Samstag, 31. Januar 2015

Tusen takk!

Willkommen, bienvenue & hello beim ersten deutschen Weblog aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Dieser Tage |quäle| arbeite ich mich durch die Buch­hal­tung und schreibe Kostenvoranschläge. Zwischendurch darf ich meine Garderobe pflegen.

Alte Garnspulen mit Papier- und Pappspindelkernen
Neulich war ich mal wieder mit einem guten Kunden am Ku­damm, weil er in ein be­stimmtes Geschäft wollte. Danach hätten wir gerne ein kleines Lokal aufgesucht. Die Zahl der Cafés am Kudamm wurde in den letzten Jahren stark verringert. Ich denke nur an das alte Möhring, in dem heute Kleidung verkauft wird. Anschließend hätten wir ins Kino gehen können.

Früher gab es das alte Astor in der Fasanenstraße an der Kudammecke. Auch hier zog ein Bekleidungsgeschäft ein. Neben dem Automobil- und Maschinenbausektor scheint der Handel mit Textilem der Kern unserer Volkswirtschaft zu sein.

Garn von Hugo Hopfe, Berlin
Und an einer Garnspule lässt sich unser Wirtschaftssystem erklären. Dazu später einmal, aber genau darüber habe ich dieser Tage für ein anderes Vor­ha­ben ge­schrie­ben.

Das Thema bringt mich zum Link der Woche. Hier eine Filmreihe, die mich diese Woche sehr berührt hat: Sweatshop — Deadly Fa­shion. Die norwegische Zeitung Aftenposten hat drei junge Mo­de­blog­ger nach Kam­bod­scha in eine Tex­til­fab­rik gesteckt, wo sie das Leben (und Leiden) ihrer Gleichaltrigen aus dem fernen Asien hautnah erfahren haben.

DAS ist zielgruppenorientiertes Programm! Tusen takk!

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Fotos: C.E. (Den Garnhersteller
gibt es  inzwischen nicht mehr.)

Freitag, 30. Januar 2015

Termini technici

Bien­ve­nue ! Wie schön, dass Sie auf den Sei­ten meines Blogs ge­lan­det sind. Hier schrei­be ich über meinen Sprach­be­ruf. Ich bin Dol­met­scherin und Über­setzerin, der Schwerpunkt liegt auf der französischen Sprache.

Schriftengenerator, Motivsuche, Dutch, Schauspielerführung, Colour grading, Zweier, Reißschwenk, Ausspiegelung, Kameralicht, Wischer, Schnittbild, minoritärer Koproduzent, HUs ... Denken Sie, dass jeder Dolmetscher diese Art von Ausdrücken ohne zu zögern richtig übertragen kann? Nein, denn dieses Wissen sammelt sich erst mit den Jahren an.

Als Konferenzdolmetscherin, Dreh­buch­über­setzerin, Stringer und Rechercheurin für Medien habe ich inzwischen mehr als 20 Jahre lang Erfahrungen sammeln dür­fen. Auch 2015 biete ich auf der Ber­li­na­le an, z.B. Interviews (Press Junkets) oder andere relevante Kontakte zu dolmetschen, und zwar FR<>DE sowie aus dem Englischen in beide Sprachen.

Pano, montage très "cut ", GP, banc titre, diffuseur, dérushage, raccord, lumière d'appoint, hors cadre, ours, filer, serrer, obturateur, clause de bonne fin, V.O. etc.

Est-ce que vous croyez que tout(e) in­ter­prète puisse traduire ce genre de vo­ca­bu­lai­re sans hésitation ?

Non, car cela s'apprend pendant des années.

Interprète de conférence, traductrice de scénari, fixeur (tv) et enquêtrice avec plus de 20 ans d'expérience propose ses services à la Berlinale pour la traduction d'interviews FR<>ALL (et à partir de l'ang­lais) ou tout autre contact com­mer­cial.



Vous pouvez me joindre sous ...
Sie können mich erreichen unter ...


+49 (0)172 499 8902 ou / oder
caroline[arobase]adazylla.de ______________________________
Fotos: privat (2003 bis 2014)

Donnerstag, 29. Januar 2015

Luxusherberge

Hallo beim ersten Web­log Deutsch­lands aus dem In­ne­ren der Dol­met­scher­ka­bi­ne. Hier schreibe ich in loser Folge über Eigentümlichkeiten des Berufsalltags. 
Heute: Arbeitsverhinderung.

Ein Sack Deutsch
Gerade flatterte eine kuriose Absage rein. "Wegen Verdreifachung der Preise für Anmietung von Dolmetschkabinen und Technik entfällt die Verdolmetschung". Hier, was bisher ge­schah: Ein externer Dolmetschkunde fragt uns für eine große Berliner Konferenz an. Wir erstellen wunschgemäß einen Kos­ten­vor­an­schlag, telefonieren die Kollegen durch, bis zu drei Teams parallel, der Kun­de optioniert, die Vertragsunterzeichnung scheint eine reine Formsache. Dann kommt die Absage.

Das Kongresshotel habe gemeldet, dass die Buchung der Dolmetschkabinen samt Technik leider 300 % teurer sei als in der Kostenübersicht ursprünglich vermerkt.

Nun sei auf ihre Anmietung verzichtet, der Einsatz von Dolmetschern gestrichen wor­den. Konferenzteilnehmer ohne Sprachkenntnisse hätten leider Pech gehabt, sie stellten nur weniger als zehn von 175 Kongressteilnehmern.

Wegen ihnen dürfen jetzt übrigens alle "BSE" sprechen, bad simplified english. Mir tut es um meine verlorene Arbeitszeit leid. Die erste Anfrage kam am 4. Advent, am zweiten Weihnachtstag verbrachte ich knapp zwei Stunden mit der An­ge­bots­er­stel­lung, bis ich mich durchs Kongressprogramm durchgearbeitet und die Liste der noch offenen Fragen geschrieben hatte, zwischen den Jahren und zu Jahresanfang kam dann die Kollegenanfragerei per Mail und Telefon hinzu. Kurz: In der Summe zwei Arbeitstage für die Tonne. Einfach so.

Das Hotel wird einen erklecklichen Aufpreis für die Aufstellung der Kabinen ver­langt haben. Auf mein Angebot, ich könnte doch mal mit den dortigen Managern telefonieren und parallel einige unserer Lieferanten anfragen, ging der Kunde leider nicht ein. (Die Mails über das sprachlich reduzierte Angebote vor Ort waren wohl bereits verschickt.)

Die erste Absicht des Kunden ist ja nicht, Umsatz in die Hauptstadt zu bringen, sondern Wissen an seine Teilnehmer zu vermitteln. Dazu gehört auch professionelle Be­glei­tung. Die Entscheidung, wofür ein naturgemäß begrenztes Budget investiert wer­den soll, würde ich mir von einem Dienstleister durch Preistreiberei jedenfalls nicht aus der Hand nehmen lassen. Das Hotel verdient schon an der mehr­tä­gi­gen Beherbung und Beköstigung von 175 Gästen.

Noch ein Aspekt des Ärgerns: Die Beherbungsstätte der obersten Kategorie macht so Ne­ga­tiv­wer­bung für Berlin als Kongressstadt. Ich möchte schlicht nicht, dass Berlin in einem schlechten Licht dasteht! Mehrmals jährlich darf ich für halb- bis einwöchige Ver­an­stal­tun­gen mit zwischen 50 und 200 Teilnehmern Kongresshotels auswählen, nachdem wir einmal bei der Buchung durch Ortsunkundige mit di­rek­tem Bau­stel­len­lärm im hochsommerlichen Konferenzraum konfrontiert waren.

Statt Inspiration Licht auf dem Tisch
Den Namen des Hotels, um das es hier geht, habe ich inzwischen erfahren und mir gut gemerkt.

Kurz: Dolmetscher sind keine Kostenfaktoren, liebes Ho­tel­ma­na­gement, auf das einfach verzichtet werden kann, son­dern Dienstleister unter Dienstleistern und Mul­ti­pli­ka­to­ren!

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Foto: C.E.

Dienstag, 27. Januar 2015

Grace

Willkommen auf der Seite einer Französischdolmetscherin und -übersetzerin mit Hauptarbeitsort Berlin. Nicht über die einstige Schauspielerin und Fürstin eines Seeräubernests möchte ich heute sprechen, sondern über wenig Graziles, ähh, Elegantes im Büro.

Heute flatterte mir wieder eine Übersetzungsanfrage ins Haus. Nein, im ei­gent­li­chen Sinne war es keine Übersetzungsanfrage, ich sollte nur eine fertige Arbeit lektorieren. Auch das mache ich re­gel­mä­ßig. Die "Übersetzung", die ich mir an­se­hen durfte, sah allerdings wie Kraut und Rüben aus.

Ich fragte mit einer bewusst karg gehaltenen einzeiligen Antwort nach. So erfuhr ich, was ich bereits geahnt hatte: Der Text war das Produkt eines maschinellen Übersetzungsvorgangs.

Verlockendes Angebot
Die "Korrekturarbeit" hätte vom Umfang her etwa bei 110 Pro­zent des­sen gelegen, was es ge­braucht hät­te, den Text kom­plett neu zu übertragen.

Automatische Übersetzung ist möglicherweise bei hoch­gradig standardisierten Texten sinn­voll, ein "Translation Memory System" als aktives Wörter­buch, das in die Über­setzungs­vor­lage erste Vorschläge auto­ma­tisch einfügt, bei hoch­gradig technischen Texten.

Die Vorlage war nichts davon.

Der Agentur schwebte übrigens die fürstliche Entlohnung von 20 Cent je Normzeile vor. Normalerweise ent­ste­hen Preise so: Die Über­setz­ung wird beispielsweise je Über­setz­er­norm­zei­le (à 55 An­schlä­ge) mit 1,50 Euro ent­lohnt, das Lektorat mit 30 Cent je Norm­zei­le. Die Vorlagen von Profis sind meistens gut; so ist mal hier ein Komma, dort ein tref­fen­de­rer Ausdruck oder eine Zeitform zu ändern.

Zusammen mit dem "Lektoratsangebot" erhielt ich einen Vertrag über meine Be­auf­tra­gung, der nur so von Ungereimtheiten strotzte. Dazu fällt mir ein, dass Google Translate das Wort nichtrechtskräftig mit not quite strong übersetzt.

Warum denken so viele, dass sich ein derartiges komplexes, vieldeutiges und kul­tu­rell eingebundenes Gebilde wie Sprache von Maschinen übertragen lassen könnte? Glauben diese Leute auch allen Phishing-Mails, die sie erhalten, in Vor­freu­de auf die Kohle? Dass Grace nicht mit Namen "Fräulein" heißt, davon darf aus­ge­gan­gen werden. Na klar, machine translation is powerful, maschinelle Über­setz­ung ist mächtig!

Gnade! |Agentur| Sprachmakler, der Du Kunden unter Vortäuschung falscher Tat­sachen abzockst, verschone mich mit Deinem Phishing-Sch...wachsinn.

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Illustration: Gnade, Fräulein!

Montag, 26. Januar 2015

[ɛsˈt͜sɛt]

Hallo! Sie le­sen in ei­nem di­gi­ta­len No­tiz­buch ei­ner Über­setzerin und Dol­met­scher­in. Hier denke ich auch über die Grundlagen der Arbeit nach, über Wörter und Buchstaben.

"STRAßENBAU" steht auf Schutzwesten von Bauarbeitern
Fleißige Männer ...
Eine bekannte deutsch­spra­chi­ge Au­to­rin schreibt die schar­fe Variante des Doppel-S mit den getrennten Buch­sta­ben "sz". So behalf man sich einst, als es noch keine deut­sche Tastatur auf der Schreib­ma­schi­ne gab. Das Eszett ist ein originärer deutscher Buchstabe. Und zwar exakt so, wie der Fleiß als originäre Grundtugend der in Deutsch­land lebenden Men­schen gilt.

Der Buchstabe sieht für viele so ungewohnt aus, dass er bei mancher Designschrift aus den Linien der als wohlgesetzt anerkannten Proportionen fällt. Das führt dazu, dass die unter Anpassungsdruck stehenden deutschen Grafik- und Bildchefs den Buchstaben nicht mögen.

"STRAßENBAUARBEITER" bei der Kaffeepause
... bei der wohlverdienten Pause.
Jetzt kämpfen in einer deut­schen Redaktion gerade die Bild- gegen die Wort­men­schen. Die Titelstory soll näm­lich dem Fleiß gewidmet sein. Die Grafiker möchten um keinen Preis ein Eszett auf dem Titel sehen. Dabei gibt es den Buchstaben, den die Schwa­ben "Drei­er­les-S" nen­nen, seit dem 14. Jahr­hun­dert. Die Sache nennt sich eine Ligatur, ein Buch­sta­ben­ver­bund.

Heute ist das Eszett sogar als Großbuchstabe erlaubt. Gewöhnungsbedürfig er­scheint mir zumindest diese Va­ri­an­te. Der Wortredakteur, der damit im Clinch liegt, trägt übrigens den schönen Namen 'Maß'. Ob die Redaktion als solche in ihrer Auseinandersetzung dieses wird halten können?,

fragt mit Gruß und Kuss:
Caroline Elias

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Fotos: C.E. (gewidmet einem Mann, dessen Name
auch ein Eszett beinhaltet).

Donnerstag, 22. Januar 2015

Schüttelbörse

Bonjour, bienvenue, welcome ...! Was mich als Dolmetscherin und Übersetzerin so umtreibt, lesen Sie hier. Außerdem denke ich über das Arbeitsmaterial nach: die Sprachen.

Geschenke kaufe ich ähnlich wie Lebensmittel: Ich ziehe regional und in tra­di­ti­o­nel­­len Methoden Produziertes vor. Auf dem Neuköllner Kunstgewerbemarkt, der auch außerhalb der Adventszeit jeden Samstag am Maybachufer unter dem Titel "Neuköllner Stoff" stattfindet, fand ich letztes Jahr wieder, was ich als Kind immer bei meinem Vater gesehen haben: Ein Portemonnaie fürs Kleingeld. Im Kaufhaus sind mir solche Geldbeutel schon lange nicht mehr aufgefallen.

Das Portemonnaie wurde in Berlin nach alten handwerklichen Regeln produziert und von seinem Hersteller "Schüttelbörse" genannt. Das ist doch mal ein gutes Stück für den "Sprachschatz"!



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Foto: C.E.

Mittwoch, 21. Januar 2015

Morgensound

Hal­lo und gu­ten Tag auf den Sei­ten ei­nes di­gi­ta­len Arbeitstagebuchs. Ich dol­met­sche aus dem Französischen und ins Französische und habe Englisch als weitere Aus­gangs­sprache. Daneben übersetze ich, Zielsprache ist hier immer Deutsch.

An manchem Morgen klinge ich beim Aufwachen, als würde ich heute auf ein Casting für Rammstein gehen, dem Vernehmen nach wird da eine neue Lead­sän­ge­rin gesucht. Oder als müsste ich Lee Marvin ersetzen, wenn er "I was born under a Wandering Star" singt.

Wenn mich Anrufer am Telefon fragen, ob denn auch Frau Elias im Büro sei, liegt es oft daran, dass die Stimmbänder etwas zu viel zu tun gehabt haben. Manch­mal sind aber auch die Jahreszeit oder die Menge der in Umlauf befindlichen Bakterien und Viren schuld.

                         Ab 1'13'' kommt die Stimme von Lee Marvin, Wand'rin Star, 1969

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Film: YouTube

Dienstag, 20. Januar 2015

Redundanz

Bon­jour, herz­lich will­kom­men! Hier bloggt eine Sprach­mittlerin. Mein Wo­chen­an­fang war etwas holprig, dauerndes Gehämmere und Gewummere von Bau­ar­bei­tern kündet noch davon (und nervt). Dann klingelt das Telefon.

Solche Momente zähle ich schon gar nicht mehr. Standard A geht so: Ein po­ten­ti­el­ler Kunde ist am Telefon. "Spreche ich da mit der Dol­met­scherin? Wir hätten da ein Dokument, und zwar eine Geburts-Studien-Hoch­zeits-oder-Sonstwas-Urkunde, ob Sie die vielleicht für uns ...?"

Noch bevor ich antworten kann, folgt eine Frage wie diese: "Sie sind doch amtliche Dolmetscherin? Ich meine, ermächtigt?"

Nächster Schritt: Ich erkläre, dass Übersetzer schriftlich übersetzen, Dolmetscher mündlich übertragen und dass es darunter natürlich beeidigte Sprachmittler gibt, die Dokumente fertigen, dass ich aber mit dieser Art von Übersetzungen nichts zu tun habe.

Wählscheibentelefon
Frage des Anrufers/der Anruferin: "Aber Sie sind doch Dolmetscher?"
Ich: "Ja, zum Beispiel auf Konferenzen, in der Wirtschaft oder der Politik.
Anrufende Person: "Und Sie sind auch Übersetzer?"
Ich: "Ja, ich übersetze auch, aber Film­exposés, Drehbücher, Untertitel, Sprecherkabinentexte, Zeitungsartikel, Webseiten usw."
Telefonmensch: "Und warum können Sie dann meine Urkunde nicht dolmetschen?"

OK. Nochmal von vorne anfangen? Darauf habe ich keine Lust, ebenso wenig auf Dokumente. Das ist einfach nicht mein Fach.

Pause. "Ich vermittle aber immer gern Kolleginnen und Kollegen," versuche ich die Chose wieder in Bewegung zu bringen. Meistens kommt dann ein: "Aber sie sind die einzige, die in der Nähe wohnt!"

Stimmt, innerhalb von vier Jahren ist jetzt die zweite Dolmetscherkollegin aus dem Kiez weggezogen. (Urkunden war von keiner das Fachgebiet.)

Oder Standard B. "Wir haben hier ein Drehbuch, das wurde übersetzt, aber ir­gend­was stimmt mit der Übersetzung nicht. Könnten Sie das bitte einmal überprüfen?"

Die deutsche Fassung hakt von der ersten bis zur letzten Zeile. Übersetzt wurde sie von der a) Praktikantin, b) dem Schwager des Bekannten, c) einer Studentin, d) einem Exildeutschen, der seit 30 Jahren in Indien lebt, e) der Lehrerin, die derzeit im Mutterschutz ist, f) dem Betreiber einer kleinen Agentur, die auch Reisen und Stadtführungen in zehn Sprachen anbietet, g) vom Computer. (Zu­tref­fen­des bitte unterstreichen.)

Warnung
Bezahlt wurden an den Erst­über­setzer 80 % dessen, was veranschlagt wurde. Her­zens­wunsch des Anrufenden ist nun, dass ich für 20 % alles re­pa­rie­ren möge. Das Pro­blem: Eine Reparatur ist auf­wän­di­ger, als es neu zu über­setzen, weil mich die hunds­mi­se­ra­ble Vor­la­ge ständig rausreißt und ich gar nicht in den Flow komme.

Personaldokumente und -urkunden sind mir schlicht zu langweilig. Ich bin ein con­tent driven girl, wie die Amis sagen, ich brauche Inhalte. Und zwar spannende, gut geschriebene Bücher, in die ich mich reinschrauben, mit denen ich leben, die ich in die andere Sprache und Welt hinüberlotsen kann.

Und ich führe keine Reparaturwerkstatt, um die von anderen ver­bock­ten Geiz-ist-geil-Be|sch...|trugsprojekte auswetzen zu helfen. Ich bin Fachfrau, habe etliche Jahre studiert und verfüge über noch viel mehr Jahre an Berufserfahrung. Vergleichen Sie meine Leistung mit anderen Fachleuten, die ein langes Hoch­schul­stu­dium absolviert haben, mit Ihrem Arzt oder Anwalt.

Billig ist in meiner Branche nichts; wer billig will, bezahlt doppelt. "Übersetz doch mal grob",  bat mich neulich eine Produzentin. Das, mit Verlaub, ist nun wirklich amtlicher Unsinn. Meine Antwort fällt knapp aus: "Mal so grob übersetzen ist Murks und genauso schlau, wie mal so grob mit 230 Sachen bei Glatteis über die Au­to­bahn zu bret­tern."

Nachtrag: Die Antwort auf meine Antwort war eine Zusage!

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Illustration: Netzfund

Donnerstag, 15. Januar 2015

Charivari

Bon­jour, bien­ve­nue und herz­lich will­kom­men! Ge­plan­ter­wei­se oder zufällig sind Sie auf den Seiten einer Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache (und aus dem Englischen) gelandet.

Auf dem Schreibtisch, die Zwote: Vaterschaftsanerkennung (zu verdolmetschen), ein Trailer für den Berlinale-Markt (Untertitellektorat) und ge­dreh­tes fremd­spra­chi­ges Material auf Schneidbarkeit hin analysieren. In mir kommen dunkle Er­in­ne­rungen hoch an ein Gespräch vor einigen Jahren. Weil es so schön war, bringe ich es hier nochmal.

Blick auf den Landwehrkanal
Eiffelturm in Berlin
— Wir suchen in Köln eine Dolmetscherin für das TV-Interview mit einer Autorin. Kennst Du wen?
— Ich komme!
— Ja, nee, keine gute Idee. Wir haben kaum Geld, und wir können keine Profi-Dienstleistung für fast umsonst erwarten. Hast Du vielleicht eine begabte Studentin oder so, die Du uns empfehlen kannst?
— (... ) Eher nicht. Erst neulich durfte ich gedrehtes Interviewmaterial im Schnitt ret­ten. Beispiel für eine Antwort gefällig? Zitat: "Naja, wie schon vorhin gesagt, stimmt das so. Es war am 23."
— Kontext?
— Der Kontext fehlte. Der Take hätte das zuvor Gesagte wiederholen sollen ...

... Aber weil vom Team außer der Studentin keiner Französisch sprach, ging das beim Dreh so durch.
— Und dann?
— Wir haben aus später gegebenen drei Antwortteilen was zusammengefrickelt und dann zwischendurch ganz viel Wohnung gezeigt, zum Glück gab's ausreichend Ma­te­rial für Schnittbilder. Das war ein Gefriemel! Und hat gedauert! 

Hier wurde beim Dreh an der falschen Stelle gespart: Das ist wie teures Wild­gou­lasch mit einer Tü­ten­sau­ce vom Discounter kredenzen. Sparen will gelernt sein, dabei wäre öfter das Wort "knausern" angebracht. Hier noch ein Verweis auf Äl­te­res, ein Text übers Sparen (Link)! Und ja, es ist schwierig, in Zeiten knapper öf­fent­li­cher Kassen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Im Sprachmittlerbüro ergeben sich dadurch Verschiebungen. Die Berlinale­vor­be­rei­tung fällt dieses Jahr leider etwas knapp aus, was an den selteneren Nach­fra­gen der Veranstalter für Fran­zö­sisch und Deutsch liegt. Wir sind inzwischen alle Kinder Shakespeares geworden, sein Idiom ist die neue Hauptarbeitssprache.

Infrarotlicht, (1) Deutsch, (2) Englisch
Französisch war hier die Sprache der Pressekonferenz
Es bleiben aber die zu ver­dol­met­schen­den Pres­se­in­ter­views. Paradoxerweise über­setze ich auch wie­der mehr Film­ex­po­sés aus dem Eng­li­schen als noch vor einigen Jahren. In der Mit­tags­pau­se habe ich die gute alte BBC angeworfen! Das ist dann im­mer "zwei auf einen Schlag", faire d'une pierre deux coups, ich informiere mich und ich ak­ti­vie­re eine Sprache.

Außerdem ist es immer wichtig, in Sachen News den eigenen Horizont zu ver­grö­ßern. Schon, damit das umgebende Charivari den eigenen Kopf nicht dominiert. (Mehr zum titelgebenden Wort hier: klick!)

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Fotos: C.E.

Mittwoch, 14. Januar 2015

Auf dem Sekretär

Hallo! Willkom­men! Schön, dass Sie auf den Sei­­ten meines Blogs ge­­lan­­det sind. Hier schrei­be ich über meinen Sprach­­be­­ruf: Ich bin Dol­­met­­scher­in und Über­­setzerin für die französische Sprache (und aus dem Englischen). Heute wieder: Blick auf den |Schreibtisch| aufs bureau de pente.

Wo in Berlin treffen Detektive auf Greifvögel, Zahlenkolonnen auf politische Car­toons? In meinem Büro!

Lampe, Uhr, Stiftköcher, Kalender, Brieföffner
Blick auf das obere Teil meines Sekretärs
Zwei Fernsehprojekte werden vorbereitet, da steht erstmal Bürokommunikation für Kun­den an, ein Dreh­buch­lek­to­rat folgt. Demnächst wird's er­neut um allgemeine Politik und Me­dien­po­li­tik gehen; die Berlinale wirft ihre Schatten voraus. Zur Vorbereitung ha­be ich mich mal wie­der in Ba­bels­berg umgesehen, Bericht folgt. Auch Kosten­vor­an­schlä­ge be­schäf­ti­gen mich.

Dann hat mich eine junge Kollegin gefragt, wie das denn nochmal sei mit dem "im Off" gesprochenen Ton, werde der auf Französisch hors champ genannt? Ja, das geht. Aber was sei der exakt richtige Begriff? Es muss also ganz genau sein.

Die voix off (Stimme aus dem Off) ist vor allem eine Erzählstimme, auch wenn mir für gesprochene Sprache innerhalb der Szene, die hors champ genannt wird, was so viel wie "außerhalb des sicht­ba­ren Be­reichs" heißt, der optische As­pekt für mich vielleicht ein Fitzelchen zu sehr dominiert. Das Wort champ visuel, Sicht­feld, schwingt mit, trotzdem ist diese Differenzierung richtig.

Der Kopf sortiert point de vue und point d'écoute, Drehjargon und Analysebegriffe (aus der diegetischen Analyse — analyse diégétique). Am Set verschwimmt häufig die Trennschärfe. Meine Beschäftigung im Be­reich Film ist im letzten Jahr zu­rück­ge­gan­gen, was an den weniger gewordenen mittelgroßen Filmen liegt (les films du milieu), aber auch an der zerstörerischen Konkurrenz durch den Nachwuchs kom­bi­niert mit zurückgegangenen Qua­li­täts­an­sprü­chen. Ich werde dazu noch einiges nach­le­sen. Weitere Anmerkungen kommen hier nächste Woche.

Bis dahin bin ich gespannt, was für Anfragen noch reinkommen. Kostenvoranschläge und erste Kongressberatung sind selbstredend kostenlos!

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Foto: C.E.

Großes Gelächter

Welcome, bienvenue, hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin über ihren Berufsalltag. Meine Sprachen sind Französisch (als Ausgangs- und Zielsprache) und Englisch (Ausgangssprache).

Neues Hobby: Karikaturen übersetzen, hier die 3. Folge. Das hat auch etwas von Katharsis und Trauerarbeit. Ich beobachte, was mir dabei auffällt, und werde die Ergebnisse dann später zusammenfassen. (Links zur 1. und zur 2. Folge).
Tags: #JeSuisCharlie, #GenerationCharlie
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Zeichnung: R. Durtreix

Dienstag, 13. Januar 2015

Charlie forever

Willkommen liebe Leserin, lieber Leser, auf den Seiten des ersten Weblogs, der im Inneren einer Dolmetscherkabine oder am Übersetzerschreibtisch ist. Europa zit­tert wegen der Ereignisse der letzten Woche nach. Lachen hilft, Ängste zu über­win­den. 

Morgen erscheint Charlie Hebdo wieder. Normalweise lag die Auflage bei 60.000 Exemplaren, von denen nur die Hälfte verkauft worden sind. Morgen werden an­stel­le der zunächst geplanten eine Million Exemplare sogar drei Millionen aus­ge­lie­fert. Au­ßer­dem wird das Heft in viele Sprachen übersetzt: Türkisch, Arabisch, Eng­lisch, Spanisch, Italienisch. Nur eine deutsche Fassung wird es leider nicht geben, ob­wohl Deutsch in Europa die am meisten gesprochene Sprache ist.

Diesem Misstand kann ich ein kleines bisschen abhelfen. (Hier war die 1. Folge und dort ist der 3. Beitrag.)
Niemand hatte den Terroristen vorher gesagt, dass die 72 Jungfrauen nur gezeichnet sind und wer sie zeichnet...

Niemand hatte den Terroristen vorher gesagt, dass die 72 Jungfrauen nur gezeichnet sind und wer sie zeichnet... (FR)

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Illustration: CLOU (?) für Charlie hebdo
Tags: #JeSuisCharlie, #GenerationCharlie

Katzenmusik

Will­kom­men auf der Sei­te ei­ner Fran­zö­sisch­dol­met­scher­in und -über­setzerin aus Berlin. Hier kön­nen Sie in unseren Alltag Einblicke nehmen. Mein Arbeitsjournal ist aber auch der Ort, an dem ich über die Sprachen nachdenke, mit denen ich arbeite.

Gestern hatte ich einen Kater. Keinen, der auf Alkohol zurückzuführen ge­we­sen wäre, son­dern einen infolge Überkonsums von Medien, einen nach zu viel Arbeit und dem Kontakt mit zu viel verstörender Wirklichkeit. Natürlich denke und lese ich weiter viel über die politischen Folgen nach. Die nächste Konferenz zum The­ma kommt bestimmt, da will ich gewappnet sein. Die ersten Kakophonien (Miss­klän­ge) und politischen Vereinnahmungen sind bereits zu hören.

Katzen purzeln über ein Notenblatt
Moritz Ludwig von Schwind (1804 bis 1871)
Und lange schon habe ich darauf gewartet, dieses Zitat eines/einer Unbekannten hier unterzubringen, das mich spontan überzeugt hat: "Katzen, Erfinder des In­ter­nets". Deshalb heute (siehe unten): Proudly presents, das Netzfundstück mit dem anderen cat content: Katzenmusik.

Vorab aber einige linguistische Gedanken. Denn das Wort ist einzigartig und wandert heute in die Sprachschatzschatulle.

Meine beiden anderen Arbeitssprachen ken­nen es leider so nicht. Englischen Freun­den habe ich den Begriff "cat music" wie­der­holt wört­lich übersetzt, und ich durfte dann charivari und shivaree lernen.

Heute verstehen wir hierzulande unter einem Charivari eine kleine silberne Kette, die mit einzelnen Fundstücken ver­ziert wird, kleinen Glücksbringern aus kost­ba­rem Stein, Horn, Metall wie alte Münzen, es können aber auch andere Gaben der Natur wie kostbare Perlen sein.

Der Begriff Charivari leitet sich vom lateinischen caribaria ab, "Durch­ein­an­der", "Verrücktheit". Auf Französisch wurde charabia daraus, was das Kud­del­mud­del auf eine sprachliche Ebene reduziert, also "Kauderwelsch" und "Geschwätz" meint. Napoleons Truppen brachten den Begriff nach Deutschland, wo er von manchen auch noch in der Bedeutung als "Katzenmusik" verstanden wird, im 19. Jahrhundert war diese Interpretation weit verbreitet.

Springen wir direkt nach Frankreich. Wie gesagt, die Vokabel charabia führt heute nur noch in den Bereich verbaler Äußerungen. "Musique de chat" ist lediglich die wörtliche Übersetzung für misstönende Musik, ich muss es dann auf­lö­sen und mu­sique discordante sagen. Oder ich verwende das oben schon ver­wen­dete Wort cacophonie. Der Katzengedanke fällt dabei leider völlig weg, was einen beim Dol­met­schen durchaus schon mal so melancholisch machen kann, wie es die Katzen­mu­sik ist, die Sie gleich hören dürfen.

Aber dafür gibt's in Frankreich noch etwas anderes, und zwar le pipi de chat. Katzenpisse, wie sie hier verstanden wird, hat die Eigenschaft, gleichermaßen nicht sehr ergiebig und sehr unangenehm zu sein. Ein schlechter Fusel kann z.B. pipi de chat genannt werden. Womit der Kreis zum "Kater" geschlossen wäre.

Misstönend finde ich nicht, was mir eine Kollegin gestern zur Erbauung geschickt hat. Im Gegenteil, ich finde, die Musik passt zur Zeit, die zwischen Moll und Tango angesiedelt ist. Voilà !



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Film: Mindaugas Piečaitis dirigiert das Kammerorchester
Klaipeda, starring Nora, die Klavierkatze, CATcerto
Illustration: Moritz von Schwindt

Montag, 12. Januar 2015

NACHTRAG: Jahresauftakt

Bon­jour und noch al­les Gu­te zum Neu­en Jahr! Hier bloggt im 8. Jahr eine Über­setzerin und Dol­met­scherin im ersten Weblog Deutschlands aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. 

Das Jahr ist so jung und hat schon so viele historische Tage und Orte: Paris, Nigeria und wieder Paris. Hier folgt der am 7.1. entfallene Beitrag.
 
investissements!ne!serait!plus!uniforme!C'est!ce!que!nous!aborderons!lors!
Verunfallte Textdatei
2015 ging so los, wie das Vorjahr auf­ge­hört hat, mit Kosten­vor­an­schlä­gen, die mich sogar an Weihnachten be­schäf­tig­ten. Mehrseitige Kon­gress­pro­gram­me galt es zu filzen, Listen mit Voranmeldungen zu prüfen und Dol­metsch­stun­den aus­zu­rech­nen. So ist es gut. (Daumendrücken wird gerne ent­ge­gen­ge­nom­men.)
Nicht so schön war das da: Ein Kunde erwies sich als Bruttler, das Wort wird übrigens mit fast weichem D ge­spro­chen. Aus un­er­klär­li­chen Gründen ist dieses im 18. Jahr­hun­dert deutsch­land­weit be­kannte Wort in Schwaben bis heute aktuell. Es be­zeich­net einen Nörgler.

Ein solcher monierte eine Rechnung vom Jahresende. Ihm war nämlich aufgefallen, dass ich angeblich drei Prozent zu viel berechnet hätte. Es sei doch nicht ver­ständ­lich, dass ich alle Leerzeichen im Text mit als Grundlage für die Kostennote ge­nom­men hatte, ganz so, wie es üb­ri­gens bereits im Kosten­vor­an­schlag auf­ge­führt war ("inklusive Leerzeichen").

Wir telefonierten, ich er­klär­te ihm, dass das branchenüblich sei und dass ich ja beim Neuschreiben seiner Datei die Leerzeichen auch tippen müsse. Er meinte plump, er werde hier doch nicht für Luft bezahlen.

UnddannhabeichdenfertigenTextkopiertundalleLeerzeichenausderVersionherausgenommen,diefürdenKundenbestimmtwar. An anderer Stelle fand ich vergleichbare Texte, die irgendwie verunfallt waren bei ihrer Datenmigration: Quels!sont!les!
enjeux!pour!les!créateurs,!les!téléspectateurs!et!les!programmateurs!concernant!les!web;séries?

Auf dem Sekretär: Uhr, Stiftköcher, Eiffelturmminiatur, ewiger Kalender.
Morgen: Blick auf den Schreibtisch
Nicht für Luft bezahlen? Nichts als heiße Luft war das! Kurz darauf, es ging schon auf den Abend zu, war der Bruttler wieder freundlich. Er rief erneut an und schob mir etliche Zeilen zu, die von Mitarbeitern vergessen worden waren, und er bat um prompte Übertragung und Einpflegen in den Text. Mein Eilzuschlag lag urplötz­lich bei 50 %, auch wenn der Auftrag noch in die Arbeitszeit gepasst hat. Die Fassung mit der Luft zwischen den zum Teil neuen Wörtern habe ich umgehend mit Dank und Gruß ab­ge­schickt. Meine beigefügte Ho­no­rar­no­te wurde binnen eines Tag beglichen; zusätzlich er­hielt ich eine Überweisung von ca. fünf Pro­zent des Ho­no­rars mit dem Stich­wort: Trink­geld.

Die anderen Anfragen ließen sich freundlicher an. |Schräg hat das Jahr trotzdem angefangen.| NEU: Damit hoben sich die Anfragen positiv von der Ta­ges­ges­ak­tua­li­tät ab. Da ich kein Bruttler sein möchte, geht es hier mit Negativem erst nächste Woche weiter.

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Illustrationen: Webfund + C.E.

Sonntag, 11. Januar 2015

Checkpoint Charlie Hebdo

Welcome, bienvenue, hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin über ihren Berufsalltag. Meine Sprachen sind Französisch (als Ausgangs- und Zielsprache) und Englisch (Ausgangssprache). Heute gedenkt Europa der ermordeten Menschen in Paris.

Kurze Begegnung vor der Botschaft mit zwei Polizeibeamten. Zur Begrüßung habe ich gesagt: "Vielen Dank, dass Sie sich mit uns zusammen den Arsch (*) abfrieren!", worauf die Angesprochenen ob der direkten Ansprache fett gegrinst haben. Auch eine (verbale) Antwort kam prompt: "Bravo, dass Sie so zahlreich sind!" — Ihnen zufolge mit dem ständigen Kommen und Gehen um die 30.000 Menschen.

Petite rencontre devant l'ambassade avec deux agents de police. Je leur ai dit bonjour: "Vielen Dank, dass Sie sich mit uns zusammen den Arsch (*) abfrieren!", merci beau­coup de se cail­ler les miches avec nous, grand sourire pour cette com­mu­ni­ca­tion franche. La suite de la réponse ne se faisait pas attendre : "Bravo d'être aussi nombreux !" — Selon eux et avec les allers-retours, autour de 30.000 personnes.

Demonstranten halten Buchstaben vor dem Brandenburger Tor hoch, die "TOLERANCE" ergeben. Im Hintergrund Brandenburger Tor, Abendlicht, die französische und die Berliner Flagge.
#CheckpointCharlieHebdo ‪#‎Berlin‬ ‪#‎JeSuisCharlie‬ #GenerationCharlie

(*)  Als oft im diplomatischen Bereich tätige Dolmetscherin fällt es mir schwer, diese Vokabel zu verwenden, aber erstens ist es das unverstellte Vokabular der Ermordeten (die das vermutlich noch drastischer gesagt hätten), zweitens passten die kernigen Wachleute aus der deutschen Hauptstadt dazu. Stichwort: Ziel­grup­pen­orientierte Kommunikation.

P.S.: Die Medien veröffentlichen 18.000 Teilnehmer und berufen sich dabei auf die Polizeidirektion. Mit der ständigen Bewegung, in der die Demonstranten waren, und der Kälte, plus 5° C. mit eiskaltem, starkem Wind, viele blieben nur eine hal­be Stunde, halte ich die höhere Zahl der Polizisten vor Ort weiterhin für die zu­tref­fen­de­re Hochrechnung.

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Foto: C.E.

Karikaturen übersetzen

Willkommen liebe Leserin, lieber Leser, auf den Seiten meines digitalen Ar­beits­ta­ge­buches. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin. Da meine Haupt­ar­beits­spra­che Französisch ist, haben mich die Ereignisse in Paris sehr mitgenommen.

Charlie Hebdo ist das: Frech, direkt, respektlos, ohne Denkverbote und Grenzen, oft geschmacklos und dreist. Aber auch wenn mir nicht alle Zeichnungen gefallen, die das satirische Wochenmagazin veröffentlicht, so steht für mich außer Frage, dass Presse- und Meinungsfreiheit die Grundfesten der Demokratie sind.


Natürlich ist jede Übersetzung auch Interpretation. Sie kann Bedeutungsebenen wegnehmen, aber auch welche hinzufügen. Man muss nur im gleichen "Feld" blei­ben. Ein kleines Beispiel: Abattre heißt "abknallen", "totschießen", aber je nach Kon­ju­ga­tion auch "nie­der­ge­schla­gen/mutlos sein". Diese Bedeutungsvielfalt war in der deutschen Fassung mangels Vokabeln nicht möglich. Also kam es zu einer Ver­schie­bung, die aber der Welt der Karikaturisten entspricht. Beim literarischen Über­setzen ist dieses Waag­scha­len­prin­zip einfacher, da 'verspielt' sich das über die Zei­len hinweg.

Beim Übersetzen von Karikaturen sind diese Verschiebungen notwendigerweise größer und sichtbarer, weil alles auf kleinem Raum stattfindet und weil manchmal auch eine Art "Geolokalisierung" stattfinden muss, wenn zum Beispiel auf lo­kal­po­li­ti­sche oder kulturelle Besonderheiten angespielt wird.


Weitere Karikaturen (ohne Analyse): 2. Teil, 3. Teil
Tags: #JeSuisCharlie, #GenerationCharlie
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Karikatur: WKINO. Die Bilder können
angeklickt und vergrößert werden.

Samstag, 10. Januar 2015

Aufruf

Bon­­jour, herz­­lich will­­kom­­men auf den Blo­g­sei­­ten ei­­ner Über­­setz­er­­in und Dol­­met­­scher­in. Gelegentlich äußern sich hier auch Dritte. Heute spricht Erwan de Ke­rau­tem, ein Freund und Auftraggeber.

Nach dieser dramatischen Woche sind wir alle in Frankreich und anderswo in der Welt dazu aufgerufen, gemeinsam zu protestieren. Dazu habe ich einen Vorschlag: Klopfen Sie an die Tür der Moschee an der Ecke, sprechen Sie mit den Menschen im muslimischen Verein in Ihrem Viertel, sagen Sie ihnen, wie sehr Sie sich wünschen, dass sie morgen teilnehmen. Sie müssen sie nicht erst einladen, sie sind es längst. Aber ein direkter, einfacher und authentischer Dialog kann ihnen helfen, manche Angst und Zurückhaltung zu überwinden. Genau das werde ich heute in Berlin ma­chen: Zwei oder drei Moscheen aufsuchen in der Hoffnung, dem Imam zu be­geg­nen, bei einigen Vereinen vorbeigehen, besonders den tür­ki­schen (lasst uns die türkischen Demokraten unterstützen, bevor es zu spät ist) sowie bei einigen Ge­schäf­ten. Ich werde ihnen sagen, dass ich Franzose bin und dass ihre Gegenwart eine große Ehre für mich wäre, dass sie meinen Schmerz lindern würde. Zwei Din­ge wer­den mor­gen ausschlaggebend sein: Die Anzahl der Demonstranten und ihre Vielfalt.

Auf diesen Gedanken bin ich gekommen, als ich über einen Satz von Victor Hugo nachgedacht habe: "Freiheit beginnt dort, wo Ignoranz endet". Und ich spreche hier vor allem von meiner eigenen Ignoranz. Vielleicht hat mich auch Berlin zu die­sem Gedanken angeregt, wo man besser als anderswo weiß, wohin Ignoranz und in politischer Absicht gesteuerter Terror führen können. Bis morgen am Pariser Platz! Und wenn Sie den Vorschlag gut finden, zögern Sie bitte nicht, ihn wei­ter­zu­lei­ten, ihn zu übersetzen und zu verbreiten.

Am Sonntag, dem 11.1.15, findet um 15.00 Uhr auf dem Pariser Platz vor der Fran­zö­si­schen Botschaft eine Mahnwache zum Gedenken an die Opfer statt. Mehr auf der Facebook-Seite der Veranstalter: klick!

Après cette semaine dra­ma­tique, nous sommes invités à nous rassembler demain en France et à travers le monde. 

Kerzen, Karikaturen und "Je suis Charlie"-Blätter vor dem Brandenburger Tor
Mahnwache am 7.1.15
Je vous fais une suggestion : aller frapper à la porte de la mosquée au coin de la rue, parler avec l'association mu­sul­mane de votre quartier et dîtes-leur combien vous ai­me­riez qu'ils soient avec vous demain. Vous n'avez pas à les inviter, ils le sont, mais un dialogue direct, simple et réel, peut aider à dépasser certaines peurs, certaines réticences. 

C'est ce que je vais faire ici à Berlin aujourd'hui : aller à deux ou trois mosquées, essayer de croiser l'imam, passer dans quelques associations notamment turques (soutenons les démocrates turques avant qu'il ne soit trop tard), quelques com­mer­ces. Je leur dirais que je suis Français et que leur présence m'honorerait, ap­ai­se­rait ma peine. Deux choses parleront demain : le nombre de personnes dans la rue et la diversité des personnes rassemblées.

Cette idée m'est venue en réfléchissant à une phrase de Victor Hugo "La liberté com
­mence où l'ignorance finit." Et je parle avant tout de ma propre ignorance. Peut-être aussi que cette suggestion est inspirée par Berlin qui sait plus que toute autre où peut mener l'ignorance et la terreur manipulées à des fins politiques. A demain sur la Pariser Platz et si la suggestion vous convient, n'hésitez pas à la re­lay­er, à la traduire et à la diffuser.

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Foto: C.E. (Aufnahme vom 7.1.15)

Mittwoch, 7. Januar 2015

Schwarzer Mittwoch

Willkommen beim einzigen Blog Deutschlands, der in der Dolmetscherkabine entsteht. Meine Sprachen sind Englisch (nur Ausgangssprache) und Französisch (Ausgangs- und Zielsprache).
 
Islamismus ist das Hijacking einer Religion.









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Illustration: Charlie hebdo

Freitag, 2. Januar 2015

Berlinale 2015

Hallo und will­kom­men auf dem 1. Weblog Deutsch­lands aus dem Inneren der Dol­met­scher­ka­bine. Hier berichte ich über meinen sprachbetonten Alltag. Das Büro ist besetzt, der Blog al­ler­dings bis zum 7.1. in die Winterpause.

Dieser Tage bereite ich die Berlinale vor. Dabei übersetze ich Exposé, Drehbuch, Finanzierungsplan, Untertitel etc. aus dem Französischen und aus dem Englischen.
In den nächsten Wochen habe ich noch Kapazitäten frei! Kosteneinschätzungen er­hal­ten Sie prompt und kostenfrei.

Auch als Berlinale-Dol­met­scher­in kann ich noch Termine vergeben.

Film und Medien sind seit Jahr­zehn­ten DIE Konstante in mei­nem Berufsleben. Ansonsten dolmetsche und übersetze ich in den Bereichen Politik, Wirt­schaft und So­zia­les. Hier zum Anklicken die Themen, zu denen ich au­ßer­halb der Film- und Kul­tur­fes­ti­vals arbeite:

Rückblick 2014.

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Foto: Archiv, grafisch leicht bearbeitet

Donnerstag, 1. Januar 2015

2015

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin.

Auf ein gutes Neues! Die besten Wünsche für 2015, Gesundheit, Glück und Gelassenheit!



Meine Neujahreswünsche sende ich seit Jahren digital. Das Geld, das mich Gruß­kar­ten ansonsten gekostet hätten, spende ich an Projekte aus dem Bil­dungs­be­reich für Kin­der an Berliner Brennpunkten sowie in Haiti sowie an eine Mäd­chen­schu­le in der chi­ne­si­schen Provinz.

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Foto'film': C.E.