Auf neuen Wegen |
Damit aus der Konstellation keine größere humanitäre Katastrophe wird, engagieren sich hierzulande nicht wenige Dolmetscherinnen und Dolmetscher ehrenamtlich.
Weil die Nachfrage das Angebot weit übersteigt, stehen uns oft Laien zur Seite, die neuerdings professionell koordiniert werden, auch von wohlhabenden Einrichtungen wie den Kirchen oder staatsnahen Stellen.
Nun ist es immer wieder zu begrüßen, wenn Menschen mit Kenntnissen und Lebenserfahrung in ihrer Freizeit anderen helfen. Es ist auch erfreulich, dass es wiederum andere Menschen gibt, die sie darin unterstützen! Das kurz vorab.
Allein: Die Situation an sich kann Risiken bergen, und zwar für mehrere Seiten.
Lebensgefahr!
Einerseits kann es gefährlich werden, wenn ein Laie im Krankenhaus das Gespräch zwischen Ärzten und Schwerkranken überträgt. Todesopfer sind bereits zu beklagen. Es drohen aber auch Gefahren für den Berufsstand der Sprachmittler, die nicht unerheblich sind.
In Zeitungen und Stadtteilblättern häufen sich derzeit die Artikel, dass in Heidelberg, Villingen-Schwenningen und anderswo "ehrenamtliche Dolmetscher" gesucht werden. Gemeint sind allerdings Menschen mit Sprachkenntnissen, und angelernt im Umgang mit schwierigen Kommunikationssituationen werden schließlich Menschen, die sonst Kinder und Haushalt pflegen oder Rentner und Schüler mit höchst unterschiedlichen Vorkenntnissen. Am Ende werden sie als Familienbegleiter und Sprachhelfer eingesetzt und begleiten Flüchtlinge entgeltfrei (oder für eine Aufwandsentschädigung) beim Gang ins Amt oder zum Arzt. Städte oder Krankenhäuser nennen den Vorgang auf Neudeutsch "Community Interpreting".
Leider können solche Berichte bei Menschen, die bislang kaum Kontakt mit Dolmetschprofis hatten, den Eindruck entstehen lassen, dass man Sprachbegabte schnell zu Dolmetschern umschulen kann und dass sie am Ende nicht viel (oder gar nichts) kosten.
Gefahr für einen Berufsstand
Diskussion über die Flüchtlinge "sans papiers" |
Schon vor drei Jahren wurde uns nach einem solchen höchst unprofessionellen Auftritt eines Fachfremden (Link, Bsp. B) mitten in der Auftragsverhandlung abgesagt; man habe sich jetzt für einen englischsprachigen Referenten entschieden, schrieb der Veranstalter, Dolmetschen sei keine Lösung. Was natürlich ein Irrtum ist. Den Beweis durften wir nicht liefern.
Mehr Trennschärfe, bitte!
Unser Berufsstand wird längst massiv beschädigt, und zwar als Folge aufgeweichter Begriffe. Ich bin vehement gegen den Begriff "Community-Dolmetscher". Nun ist die Berufsbezeichnung "Dolmetscher", anders als die von Ärzten oder Apothekern, zwar nicht juristisch geschützt, sie ergibt sich aus dem Studium und/oder der (mehrjährigen) einschlägigen Erfahrung.
Doch wäre es keine große Sache, die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe einfach anders zu benennen: "Sprachhelfer" lautet mein Vorschlag. Und ja, der eine oder die andere wird sich am Ende durch jahrelange Erfahrung so profilieren, dass wirklich ein Beruf daraus werden kann. Dann können Universitäten, Verbände und Verwaltung sie nachschulen und prüfen, um sie zu beeidigen. Das ist der Praxisweg hinein in professionelles Dolmetschen.
Dokumente hier entlang |
Allerdings kommt niemand auf die Idee, ehrenamtliche Pflegehelfer allein aufgrund ihres Engagements "ehrenamtliche Ärzte" zu nennen, oder?
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Fotos: C.E.
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