Sonntag, 5. Oktober 2008

Verloren am Set

Im Ausland zu drehen oder Presseinterviews zu geben, stellt Schauspieler und Regisseure vor besondere Herausforderungen. Besonders dann, wenn er oder sie merkt, dass etwas fehlt bei der Kommunikation mit den Kollegen, wenn der Dolmetscher an seiner Seite überfordert ist oder wegen Zeitknappheit, Bequemlichkeit oder Ignoranz kürzt.

Diese Situation hat Sofia Coppola in "Lost in Translation" (USA 2003) überspitzt dargestellt. Im Alltag ist es selten so extrem, aber wenn Ihr Dolmetscher halb so lange braucht für die gleiche Antwort eines ausländischen Muttersprachlers oder wenn eine Jugendliche in der Übertragung ähnlich klingt wie die übersetzten Worte eines alten Mannes, sollten Sie sich fragen, ob Sie es mit einem Dolmetschprofi zu tun haben.

Sie erinnern sich an die berühmte Suntory Time-Werbeszene, bei der Schauspieler Bob aus den USA am Set in Tokyo sprachlich abgehängt ist?
Hier ist der Dialog (Übersetzung aus dem Englischen, Quelle: NY Times).

- REGISSEUR (auf Japanisch zur Dolmetscherin): Die Übersetzung ist sehr wichtig, O.K.? Die Übersetzung!
- DOLMETSCHERIN: Ja, natürlich, ich verstehe.
- REGISSEUR: Mr. Bob-san. Sie sitzen ruhig in Ihrem Arbeitszimmer. Und dann steht da die Flasche Suntory Whisky auf dem Tisch. Verstehen Sie, ja? Sehr emotional blicken Sie langsam zur Kamera, zärtlich, und sagen ihre Worte, als würden Sie alte Freunde treffen. Als wären Sie Bogie in "Casablanca" sagen Sie: "Prost, ich trink' auf Euch, Kumpels" - Suntory time!
- DOLMETSCHERIN: Er möchte, dass Sie sich der Kamera zuwenden und hineinsehen. O.K.?
- BOB: War das alles?
- DOLMETSCHERIN: Ja, drehen Sie sich zur Kamera.
- BOB: Soll ich mich von rechts oder von links zur Kamera drehen?
- DOLMETSCHERIN (in sehr formellem Japanisch zum Regisseur): Er ist vorbereitet und drehfertig. Und er wüsste gerne, ob Sie, wenn der Film läuft, es lieber hätten, dass er sich nach links dreht, oder ziehen Sie es vor, dass er sich nach rechts dreht? Das ist, was er gerne beantwortet hätte, wenn Sie so freundlich wären.
- REGISSEUR (sehr schroff und in eher umgangssprachlichem Japanisch): Beides ist gleich gut. Dieses Detail ist nicht wichtig. Wir haben keine Zeit, Bob-san, O.K.? Sie müssen schnell machen. Zeigen Sie mehr Spannung. Schauen Sie in die Kamera. Langsam, mit Leidenschaft. Wir brauchen Leidenschaft. Verstehen Sie?
- DOLMETSCHERIN (auf Englisch zu Bob): Von rechts. Und, äh, mit Intensität.
- BOB: Ist das alles? Mir scheint, er hat ein wenig mehr gesagt als das.
- REGISSEUR: Wissen Sie - worüber Sie sprechen, das ist mehr als über Whisky. Verstehen Sie? Es ist, als ob Sie alte Freunde treffen würden. Zeigen Sie ihre wachsende Freude. Spannung ist wichtig! Denken Sie daran.
- DOLMETSCHERIN (auf Englisch zu Bob): Wie zu einem alten Freund - und in die Kamera.
- BOB: O.K.
- REGISSEUR: Verstehen Sie? Sie lieben Whisky. It's Suntory time! O.K.?
- BOB: O.K.
- REGISSEUR: O.K.? O.K., wir drehen! Los.
- BOB: For relaxing times, make it Suntory time.
- REGISSEUR: Cut, cut, cut, cut, cut! (Jetzt in einer sehr männlichen Variante japanischer Sprache, wie ein Vater, der sich an sein störrisches Kind wendet): Versuchen Sie nicht, mich zu verarschen. Tun Sie nicht so, als verstünden Sie mich nicht. Verstehen Sie denn, was wir hier machen wollen? Suntory ist sehr exklusiv. Der Klang dieser Worte ist sehr wichtig. Es ist ein teueres Getränk. Es ist die Nummer Eins. Nun machen Sie es noch einmal. Und Sie müssen fühlen, dass das hier exklusiv ist, O.K.? Das ist kein Alltags-Whisky, wissen Sie?
- DOLMETSCHERIN: Könnten Sie es langsamer machen und ... ?
- REGISSEUR: Mit mehr Gefühlen, mehr Hingabe.
- DOLMETSCHERIN: Intensiver.
- REGISSEUR (auf Englisch): Suntory time! Film ab.
- BOB: For relaxing times, make it Suntory time.
- REGISSEUR: Cut, cut, cut, cut, cut! Mein Gott, ich flehe dich an!
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Link zum Filmausschnitt
Foto: Screenshot - Bob (Bill Murray) und links die Dolmetscherin, rechts der Regisseur (die Kadrierung entspricht nicht der des Films)

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