Unbezahlte Freiberuflerarbeit: Das Abheften der Verträge, Vokabellisten und diverser Arbeitsmaterialien. Besonders fällt in Deutschland das Sortieren und Erfassen der Belege ins Gewicht.
Ladenschild, gesehen in Kreuzberg |
Eine Erklärung, warum es gerecht sein sollte, dass meine Fehlsichtigkeit Privatsache sein sollte, will mir partout nicht einfallen.
Ich habe mir diese Myopie, garniert mit einem leichten Astigmatismus, weder ausgesucht noch habe ich sie verursacht. (A propos Verursacherprinzip: Fürs Raucherbein kommt die Gemeinschaft der Versicherten auf.) Was mich fortgesetzt irritiert: Warum ist diese Abschaffung offenbar auf keinen Widerstand gestoßen? Wenn ich mich umsehe, gibt es heute bald ebenso viele Brillenträger wie Menschen ohne. War denn "damals" die Gesellschaft noch nicht so alt? Waren Brillenträger noch eine Minderheit? Haftete dem Nasenmöbel einst noch der Ruch des Accessoires bestausgebildeter Besserverdiener an?
Und was war überhaupt die Alternative? Dieses Augen-sind-Privatsache-Ding möchte ich probehalber mal kurz mit einer (ebenso willkürlichen) "Privatisierung" eines anderen Körperteils vergleichen: Wie wäre es, wenn die Kasse statt der Fehlsichtigkeit ... hm, sagen wir mal das linke Bein privatisiert hätte? Das rechte ist Teil der Solidargemeinschaft, na klar, aber das linke, sorry, das ist Privatsache, Luxus, also dafür müssen die Menschen schon allein aufkommen.
Wenigstens kann ich diese Luxusausgaben fürs Gesicht von der Steuer absetzen. Muss auch. Ohne sie wäre ich aufgeschmissen. Ich kann nur siebenkommafünf Zentimeter ab Nasenspitze klar sehen. Fürs Küssen ist das ein enormer Vorteil! Daher weht also der Wind. Und fürs Handling der Hauptbrille, des Top-Modells mit hochbrechendem Glase, gibt's eine einfachere (und doppelprivate) "Brillensuchbrille".
Privatsache sind auch meine ausschließlich beruflich genutzten Kostümchen und Anzüge samt deren Wege in die chemische Reinigung. Begründung: Ich könnte die Sachen ja auch privat tragen. Na klar. Als wäre ich nicht am Ende langer Tage einfach nur glücklich, aus meinen Weißkitteln, Blaumännern oder schwarzen Roben wieder rauszukommen. Im Gegensatz zu mir können die echten Träger dieser Berufsverkleidung Erwerb, Reinigung und Reparatur ihres jeweiligen Gewandes bei der jährlichen Abrechnung dem Finanzamt präsentieren.
P.S.: Wir gebeutelten "Spontanübersetzerinnen" (siehe Blogeintrag von gestern) freuen uns über die zweideutige Schlagzeile im Handelsblatt: "Frankreich fordert Streikende bei Air France".
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Foto: C.E. (gesehen in Kreuzberg)
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