Mittwoch, 10. September 2014

Wappentier

Hallo, hello, bonjour und willkommen! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dol­met­scher­in. Neben unseren Sprachtalenten sind noch viele weitere Eigenschaften nö­tig, wenn wir unseren Beruf gut machen möchten.

Beschreibungen von Wihnachtsmannbedarf, der via Internet geordert werden kann, der Bart aus bio­lo­gisch zertifizierter Baumwolle, die Maske aus kompostierbarem Plastik her­ge­stellt und mit ungiftigen Farben gefärbt, derlei hatte ich diesen Som­mer sehr in­ten­siv zu lektorieren. In einem zweiten Schritt durfte ich die neuen Tex­te dann selbst übersetzen und zum Lektorat rausgeben. (Aus Kun­den­schutz­gründen wurde die Beschreibung des Auftrags verändert, die Idee da­hin­ter blieb erhalten.)

Was mir da anfangs als "schon übersetzt" für ein "kurzes Gegenlesen" geliefert wur­de, ließ mir die Haa­re zu Ber­ge stehen. Der Text las sich wie aus der Feder von Raymond Queneau. An­schlie­ßend muss George Ionesco lektoriert haben, worauf das Ergebnis durch Google Trans­la­tor gejagt wurde. Solche Aufgaben zählen zu den besonderen Freu­den im Übersetzerbüro. Leider lässt sich von diesem Zwit­ter­we­sen, das hinter der "Übelsetzung" steckte, kein Fahn­dungs­foto herstellen, da nie­mand weiß, wie Dr. Gurgel ausschaut.

Eselfant mit Schneckenhaus und Flossen
Wappentier der Übersetzer, das Eselfantfischneck, ein Trans-Tier. Aus Gendergründen.
Aber es gibt andere Bilder. Bei meinen Sprach­ar­bei­ten darf ich regelmäßig auch an die Be­schrei­bung des Lektorenberufs durch mei­nen Vater denken: Mit der Stör­rischkeit eines Esels, der Dickhäutigkeit eines Ele­fan­ten sei zu arbeiten, wobei es manchmal nur mit dem Tempo einer Schnecke voran ginge. Kollegen, denen ich das Bild zeigte, meinten: Übersetzer arbeiteten (im Gegensatz zu den Dol­met­schern) meistens zuhause und hätten (wie diese) viel Wissen akkumuliert, was so ein Häuschen auf dem Dach recht­fer­ti­gen würde.

Ich ergänze: Geklagt werden darf so, wie sich Fische beklagen. Deshalb endet jetzt mein Beitrag auch gleich.

Nur Danksagungen muss ich noch loswerden: Ich bin beglückt über meine Text­ar­beit und über Kun­den, die hinzulernen. Wie gesagt, beim Weihnachtskramauftrag hatte ich anschließend komplett den Hut auf. Und ich bin beglückt über die kre­a­ti­ven Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich zum Teil aus der Ferne ge­mein­sa­me Sache mache. Eine, die Fisch nicht mag, weil sie ihn nicht verträgt, meinte spon­tan, dass wir durch­aus auch über Fischqualitäten verfügen müssten, wenn wir quicklebendig und wendig durch zum Teil trübe Textgewässer navigieren.

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Collage: C.E.

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