst vieler Fil­me be­steht.

In der Zeit der Rekonvaleszenz pausiert dieser Blog ein wenig. Anfragen für Dol­metsch­ein­sätze werden weiterhin regelmäßig entgegengenommen, das Büro ist täglich kurz besetzt.

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Foto: © 2015 Peter Panorama Pictures

Freitag, 20. Februar 2015

Ausdrücklich marktfähig

Guten Tag (oder guten Abend)! Sie sind auf den Seiten meines digitalen Ar­beits­ta­ge­buchs gelandet. Hier denke ich über Spracharbeit nach.

Auf dem Woche­markt bei uns in der Straße wird DAF gepflegt, Deutsch als Fremd­spra­che: "Vier Punkt zwei Euro kostet das!" lautet eine Preis­aus­kunft, wäh­rend vom an­de­ren Ende der Reihe laut einer "Angeburt, Angeburt!" ruft.

Diesen Markt und seine sprach­lichen Eigen­heiten beob­achte ich schon lange. Es wird nie langweilig.

Champignon oder Champion?
Den Apfel GRANNY SIMITIS mag ich ebenso gerne wie die Auf­for­derung ESST KAT­SA­NIEN. An einem Stand werden Pilze feil­geboten, über denen das Schild SHAMPION thront. Ich grinse, greife zum Foto­ap­pa­rat, die Verkäuferin sieht ge­na­uer hin, was mir da auf­ge­fal­len ist, schüttelt den Kopf und legt das Schild kom­men­tar­los auf die Äpfel zwei Körbe weiter.

Das will mir trotzdem nicht gleich ein­leuchten, der Kopf rödelt. "Sind das die Preis­trä­ger­äpfel der letzt­jährigen Ernte?" frage ich vorsichtig. Der Frau leuchtet leider die Pointe nicht ein.

Zu Hause schlaut mich Dr. Gargoyle auf. Shampion sei ein Herbst­apfel und werde seit 1960 als Kreu­zung aus Golden De­licious und Cox Orange produziert, weiß Wi­ki­pe­dia. Die Sorte stamme aus Tschechien. Hm, ist das jetzt ein histo­rischer tsche­chisch­ty­pi­scher Fehler im Engli­schen?

EDIT: Oder aber das Schild wur­de von türki­scher Hand ge­schrie­ben und der/die Schreiber:in hat zu viel an Sport gedacht? Şam­piyon ist das tür­ki­sche Wort für Cham­pion.

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Foto: C.E.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Traumnotizen

Bonjour, bienvenue, welcome ...! Was mich als Dolmetscherin und Übersetzerin so umtreibt, lesen Sie hier. Der Arbeitsalltag verändert auch die nicht aktiven Mo­men­te des Tages und der Nacht.

Im Traum. Ich mache Notizen zu einer Rede, die gehalten wird. Wir befinden uns auf einem festlichen Abendessen, mich hat das Ansinnen der Rednerin kalt er­wischt, denn eigentlich bin ich privat dort. Die Rednerin sieht mich schreiben und erbittet, kaum dass sie ausgeredet hat, das Grund­kon­zept ihrer Aus­füh­run­gen.

Beispiel für unsere Kürzel
Ich hatte es auf die linke Pa­pier­sei­te geschrieben, rechts meine Vokabelnotizen. Zuvor gebe ich aber die Rede in ei­ner anderen Sprache wie­der. Ich fixiere die Zeichen, lese, spreche flüssig. Beim Zer­rei­ßen des Blattes fällt mir auf, wie akkurat die Reißlinie ist. Ich denke, dass ich mir zu­hau­se die Vokabeln gleich in meine Lexik einpflegen wer­de. Ich schaue genauer hin, frage mich jetzt erst, um wel­che Sprachen es eigentlich geht.

Über allem schwebt das beruhigende Gefühl, durch das Aufschreiben das We­sent­li­che gesichert zu haben. Dann wache ich auf. 

Im Büro geht es weiter mit Paris unter den deutschen Besatzern, zwischendurch schmökere ich nochmal in einem von uns im Team übersetzten Drehbuch, das auf der Berlinale als fertiger Film endlich in Augenschein genommen werden konnte. Immer wieder spannend, wie sich Stoffe entwickeln, was durchs Spiel der Schau­spie­ler bzw. die Entscheidungen der Regie hinzukommt (viel!) und wo ich nicht mit der Umsetzung ein­ver­stan­den bin (wenige Stellen, aber vorhanden).

Und dann darf ich neben dem allgemeinen Rechnungswesen auch noch Kollegen in einer anderen Sprache als meinen Arbeitssprachen finden. Zum Glück gibt es das Netzwerk, über das wir uns aus eigener |Anschauung| Anhörung gegenseitig em­pfeh­len. Ach ja, und es fiel der Satz: "Geld spielt keine Rolle." Traumhaft.

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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 17. Februar 2015

POV VI: Vorbereitungen

Willkommen et bienvenue beim Arbeitstagebuch einer Französischdolmetscherin und -übersetzerin aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Meine Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch und (passiv) Englisch. Heute wieder: die rasch erzählte Subjektive (Point of view).

Hände im Februarlicht
In Berlin ist es nachts um null Grad, tags Spaziergehwetter im zweistelligen Bereich. Wenn nur die Spätfolgen der Berlinale nicht wären! Re­gis­seu­rin­nen (*) aller Länder, trefft Euch am Potsdamer Platz, lautet jeden Februar die Parole. Viren und Bak­te­ri­en treffen sich da auch. In der Folge ist vieles leicht ver­lang­samt.

Sogar die Finger sind erst noch nicht wieder so schnell, wie sie vor dem Festival waren. Mein Hinterkopf wundert sich, wie sie wieder ins blinde Tippen gelangen, das berühmte Neun-Finger-Blindsystem. Denn die Vorbereitungen der nächsten Wo­chen müssen laufen: Die Fragen der französischen Kollaboration in Paris be­schäf­ti­gen mich ebenso wie die Drehbarkeit mancher Motive, die Beschaffung und die Rech­te­la­ge historischer Fotos. Hinzu kommen einige Kostenvoranschläge und Buch­be­stel­lun­gen. Und meine Danksagungen für den einen und den anderen Ber­li­na­le­empfang |müsssen| dürfen auch noch zur Post.

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Foto: © 2015 Peter Panorama Pictures
(*) und natürlich auch die Regisseure  

Montag, 16. Februar 2015

Berlinalegeflüster, müde

Bonjour, gu­ten Tag! Sie lesen auf den Seiten des ersten Blogs Deutschland aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Es gibt Tage, da spielt die Musik woanders ...

Nach der Berlinale dominiert die Müdigkeit, dieses Mal durch den Berlinale-Grip­pe­vi­rus verstärkt. Meine Berichterstattung war dieses Jahr ob der komplett |un­ge­plant| unplanbar verlaufenen Festspiele nicht nur schleppend, sondern geriet völ­lig ins Stocken. Die nächsten Tage werde ich das nachtragen — zwischen den ein­zel­nen Schlaf­pha­sen.


Beispiele für Dolmetscherträume: "Fraktur" und "keine Rolle".

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Illustration: C.E. (von 2012)

Freitag, 6. Februar 2015

Berlinalegeflüster, eilig

Hallo und will­kommen auf den Sei­ten des di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs einer Dol­met­scherin mit den Fachgebieten Politik, Wirtschaft, Kultur und Kino. Derzeit bin ich mit einem Bein auf der Berlinale und habe auch noch Kapazitäten frei.

Blick aus dem Festivalpalast auf den roten Teppich
POV Dolmetscherin auf roten Teppich
Berlinale mit neuem Spielort Küche, die Zwote. Das Gute zuerst: Wir Dolmetscher können vorab jetzt immer unsere Ar­beits­fil­me sehen. Nun in Moll: Nur selten sehen wir sie im Kino, sondern als Streaming im Büro oder zu Hause. Dazu gibt es feste Sichtungstage, dabei darf darf das Brow­ser­fenster nicht schließen und neu an­fan­gen wollen, sonst ist der Film perdü.

Das Programm darf auch nicht abstürzen. Denn wenn ich nach 18.00 Uhr sichte (ab dann ist der |Betreuer| Com­pu­ter­nerd in der PR-Agentur nicht mehr er­reich­bar), kriege ich das Filmende erst am Folgetag zu Gesicht. Also kein Ausstieg bitte, lieber Rechner, denn der Film ist für den Abend.

Die Honorarverhandlungen gestalten sich heuer manchmal als bizarre bizarre, vous avez dit bizarre! An diese Replik aus Drôle de Drame von Marcel Carné muss ich denken bei dem, was ich (mich sagen) höre. Komisch also.

Ein Kunde splittet Interviews und Sichtung in drei Phasen auf. 1. Tag: Sichtung in einer Marktvorführung, anschließend 20 bis 30 Minuten Kurzinterview. 2. Tag: Zwei Interviews fürs TV von je 30 Minuten. 3. Tag (oder 2. Tag abends): Drei Runden press junkets, also Gruppeninterviews. Für die ganze Luzie möchte er 250 Euro springen lassen. Inklusive An- und Abreisen, etwas Zeitpuffer vorneweg und Sehen eines früheren Films des filmkünstlerisch tätigen Menschen kämen wir da auf 42,43 Euro die Stunde. Zuerst hat mich aber erstmal der Zeitaufwand geschockt.

Schon 2014: Kitchen Films
Was für ein Gerenne! Aber es könnte passen, trotz aller Eiligkeit. Ich nenne unsere normalen Preise und die Gründe dafür. Wir verhandeln wie die Besenbinder. Dann glaube ich, mich verhört zu haben: "Ja, dann heiraten Sie doch reich!", lässt der Anrufer fallen. Zum Glück bin ich spontan: "Sind Sie eigentlich noch zu haben?" Es entsteht eine peinliche Pause.

Sie dauert verdammt lang an. Dann erschallt befreiendes Lachen, dem Anrufer wird die Absurdität seiner Bemerkung bewusst. Wir einigen uns auf einen Preis, der sich für beide Seiten gut anfühlt.

Verhandeln gehört zum Geschäft. Notiz an mich: Das war jetzt eine Filmszene. Aber von keinem guten Film.

Hier noch bizarre, bizarre, weil's immer wieder schön ist!

                 
           Louis Jouvets Worte haben Sprichwortcharakter in Frankreich


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Fotos: C.E.

Donnerstag, 5. Februar 2015

Sprachhelfer

Hallo und herzlich willkommen. Sie lesen in meinem digitalen Arbeitstagebuch. Ich dolmetsche aus dem Französischen (und ins Französische) sowie aus dem Englischen. Bevor's mit der Berlinale richtig losgeht, hier noch ein anderes aktuelles Pro­blem­feld.

Vater, Mutter, Kind
Auf neuen Wegen
Derzeit treffen in Europa vie­le notleidende Flücht­lin­ge ein. Sie landen auf einem krisengebeutelten Kontinent mit vielen besorgt drein­schau­en­den Kämmerern.

Damit aus der Konstellation keine größere hu­ma­ni­tä­re Katastrophe wird, en­ga­gie­ren sich hierzulande nicht wenige Dolmetscherinnen und Dol­met­scher ehrenamtlich.

Weil die Nachfrage das Angebot weit übersteigt, stehen uns oft Laien zur Seite, die neuerdings professionell koordiniert werden, auch von wohlhabenden Ein­rich­tun­gen wie den Kirchen oder staatsnahen Stellen.

Nun ist es immer wieder zu begrüßen, wenn Menschen mit Kenntnissen und Le­bens­er­fah­rung in ihrer Freizeit anderen helfen. Es ist auch erfreulich, dass es wiederum andere Menschen gibt, die sie darin unterstützen! Das kurz vorab.

Allein: Die Situation an sich kann Risiken bergen, und zwar für mehrere Seiten.

Lebensgefahr!

Einerseits kann es gefährlich werden, wenn ein Laie im Krankenhaus das Gespräch zwischen Ärzten und Schwerkranken überträgt. Todesopfer sind bereits zu be­kla­gen. Es drohen aber auch Gefahren für den Berufsstand der Sprachmittler, die nicht unerheblich sind.

In Zeitungen und Stadtteilblättern häufen sich derzeit die Artikel, dass in Hei­del­berg, Villingen-Schwenningen und anderswo "ehrenamtliche Dolmetscher" gesucht werden. Gemeint sind allerdings Menschen mit Sprachkenntnissen, und angelernt im Umgang mit schwierigen Kommunikationssituationen werden schließlich Men­schen, die sonst Kinder und Haushalt pflegen oder Rentner und Schüler mit höchst unterschiedlichen Vorkenntnissen. Am Ende werden sie als Familienbegleiter und Sprachhelfer eingesetzt und begleiten Flüchtlinge entgeltfrei (oder für eine Auf­wands­ent­schä­di­gung) beim Gang ins Amt oder zum Arzt. Städte oder Kran­ken­häu­ser nennen den Vorgang auf Neudeutsch "Community Interpreting".

Leider können solche Berichte bei Menschen, die bislang kaum Kontakt mit Dol­metsch­pro­fis hatten, den Eindruck entstehen lassen, dass man Sprachbegabte schnell zu Dolmetschern umschulen kann und dass sie am Ende nicht viel (oder gar nichts) kosten.

  Gefahr für einen Berufsstand                 

Dolmetschpult mit Blick auf den Roten Salon
Diskussion über die Flüchtlinge "sans papiers"
Auf mögliche Risiken und Nebenwirkungen für die "Endkunden" habe ich ja bereits hingewiesen. Was sich für uns profes­sion­elle Dolmetscher daraus ergibt, er­le­ben wir täglich: Menschen, die amtlich be­glau­big­te Übersetzungen brauchen und aus den Wolken fallen, dass diese Dienst­leis­tung nicht gratis ist; PR-Mitarbeiter oder Vertreter der Industrie, die für Messe, Markt und Pressearbeit eine "Nach­wuchs­kraft" für 200 Euro pro Tag anheuern möchten, von der sie aber 200 Prozent Einsatz und Professionalismus erwarten. Oder eben Leuchttürme der Berliner Kul­tur­land­schaft, die mit Nicht­pro­fis ar­bei­ten, sie möglicherweise sogar in eine echte Kabine setzen, was das Ergebnis allein nicht verbessern kann.

Schon vor drei Jahren wurde uns nach einem solchen höchst unprofessionellen Auf­tritt eines Fachfremden (Link, Bsp. B) mitten in der Auftragsverhandlung ab­ge­sagt; man habe sich jetzt für einen englischsprachigen Referenten entschieden, schrieb der Ver­an­stal­ter, Dolmetschen sei keine Lösung. Was natürlich ein Irrtum ist. Den Beweis durf­ten wir nicht liefern.

Mehr Trennschärfe, bitte!

Unser Berufsstand wird längst massiv beschädigt, und zwar als Folge aufgeweichter Begriffe. Ich bin vehement gegen den Begriff "Community-Dolmetscher". Nun ist die Berufsbezeichnung "Dolmetscher", anders als die von Ärzten oder Apothekern, zwar nicht juristisch geschützt, sie ergibt sich aus dem Studium und/oder der (mehrjährigen) einschlägigen Erfahrung.

Doch wäre es keine große Sache, die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe ein­fach anders zu benennen: "Sprachhelfer" lautet mein Vorschlag. Und ja, der eine oder die andere wird sich am Ende durch jahrelange Erfahrung so profilieren, dass wirklich ein Beruf daraus werden kann. Dann können Universitäten, Verbände und Verwaltung sie nachschulen und prüfen, um sie zu beeidigen. Das ist der Praxisweg hinein in professionelles Dolmetschen.

Kind mit Dokumentenmappe
Dokumente hier entlang
Last but not least gibt es auch unter uns Dolmetschern viele Vollprofis, die re­gel­mä­ßig ehrenamtlich tätig sind. Ohne sprachliche Differenzierung kann uns von außen bislang niemand von den Sprach­hel­fern unterscheiden. Und wir freuen uns auch über Ärzte, die für die Kriegsopfer ohne Entgelt tätig sind.

Allerdings kommt niemand auf die Idee, ehrenamtliche Pflegehelfer allein auf­grund ihres En­ga­ge­ments "eh­ren­amt­li­che Ärzte" zu nennen, oder?


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Fotos: C.E.

Mittwoch, 4. Februar 2015

POV V: Synchronsouffleuse

Bonjour und gu­ten Tag! Hier bloggt eine Dol­met­scher­in und Über­setzerin. Heute folgt wieder meine Reihe POV, Point of view. Das ist der nur knapp kommentierte sub­jek­ti­ve Blick aus der Spracharbeit.

Ein neues Wort für das, was wir manchmal machen, lief mir heute über den Weg. Der Begriff ist zwar mehr eine Ver­ball­hor­nung unserer Tä­tig­keit, weist aber den Vor­teil auf, zwei Welten zu verbinden: die des Theaters und die des Films. Synchronsouffleuse al­so! So kam's dazu: Ein Kunde mit mäßig gu­tem Schul­fran­zö­sisch hat mich gebucht.

Point of view der Dolmetscherin
In den letzten Jahren hat er wohl überwiegend mit Eng­lisch zu tun gehabt. Wir sind in Berlin unterwegs, ich darf ihm die feh­len­den Wör­ter zu­flüstern. Dabei muss ich die ganze Zeit um die Ecke den­ken. Der Sprecher sagt l'agré­ment (deutsch: An­nehm­lich­keit, Be­wil­li­gung), denkt the agreement (Ver­ein­ba­rung, Vertrag) und meint aber (nur) l'accord (Abmachung).

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Fotos: C.E.

Dienstag, 3. Februar 2015

Dolmetschen in der Film-PR

Bon­jour, gu­ten Tag! Ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig sind Sie in mei­nem di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buch ge­lan­det. Ich übersetze und dolmetsche. Ganz selten ziehe ich ein äl­te­res Papier noch einmal hervor, wenn ich das Gefühl habe, dass es überaus aktuell ist. Unten eine Liste von 2008 mit neuer Intro. Und dieser Tage habe ich noch Ka­pa­zi­­ten frei.

Tür"schild" aus Papier auf ein Türblatt geklebt: "Berlinale Conference Room"
Letzte Vorbereitungen am Potsdamer Platz
Als junket wird a festive so­cial affair bezeichnet, das press junket ist a pro­mo­tion­al trip made at another's ex­pense, also Werbetouren und andere soziale Anlässe, die auf Kosten Dritter gehen. Im Film­festi­val­all­tag bezeichnen press jun­kets weniger die kurz­wei­li­ge Landpartie, denn die eng getakteten Grup­pen­in­ter­views mit Stars und Re­gis­seu­ren in Hotel- oder Kon­fe­renz­raum.

Sind mehrere Sprachen dabei vertreten, kommen wir Dolmetscher ins Spiel. Hier eine Check­liste, damit unsere Kundinnen und Kunden wissen, was wir in der PR leisten.

Im Vorfeld: Der/die Dolmetscher/in
— hat eine professionelle Ausbildung oder Zusatzausbildung als Dolmetscher ab­sol­viert
— hat einen Arbeitsschwerpunkt im Bereich Film
— fragt nach Material zur Vorbereitung, ggf. auch nach in Deutschland schwer be­schaff­ba­ren früheren Filmen des Filmemacher
— stellt Rückfragen zu Einsatzdauer, Pausen, Anzahl der Einzel- bzw. Fern­seh­in­ter­views
— hat Erfahrung im Dolmetschen von Presseinterviews

Woran können Sie das in der Dolmetschsituation erkennen?
— Der/die Dolmetscher/in verfügt über eine adäquate Notizentechnik, Vor­aus­setz­ung für detailreiche Verdolmetschung
— die Dauer der übersetzten Antworten entspricht grosso modo der Dauer der von den Filmschaffenden gegebenen Antworten
—mdie Übersetzung erfolgt nach einer kurzen Sprechpause, womit saubere O-Töne in der Originalsprache garantiert sind (es sei denn, die Journalisten bäten aus­drück­lich um simultane Übertragung)
— der/die Dolmetscher/in hat eine gute, geschulte Sprechstimme, deren Ver­dol­met­schung ggf. als "Overlay"-Stimme für Hörfunkbeiträge übernommen werden kann (dazu sollte die Stimme nicht so bekannt sein, dass sie einem bestimmten Sender zugeschrieben werden kann)
— die Filmschaffenden klingen in der Übersetzung unterschiedlich — denn eine 19-jährige Berufsanfängerin in der Ausbildung klingt auch im Original anders als ein erfahrener Schauspieler, der z.B. 1944 geboren wurde
— die Damen und Herren von der Presse bedanken sich bei der Dolmetscherin/dem Dolmetscher, bitten möglicherweise um Visitenkarten

Zögern Sie nicht, die Pressevertreter auch später noch nach ihren Erfahrungen zu fragen, z.B. zum Filmstart, ob sich die Übersetzung beim Schreiben der Beiträge als nützlich erwiesen hat. Die Fremdsprache ist der "Flaschenhals", durch den die Information hindurch muss. Nach den vielen Investitionen für Stoff­ent­wick­lung, Dreh, Post, Lizenzankauf, Sprachenfassung und PR sollten Sie nicht an pro­fes­sion­el­len Dolmetschern 'sparen'.

Hier das feed back eines Journalisten auf hohe Genauigkeit: Klick!

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Foto: C.E.

Montag, 2. Februar 2015

Drehbücher übersetzen

Hal­lo und herzlich will­kom­men. Hier bloggt ei­ne Über­setz­er­in und Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che. Meine Kunden kommen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Soziales und Kultur. Dieser Tage dreht sich einiges um Film.

Hände (der Autorin) mit viel Energie
Von Bach senior ist über­lie­fert, dass seine Kinder oft zur Stunde seines Einschlafens auf dem Tasteninstrument im Nebenzimmer aufspielen durf­­ten, um das Hin­über­glei­ten des Alten musikalisch zu begleiten. Die Tür zum Ne­ben­zim­mer war nur an­ge­lehnt, so dass die gleich­mä­ßi­ger werdenden Atemzüge des Schläfers zu hören waren.

Da soll sich wohl manches Mal ein Spross des Komponisten bereits vor Beendigung des Musikstücks aus dem Zimmer geschlichen haben. Der Überlieferung zufolge sei JSB daraufhin regelmäßig auf­ge­wacht und zum Instrument geeilt, um den Schluss­ak­kord zu spielen.

An diese Szene werde ich gerade wieder erinnert, als ich ein Drehbuch aus dem Französischen übertragen darf, in dem sich etwas ähnliches abspielt. Ob der fran­zö­si­sche Drehbuchautor diese Szene auch vor Augen hatte?

Vor das Festival hat der Gott des Films das Drehbuchschreiben gesetzt, im Falle von internationalen Koproduktionen und Festivalteilnahmen folgt rasch deren Über­setz­ung. Ich liebe Drehbuchübersetzungen. Ich ziehe mich gerne über Tage und Wochen in eine Thematik zurück, lese zum Stoff, male mir bei Bedarf Wort­fel­der, Redewendungen und Zitate aufs große Wandplakat, um stilistisch durchgehend zu texten.

Drehbuchübersetzungen fühlen sich stellenweise wie "Nach­dich­tung­en" an. Sie haben einen hohen kreativen Anteil. Ich darf z.B. auch Ar­beits­spu­ren, wie später eingeflochtene Passagen, die mir aufgrund zu vieler Wie­der­ho­lun­gen derselben Begriffe oder anderer Unstimmigkeiten auffallen, be­sei­ti­gen und damit das Buch eleganter gestalten, als es in der Vorlage ist. Ziel ist, dass sich auf der be­vor­ste­hen­den Berlinale deutsche Produzenten, Geldgeber und Re­dak­teu­re aufgrund der deutschen Fassung für das Filmprojekt begeistern.

Die Computertastatur heißt auf Französisch le clavier. Texte sind dann gut, wenn sie klingen, als wären sie Musik. Ich bin immer wieder froh, wenn ich meinen per­sön­li­chen Schluss­akkord selbst setzen kann, der darin besteht, den eigenen Namen in die letz­te Zeile zu tippen. Diese Nennung ist wichtig, denn es lassen sich, wenn alles gut läuft, später daraus Urheberrechte an der Übersetzung ableiten.

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Foto: © 2015 Peter Panorama Pictures

Sonntag, 1. Februar 2015

January, red dot, child

Willkommen auf den Seiten des ersten deutschen Blogs aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. In Berlin herrscht winterliche Ruhe.

Sogar mit Schnee, den alle genießen, weil er nicht lange bleibt.

Kanal, Fußgänger, rotgekleidetes Kind, Schnee und Eiffelturmminiatur zwischen den Pflanztöpfen
Blick vom Balkon des Arbeitszimmers (hier: Mitte Januar)

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Foto: C.E.