Dolmetschen beim TV-Interview |
So hatte ich kurz mit dem Gedanken gespielt, nun doch noch zum südfranzösischen Großereignis der Filmwirtschaft zu reisen. Bei den verschobenen Filmdreharbeiten hätte ich bis Ende Juni als Set-Dolmetscherin einen deutschen Schauspieler in Frankreich coachen und für ihn dolmetschen sollen, die Optionszeit (für eventuelle Nachdrehs) reichte bis in die erste Juliwoche.
Solche Filmaufnahmen werden lange im Voraus geplant, also hatte ich meine Cannes-Akkreditierung nicht groß betrieben, aber auch nicht eindeutig abgesagt, on ne sait jamais, you just never know! Ich hätte also noch kurzfristig zusagen können, denn zwei der von mir in den letzten Jahren sprachlich betreuten Filme laufen auf dem A-Festival.
Dann schien sich alles zu fügen: In der Ferienwohnung von Freunden in Cannes war plötzlich ein Kämmerlein frei geworden. (Hotels sind dort in der Zeit des Filmfestivals unbezahlbar und Spontaneität ist das Gegenteil der südfranzösischen Stadt.) Sogar eine Mitfahrt bot sich über Kollegen an, Zufälle gibt es, zwei Teilstrecken mit Boxenstopp und Job. Denn ein Job zwischendurch ist besser, als keinen offiziellen Job am Zielort zu haben.
In Cannes gibt es schon lange keine Verdolmetschungen ins Deutsche mehr, bis vor einigen Jahren wurden auch dort die Filme simultan verdolmetscht. Leider laufen dort seit langem auch keine deutschen Filme mehr im Wettbewerb (höchstens Streifen, die mit deutschem Geld entstanden sind). Bei meinen letzten Cannes-Aufenthalten war denn auch das spontane Dolmetschen von Koproduktionsgesprächen die Hauptaufgabe. (Die Interviewverdolmetschung übernimmt seit Jahren meistens ein öffentlich-rechtlicher Journalist als Koppelungsgeschäft.)
Am Ende kam alles nochmal anders — eine Magen-Darm-Grippe schlug zu, daher auch die kleine Sendepause, die hier eintrat. Das ist Pech zum Quadrat, wie meine kleine Großmutter gesagt hätte, die ihrer körperlichen Erscheinung wegen den Spitznamen Omaus trug. (Wer den nur erfunden hat!? Ich weiß es nicht mehr. Das war nicht abschätzig gemeint, sondern die größtmögliche Liebesbezeugung zu einer von zwei weltbesten Großmüttern!)
Diese Omaus hat mich auch für die Krankheitsphasen gestärkt. Als Kind hatte ich oft Bronchitis, Grippe oder was Dr. Spocks "Handbuch der Säuglings- und Kinderpflege" so hergab. Aus dieser Zeit weiß ich, wie wichtig es ist, immer selbstgekochte (Bio-)Hühnerbrühe im Tiefkühlfach zu haben. Dazu kommen viel Wasser und viel Schlaf, auch diese Fähigkeit habe ich mir von Kindertagen erhalten: Ich drehe mich zur Seite und spätestens nach einer Woche sieht die Welt wieder besser aus.
Am Set |
Ab Donnerstag geht's hier normal weiter.
Aktuelle Lesetipps zum Thema Dolmetschen
— Link: "Fehlerlesen", Zeit-Magazin (Online-Beitrag datiert auf den 13. Mai 2014)
— Analog (oder hinter der Paywall): "Richtig gehört? Was politische Dolmetscher erleben" von Norbert Heikamp, "Die Zeit" N° 21 vom 15.05.14.
Der Artikel bezieht sich auf die Glosse Lost in Translation, "Die Zeit" N° 19/2014. (Die Pointe, die sich erst durch Heikamps Antwort erschließt: Hier war je Sprache nur jeweils ein Dolmetscher verpflichtet worden.)
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Archivbilder: C.E., Interview dolmetschen
(oben links: Laurent Cantet)
1 Kommentar:
Tut mir Leid zu lesen, dass Du krank warst, Caro, und so hat's Dir Cannes versaut. Schade. Fährst Du nach Locarno oder Venedig? Und hast Du Empfehlungen aus Schwerin mitgebracht?
Cherioooo,
Th.
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