Der Hauptunterschied zwischen audiovisuellem Dolmetschen und Dolmetschen in der Politik ist, dass wir bei der Arbeit für Medien die im Dolmetscheralltag üblichen Samthandschuhe ausziehen dürfen.
Dolmetschen im Kino (hier: Diskussionsrunde) |
Wer war da möglicherweise noch zugegen? Der oder die Dolmetscher/innen.
Natürlich würden wir nach außen immer behaupten, dass es unsere übergroße Friedensliebe wäre, die uns hier immer wieder auch ein wenig zu Friedensengeln macht. Da wir Spracharbeiter im Ausland studiert haben und häufig auch aus familiären Gründen Erfahrungen mit Menschen aus anderen Ländern haben, die wir ebenso wenig "Fremde" nennen würden wie unsere zweite Heimat ein "Ausland", stimmt das vielleicht sogar. Menschen mit interkulturellen Erfahrungen lassen sich seltener weismachen, dass der oder die andere Personengruppe von Grund auf böse ist und bekämpft werden muss.
Der Hauptgrund für diese verbalen Samthandschuhe ist sicher der Selbstschutz. Einstmals wurden Überbringer schlechter Nachrichten von den Herrschenden ermordet, so heißt es, deshalb wurde diese Vorsichtsmaßnahme ein Teil unserer Berufskultur, Diplomatie zur zweiten Haut, um ein weiteres Bild zu bemühen.
Beim audiovisuellen Dolmetschen wird der son of a bitch tatsächlich als "Hurensohn" verdolmetscht. Manchem gestandenen Konferenzdolmetscher fällt wegen der zweiten Haut das Arbeiten auf Festivals schwer, denn die Übertragung mit Schutzvorrichtung würde aus einem solchen Kerl maximal einen "Schlawiner" machen — so gehört bei der Simultanverdolmetschung eines Films in Berlin.
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Foto: C.E. (Archiv)
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