Herzlich willkommen auf den Seiten des ersten deutschen Weblogs aus
dem Inneren der Dolmetscherkabine. Hier schreibt eine
Französischdolmetscherin über ihre Einsätze in Berlin, Paris,
Cannes und anderswo.
Heute ist ein weiteres "Fräulein" des französischen Filmschaffens von uns gegangen, Mademoiselle Jeanne Moreau, auf das "Mademoiselle" wurden wir Dolmetscher seinerzeit vom Protokoll der Berlinale hingewiesen. Merci beaucoup, JM !
Ich bin traurig. Wiederholt durfte ich für sie dolmetschen. Unsere erste Begegnung war für uns beide allerdings stressig. Hier: "Ins Off gesprochen". Und es folgt ein zweiter Link, Gedanken über die Verwendung des Wörtchens "Fräulein".
______________________________
Filmausschnitt: Jules et Jim, François Truffaut
Was ich anbiete
Montag, 31. Juli 2017
Sonntag, 30. Juli 2017
Meow
Was eine Französischdolmetscherin so alles erlebt, können Sie hier
mitlesen. Ich arbeite mit den Sprachen Französisch und Englisch. Meine
Fachgebiete sind Politik und Wirtschaft, Medien/Kino, Kultur, Soziales,
Ökologie und Architektur mit dem Schwerpunkt Innenarchitektur. Der Sonntag ist meistens privat: Sonntagsfoto!
Der Fotoapparat als Sehhilfe. Und der Sonntag als Tag des Ausspannens und Treffens mit Freunden. Gute Brötchen, Wildkräuterpesto, Käse, Obst, so gehen auch Urlaubstage los. Dann Kunstbetrachtungen am Computer. Die Katze sonnt derweil ihr Fell. Unten das einzige Foto, in dem sie nicht wie eine sandfarbene Wiese vor dem Blumenkasten liegt.
Auf dem "sozialen" Netzwerk Facebook gelten Katzenbilder als der Renner für Klicks, als Mittel, um andere zu besänftigen (Spiegelneuronen) und überhaupt: Katzen, die Erfinder des Internets ist die schönste aller Urbanen Legenden, die ich kenne.
Vokabelnotiz
meow — Miau auf EN
miaou — Miau auf FR
______________________________
Foto: C.E., Bonjour à C.L. und D.B.
Der Fotoapparat als Sehhilfe. Und der Sonntag als Tag des Ausspannens und Treffens mit Freunden. Gute Brötchen, Wildkräuterpesto, Käse, Obst, so gehen auch Urlaubstage los. Dann Kunstbetrachtungen am Computer. Die Katze sonnt derweil ihr Fell. Unten das einzige Foto, in dem sie nicht wie eine sandfarbene Wiese vor dem Blumenkasten liegt.
Auf dem "sozialen" Netzwerk Facebook gelten Katzenbilder als der Renner für Klicks, als Mittel, um andere zu besänftigen (Spiegelneuronen) und überhaupt: Katzen, die Erfinder des Internets ist die schönste aller Urbanen Legenden, die ich kenne.
Vokabelnotiz
meow — Miau auf EN
miaou — Miau auf FR
Berliner Hinterhofidyll |
Foto: C.E., Bonjour à C.L. und D.B.
Kategorien:
Sonntagsbilder
Freitag, 28. Juli 2017
Scharmützel
Bonjour, hello, guten Tag! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Morgendliches Zeitunglesen mit den Fingern auf der Tastatur.
Wäre ich Spracharbeiterin mit dem Schwerpunkt Englisch geworden und im Bereich aktuelle Politik gelandet, ich würde mir jetzt ein anderes Arbeitsfeld suchen. Sprachunterricht ist ja eine schöne Sache. Oder das Übersetzen von Büchern.
Amerikanisches Englisch ist das Stichwort. Auch der neue Pressesprecher des Weißen Hauses, Anthony Scaramucci, unterläuft zuverlässig die Standards. Das kennen wir von dieser Regierung schon. Aber wie lassen sich solche Aussagen halbwegs anständig übertragen, ohne selbst in den Verdacht der Obszönität zu gelangen? Gar nicht. Denn so manches ist derzeit in der Politik unglaublich. In einem Interview mit dem New Yorker sagte dieser: I’m not Steve Bannon, I’m not trying to suck my own cock.
Nomen est omen. Der Name Scaramuccio stammt aus dem italienischen Volkstheater Commedia dell'Arte und geht auf das Wort scaramuccia zurück, "Scharmützel". Hier sind verbale Scharmützel gemeint, Wortgefechte, er sich mit den anderen Figuren liefert. Ebenso wird der Name auf den Fakt zurückgeführt, dass Scaramuccio am Ende der Stücke regelmäßig vom Harlekin verdroschen wird.
Vielleicht sucht der/die Übersetzerin mittels einer
Suchmaschine nach einer halbwegs tauglichen Übertragung. Wobei wir
Spracharbeiter ohnehin nicht "klassifiziert" werden können durch unsere
ständigen komischen Wortsuchen. Vor einigen Wochen hatte ich Dokumente
einer Strafsache auf meinem Tisch. Was ich da an Begriffen nachschlagen
durfte, war auch höchst abenteuerlich. Aber eben Rotlichtmilieu.
Was die Suchmaschinenbetreiber wohl von unsereinem denken? Kurz darauf lag ein Arztbrief auf meinem Tisch, dann Auszüge aus einem Scheidungsurteil. Ich bin froh über meinen Ad-Blocker und tant pis, sei's drum, dass ich damit nicht frei surfen kann. Werbung nervt ohnehin.
Vor allem bekomme ich nicht automatisch irgendwelche "meinen Interessen" entsprechende Werbung angezeigt.
"Stil ist alles", sagte James Joyce einst. Der Glückliche, er kannte die modernen Algorithmen noch nicht.
______________________________
Illustration: Maurice Sand, Masques et bouffons
(Wikicommons)
Wäre ich Spracharbeiterin mit dem Schwerpunkt Englisch geworden und im Bereich aktuelle Politik gelandet, ich würde mir jetzt ein anderes Arbeitsfeld suchen. Sprachunterricht ist ja eine schöne Sache. Oder das Übersetzen von Büchern.
Amerikanisches Englisch ist das Stichwort. Auch der neue Pressesprecher des Weißen Hauses, Anthony Scaramucci, unterläuft zuverlässig die Standards. Das kennen wir von dieser Regierung schon. Aber wie lassen sich solche Aussagen halbwegs anständig übertragen, ohne selbst in den Verdacht der Obszönität zu gelangen? Gar nicht. Denn so manches ist derzeit in der Politik unglaublich. In einem Interview mit dem New Yorker sagte dieser: I’m not Steve Bannon, I’m not trying to suck my own cock.
Nomen est omen. Der Name Scaramuccio stammt aus dem italienischen Volkstheater Commedia dell'Arte und geht auf das Wort scaramuccia zurück, "Scharmützel". Hier sind verbale Scharmützel gemeint, Wortgefechte, er sich mit den anderen Figuren liefert. Ebenso wird der Name auf den Fakt zurückgeführt, dass Scaramuccio am Ende der Stücke regelmäßig vom Harlekin verdroschen wird.
Scaramuccio |
Was die Suchmaschinenbetreiber wohl von unsereinem denken? Kurz darauf lag ein Arztbrief auf meinem Tisch, dann Auszüge aus einem Scheidungsurteil. Ich bin froh über meinen Ad-Blocker und tant pis, sei's drum, dass ich damit nicht frei surfen kann. Werbung nervt ohnehin.
Vor allem bekomme ich nicht automatisch irgendwelche "meinen Interessen" entsprechende Werbung angezeigt.
"Stil ist alles", sagte James Joyce einst. Der Glückliche, er kannte die modernen Algorithmen noch nicht.
______________________________
Illustration: Maurice Sand, Masques et bouffons
(Wikicommons)
Kategorien:
Sex (sells)
Kurzeinsätze
Ob geplant oder zufällig: Sie sind mitten in ein
Arbeitstagebuch hineingeraten, in dem sich alles um Sprache,
Dolmetschen, Übersetzen und Kulturen dreht. Als freiberufliche
Sprachmittlerin arbeite ich in Paris, Berlin, Toulouse, München und dort,
wo man mich braucht.
Neulich wollte ein Kunde, dass ich für ihn 30 Minuten arbeite: Das Thema sei allgemeine Politik, der Redner könne aber zu vertieften Statements kommen. (Es hat sich um einen Minister gehandelt.)
Ich so: "Derart kurze Einsätze mache ich grundsätzlich kostenlos. Das Einzige, was Sie bezahlen müssen, ist die Vorbereitung. Sie haben die Wahl: einen halben Tag, einen ganzen oder anderthalb Tage."
Die Sache ging gut aus. Alle waren am Ende happy.
Das Argument einer Kollegin geht so: "Es ist nicht wichtig, wie viele Reden wir an einem Tag verdolmetschen, daher rechnen wir auch nicht pro Rede ab. Das ist wie bei der Feuerwehr: Sie wird ja nicht pro gelöschtem Raum bezahlt, sondern für ihre Bereitschaft."
Marketing nicht für Maulfaule nenne ich das.
______________________________
Foto/Illustration: C.E.
Neulich wollte ein Kunde, dass ich für ihn 30 Minuten arbeite: Das Thema sei allgemeine Politik, der Redner könne aber zu vertieften Statements kommen. (Es hat sich um einen Minister gehandelt.)
Ich so: "Derart kurze Einsätze mache ich grundsätzlich kostenlos. Das Einzige, was Sie bezahlen müssen, ist die Vorbereitung. Sie haben die Wahl: einen halben Tag, einen ganzen oder anderthalb Tage."
Die Sache ging gut aus. Alle waren am Ende happy.
Das Argument einer Kollegin geht so: "Es ist nicht wichtig, wie viele Reden wir an einem Tag verdolmetschen, daher rechnen wir auch nicht pro Rede ab. Das ist wie bei der Feuerwehr: Sie wird ja nicht pro gelöschtem Raum bezahlt, sondern für ihre Bereitschaft."
Marketing nicht für Maulfaule nenne ich das.
Don't shoot the interpreter |
______________________________
Foto/Illustration: C.E.
Kategorien:
Grundsätzliches,
Money talks / Preise
Donnerstag, 27. Juli 2017
Brötchentest
Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Französisch und Englisch sind meine Arbeitssprachen. Meine Fachgebiete sind Politik und Wirtschaft, Medien und Kino, Kultur, Soziales, Ökologie und Architektur mit dem Schwerpunkt Innenarchitektur.
Lektorats|nicht|kundin hat einen Zwitter als Text, eine Kreuzung aus Festschrift und Hochzeitszeitung. Sie braucht jemanden zum Gegenlesen. Sie bietet zwei Euro pro Seite an. (Das überrascht mich ein wenig. Ich gehe nicht in den Laden und lege eigenmächtig die Preise für die Waren fest.)
Den Text bekomme ich vorher erstmal nicht zu sehen. Ich muss Argumente finden, um Einsicht zu erhalten. Die Vorlage ist leider so kaum verwendbar. Die Texte müssen erst umgeschrieben, dann lektoriert werden. Ich verdeutliche es an einem Beispiel. Die Dame hört nicht zu. Ich lehne den Auftrag ab und würde ihn auch ablehnen, wenn meine Brille schon fertig wäre. Die potentielle Kundin ist sauer. Ich versuche nochmal ruhig, den Aufwand zu klären. Sie weiß aber sicher, dass der Aufwand nicht so groß ist. Ich versuche es mit einem Bild.
Was wählen Sie für Ihren Frühstückshunger? Da gibt es das
Aufbackbrötchen vom Discounter mit allen möglichen chemischen
Substanzen drin, das nach einigen Stunden schon schmeckt wie eine
Kreuzung aus Schwamm und Pappe, und dann gibt es da das echte
Bäckerbrötchen, Handwerk aus echtem Teig mit Vorteig, für das ab drei
Uhr morgens jemand in der Backstube stand und das auch nach einem Tag
noch sehr gut genossen werden kann.
Ich hab's kürzer gesagt, als jetzt hier wiedergegeben. Die Dame hat leider nicht zugehört. Schade. Jeder Beruf hat seine Gesetze und Respekt ist ein hohes Gut. Das ist nicht meine Kundin. Weiter im Text. Es gibt genug zu tun.
______________________________
Fotos: C.E.
Lektorats
Den Text bekomme ich vorher erstmal nicht zu sehen. Ich muss Argumente finden, um Einsicht zu erhalten. Die Vorlage ist leider so kaum verwendbar. Die Texte müssen erst umgeschrieben, dann lektoriert werden. Ich verdeutliche es an einem Beispiel. Die Dame hört nicht zu. Ich lehne den Auftrag ab und würde ihn auch ablehnen, wenn meine Brille schon fertig wäre. Die potentielle Kundin ist sauer. Ich versuche nochmal ruhig, den Aufwand zu klären. Sie weiß aber sicher, dass der Aufwand nicht so groß ist. Ich versuche es mit einem Bild.
Gesehen in Tempelhof |
Ich hab's kürzer gesagt, als jetzt hier wiedergegeben. Die Dame hat leider nicht zugehört. Schade. Jeder Beruf hat seine Gesetze und Respekt ist ein hohes Gut. Das ist nicht meine Kundin. Weiter im Text. Es gibt genug zu tun.
______________________________
Fotos: C.E.
Kategorien:
Am Wegesrand aufgelesen,
Grundsätzliches
Montag, 24. Juli 2017
Hilfsmittel
Hier bloggt eine Dolmetscherin. Ich arbeite ins Französische und Deutsche. Ausgangssprachen sind DE, FR und EN. Daneben übersetze ich auch (mit Deutsch als Zielsprache).
Dolmetscherinnen können arbeiten, auch wenn sie nur wenig sehen. Aber die Arbeit als Übersetzerin ist ohne gutes Augenlicht oder korrigierte Werte nicht möglich. Meine Brille hat mich (vorübergehend) verlassen. Ersatzbeschaffung, Reparatur (Lieferzeit: zwei Wochen) und das Jonglieren mit Zweitsehhilfen, verschärft durch eine Bindehautentzündung, das sind Sommerereignisse in Kaskade, wie ich sie gerne ausgelassen hätte. Denn die Kontaktlinsen fielen durch die Entzündung zunächst als Ersatz aus.
Ohne Hilfsmittel sehe ich exakt acht Zentimeter weit scharf. Das entspricht Werten im knapp zweistelligen Minusbereich.
Die schlechten Augen sind erblich. Das bedeutet zugleich Glück im Unglück: Nach Aufbringung von etwas Geduld habe ich nach einer Reise jetzt gebrauchte Ersatzgläser|in der Hand| auf der Nase, die mich wenigstens für einige Stunden am Tag die wichtigsten Dinge des Tages selbstständig erledigen lassen, denn sie kommen meinen schlechten Werten einigermaßen nahe. Anstrengender ist der Alltag trotzdem noch. Und der Rechner zuhause hat eine Diktierfunktion. Damit muss ich "nur" Korrekturlesen.
Was gibt's Neues in der Branche? Die Berliner Schüler haben Sommerferien, viele Menschen sind verreist. Nur wenige Dolmetscherinnen sind in der Hauptstadt geblieben und kümmern sich um Notfälle. Ich hoffe nach dem eigenen Stress auf ruhige Tage.
ZDF enterprises sucht Werkstudenten für die (ich nehme stark an überwiegend einsprachige) "Untertitelung von Spiel- und Dokumentarfilmen, Shows und Serien sowie Social-Media-Clips", das "Kürzen und Redigieren von Texten für die Untertitelung für deutsche, österreichische und internationale Kunden", dem "gewissenhafte Recherche von Fakten und Schreibweisen vorausgehen" sollte (Ausschreibungstext in Anführungszeichen).
Früher war Untertitler ein Beruf für zumeist fertigstudierte Menschen, die mit ihrem Einkommen Kinder ernähren, ein Haus bauen und Geld fürs Alter zurücklegen konnten. Heute werden von den Sendern Studenten angesprochen, andere, die in der Futterkette weiter unten stehen, greifen auf Hausfrauen und Schüler zurück.
Darum sind die Titel oft so, wie sie sind. Professionelle Arbeit setzt Wissen, Bildung und Erfahrung sowie Lektoren voraus. Ausnahmen, wo der Nachwuchs frühvollendet großartig arbeitet, sind Glücksfälle, aber eben nicht die Regel.
Ich finde barrierefreie Medien wirklich großartig und wünschte mir, dass die
Arbeit daran auch angemessen bezahlt wird. Mögen die Verantwortlichen
bitte mal ganz genau hinsehen!
Mit oder ohne visuelle Hilfsmittel.
Und mit meinen schlechten Augen habe ich die Hörfassungen mancher Filme zu schätzen gelernt.
______________________________
Fotos: C.E.
"Hochbrechendes Glas" 2.0 |
Ohne Hilfsmittel sehe ich exakt acht Zentimeter weit scharf. Das entspricht Werten im knapp zweistelligen Minusbereich.
Die schlechten Augen sind erblich. Das bedeutet zugleich Glück im Unglück: Nach Aufbringung von etwas Geduld habe ich nach einer Reise jetzt gebrauchte Ersatzgläser
Was gibt's Neues in der Branche? Die Berliner Schüler haben Sommerferien, viele Menschen sind verreist. Nur wenige Dolmetscherinnen sind in der Hauptstadt geblieben und kümmern sich um Notfälle. Ich hoffe nach dem eigenen Stress auf ruhige Tage.
ZDF enterprises sucht Werkstudenten für die (ich nehme stark an überwiegend einsprachige) "Untertitelung von Spiel- und Dokumentarfilmen, Shows und Serien sowie Social-Media-Clips", das "Kürzen und Redigieren von Texten für die Untertitelung für deutsche, österreichische und internationale Kunden", dem "gewissenhafte Recherche von Fakten und Schreibweisen vorausgehen" sollte (Ausschreibungstext in Anführungszeichen).
Früher war Untertitler ein Beruf für zumeist fertigstudierte Menschen, die mit ihrem Einkommen Kinder ernähren, ein Haus bauen und Geld fürs Alter zurücklegen konnten. Heute werden von den Sendern Studenten angesprochen, andere, die in der Futterkette weiter unten stehen, greifen auf Hausfrauen und Schüler zurück.
Darum sind die Titel oft so, wie sie sind. Professionelle Arbeit setzt Wissen, Bildung und Erfahrung sowie Lektoren voraus. Ausnahmen, wo der Nachwuchs frühvollendet großartig arbeitet, sind Glücksfälle, aber eben nicht die Regel.
Modell "Heinz Ehrhardt" (links), Modell "Heiner Müller" (rechts) |
Mit oder ohne visuelle Hilfsmittel.
Und mit meinen schlechten Augen habe ich die Hörfassungen mancher Filme zu schätzen gelernt.
______________________________
Fotos: C.E.
Kategorien:
Am Wegesrand aufgelesen,
Kopfkino
Sonntag, 23. Juli 2017
Blütenträume
Ob geplant oder zufällig, Sie lesen auf den Blogseiten einer Spracharbeiten. Was Dolmetscher für Französisch, Deutsch und Englisch (bei mir nur Ausgangssprache) so machen, können Sie hier verfolgen. Sonntags werde ich privat. Zeit fürs Sonntagsfoto.
Wenn die Fernsicht nicht gegeben ist (und auch die Altersweitsicht auf sich warten lässt), kann die Nahsicht besonders schön sein. Oder: Als mir mal ganz blümerant wurde. (Fortsetzung folgt.)
______________________________
Foto: C.E.
Wenn die Fernsicht nicht gegeben ist (und auch die Altersweitsicht auf sich warten lässt), kann die Nahsicht besonders schön sein. Oder: Als mir mal ganz blümerant wurde. (Fortsetzung folgt.)
______________________________
Foto: C.E.
Kategorien:
Am Wegesrand aufgelesen
Samstag, 22. Juli 2017
taz-Interview
Bonjour de Berlin, hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin. Samstags stehen hier (wenn ich dazu komme) meine Lieb-Links der Woche.
Neulich habe ich einer Nachwuchskraft der taz einige Fragen beantwortet. Das kurze Interview steht in voller Länge hier: klick!
Und wieder passierte, was passieren musste. Wir Menschen mit komplizierten Berufen erklären nämlich immer der Presse alles en détail, und am Ende setzt jemand von der Schlussredaktion eine neue Überschrift oder tauscht irgendwo zwei Wörter aus. Nein, liebe taz-Schlussredaktion, der Begriff "Übersetzer" ist kein Synonym für das Wort "Dolmetscher" (auch wenn ich persönlich beide Felder abdecke). Ich verweise auf meine Logline: siehe oben. So kompliziert ist das eigentlich gar nicht.
Danke, Martha Rusche, für die schönen Fragen! Et bonne continuation ! Alles Gute auf dem weiteren Bildungsweg!
______________________________
Illustrationsvorlage: taz
Neulich habe ich einer Nachwuchskraft der taz einige Fragen beantwortet. Das kurze Interview steht in voller Länge hier: klick!
Fotoausschnitt der Holzausgabe der Zeitung |
Danke, Martha Rusche, für die schönen Fragen! Et bonne continuation ! Alles Gute auf dem weiteren Bildungsweg!
______________________________
Illustrationsvorlage: taz
Kategorien:
Grundsätzliches,
Medien
Freitag, 14. Juli 2017
Auf dem Schreibtisch XXXXIII
Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mitten in ein Arbeitstagebuch hineingeraten, in dem sich alles um Sprache, Dolmetschen, Übersetzen und Kulturen dreht. Als freiberufliche Sprachmittlerin arbeite ich in Paris, Berlin, Versailles, Potsdam und dort, wo man mich braucht. Heute wieder: Blick auf den Schreibtisch.
Noch ist bei mir kein echtes Sommerfeeling ausgebrochen, was auch am nasskühlen Berliner Wetter liegt, das übrigens ein Grund mehr dafür ist, Auswärtstermine anzunehmen. Ich bin gut wieder in Berlin gelandet. Was steht an?
⊗ Die Rolle der Maschine im französischen Roman
⊗ Solarenergie im Maghreb (Nachbereitung)
⊗ Filmfinanzierungsgesetz (Nachlese)
⊗ Startups in Berlin (Nachlese)
⊗ Burkina Faso (Übersetzungskorrektorat)
⊗ Naturnahe Tierzucht (Schwein)
⊗|Drehbuchübersetzung|
Das Drehbuch ist aus technischen Gründen vertagt. Die Vokabellisten warten in der Ablage. Parallel dazu: Ein großer Buchhaltungsnachtrag und Terminplanung bis zum ersten Halbjahr 2018. Es sind schon Buchungen für den Frühsommer '18 da.
Ich freue mich jetzt erstmal auf Sommer 2017 und meinen Urlaub, den ich mit Besuchsgästen in Berlin verbringen werde. Wer beruflich viel reist, genießt das Zuhausebleiben.
______________________________
Foto: C.E. (Archiv)
Noch ist bei mir kein echtes Sommerfeeling ausgebrochen, was auch am nasskühlen Berliner Wetter liegt, das übrigens ein Grund mehr dafür ist, Auswärtstermine anzunehmen. Ich bin gut wieder in Berlin gelandet. Was steht an?
Sommerbüro (gesehen in Neukölln) |
⊗ Solarenergie im Maghreb (Nachbereitung)
⊗ Filmfinanzierungsgesetz (Nachlese)
⊗ Startups in Berlin (Nachlese)
⊗ Burkina Faso (Übersetzungskorrektorat)
⊗ Naturnahe Tierzucht (Schwein)
⊗
Ich freue mich jetzt erstmal auf Sommer 2017 und meinen Urlaub, den ich mit Besuchsgästen in Berlin verbringen werde. Wer beruflich viel reist, genießt das Zuhausebleiben.
______________________________
Foto: C.E. (Archiv)
Kategorien:
Am Wegesrand aufgelesen,
Arbeitsplätze
Donnerstag, 13. Juli 2017
Mehr Platz!
Über das Leben in Dolmetscherkabinen berichte ich hier seit 2007. Nebenschauplatz ist der Schreibtisch, auch wenn wir hier mehr Zeit zubringen als in der Box selbst, aber eben ohne Zuschauer. Neben dem Dolmetschen übersetzen viele Kolleginnen und Kollegen. Auch das ist ebenso Gegenstand dieses Blogs wie sprachliche oder kulturelle Besonderheiten "meiner" Länder.
Über die Arbeit von Dolmetschern berichten Medien und Kunst selten. Wenn doch, oft mit groben Fehlern. In Xavier Marias' "Mein Herz so weiß" machen Dolmetscher absichtlich Fehler. Sowas gibt es nicht. Andere Autoren sind bemüht, inkonsequent bis entstellend, siehe die Kritik "Dolmetscher im Film".
Ein anderes Thema ist der Mediengebrauch von Dolmetschern. Wir arbeiten oft rechnergestützt und finden immer öfter Monitore in der Kabine vor. Programme, Präsentationen sowie unsere eigenen
Vokabellisten führen unweigerlich zu Stapelbildung auf den ohnehin schon
kleinen Tischchen. Viel Aufwand dafür, dass wir mit Wörtern jonglieren können.
Auf weitere Jonglage hat kaum eine(r) Lust. Leistungsstarke Geräte sind allerdings nicht wegzudenken. Konferenzen nutzen gerne Videos, manche Vortragende liefern ihre Präsentationen in letzter Minute ab, wechseln aus Anschauungsgründen plötzlich das Thema. (Eben ging es noch um die Übersetzbarkeit von Lyrik, auf einmal taucht das Wort "Ehegattensplitting" auf.)
Nicht selten verkürzen wir die Mittagspause, weil wieder eine
Rednerin/ein Redner sich nicht an die zu lasch kommunizierten
Abgabetermine gehalten hat. Ohne Rechner und Technik wäre das undenkbar. Ältere Dolmetschpulte stehen in der Mitte, das Mikro ist am Kopfhörer; neuere Geräte gibt's in zweifacher Ausführung mit eigenem Mikrofon. Das ist praktisch, kostet aber weiter Platz. Ein Wasserglas muss ja auch noch irgendwo hin.
Das Tagungsprogramm kleben wir uns gerne auf die Innenseite der Scheibe. Sonst gibt es wenig Ausbaufläche. Die logische Konsequenz lautet: Die Technik muss kleiner werden.
Da ich die Hersteller von Pulten leider nicht beeinflussen kann, probiere ich es mal mit meinem Rechner. Die Firma mit dem angebissenen Obst als Logo stellt leider keinen Minirechner her, sondern bietet zu einem zu groß ausgefallenen Taschentelefon mit ausgewachsener Tastatur an. So einen IPad habe ich gerade im Testversuch. In der Kabine überzeugt er mich, auch wenn einiges enorm stört: Ich weiß noch nicht, wie ich Dokumente in Dossiers abspeichern kann, auch kann ich sie nicht nach Downloaddatum sortieren, sondern muss sie aufwändig umbenennen und mit einer Kennziffer beginnen lassen, damit sie übersichtlich werden.
Und "intuitiv" ist hier rein gar nichts.
Ich verwende schon mein ganzes Konferenzdolmetscherinnenleben Geräte dieser Marke und habe den Eindruck, wieder von vorne anzufangen.
Auch das Abspeichern und Weitersenden von Dateien scheint nur über die "Cloud" möglich (EDIT: Solange kein Mailkonto auf dem Rechner installiert ist. Ich verwende derzeit hier ein Webmailprogramm). Ich hoffe, dass es Zusatzapps gibt, um das Abspeichern im Netz zu umgehen. DAS ist total ungeeignet für den Kabinenbetrieb, in dem wir oft mit sensiblen Daten hantieren. Der Technikhersteller bekommt von mir in Sachen Datensicherheit und Übertragbarkeit bestehender Kenntnisse eine glatte Sechs. Und für Geräte mit einem "Fair Trade"-Siegel und modernisierbaren Komponenten würde ich gerne Prozentsätze im unteren zweistelligen Bereich mehr zahlen.
Aber das sind schon zwei andere Themen.
______________________________
Fotos: C.E.
Katja Riemann in einem Film von 2011 |
Später auf dem Monitor: Die Vorderseiten der Redner |
Auf weitere Jonglage hat kaum eine(r) Lust. Leistungsstarke Geräte sind allerdings nicht wegzudenken. Konferenzen nutzen gerne Videos, manche Vortragende liefern ihre Präsentationen in letzter Minute ab, wechseln aus Anschauungsgründen plötzlich das Thema. (Eben ging es noch um die Übersetzbarkeit von Lyrik, auf einmal taucht das Wort "Ehegattensplitting" auf.)
Gedrängel in der Kabine |
Das Tagungsprogramm kleben wir uns gerne auf die Innenseite der Scheibe. Sonst gibt es wenig Ausbaufläche. Die logische Konsequenz lautet: Die Technik muss kleiner werden.
Sieht schon besser aus |
Und "intuitiv" ist hier rein gar nichts.
Ich verwende schon mein ganzes Konferenzdolmetscherinnenleben Geräte dieser Marke und habe den Eindruck, wieder von vorne anzufangen.
Auch das Abspeichern und Weitersenden von Dateien scheint nur über die "Cloud" möglich (EDIT: Solange kein Mailkonto auf dem Rechner installiert ist. Ich verwende derzeit hier ein Webmailprogramm). Ich hoffe, dass es Zusatzapps gibt, um das Abspeichern im Netz zu umgehen. DAS ist total ungeeignet für den Kabinenbetrieb, in dem wir oft mit sensiblen Daten hantieren. Der Technikhersteller bekommt von mir in Sachen Datensicherheit und Übertragbarkeit bestehender Kenntnisse eine glatte Sechs. Und für Geräte mit einem "Fair Trade"-Siegel und modernisierbaren Komponenten würde ich gerne Prozentsätze im unteren zweistelligen Bereich mehr zahlen.
Aber das sind schon zwei andere Themen.
______________________________
Fotos: C.E.
Kategorien:
Medien
Freitag, 7. Juli 2017
POV: Relais
Bonjour, hello und guten Tag! Wie Dolmetscherinnen arbeiten, können Sie hier mitlesen. Ich dolmetsche bilateral Deutsch-Französisch und aus dem Englischen. Heute: POV, point of view, der subjektive Blick plus schneller Erklärung, Technikmix bei einer Arbeitssitzung.
Relais, englisch Relay, heißt in meiner Branche, dass ich mir den Ton von Kollegen schnappe zum Arbeiten. Ein Beispiel aus dem Gewerkschaftskontext: Eine Arbeitsgruppe nutzt die installierten Kabinen für Spanisch und Englisch; wir hingegen, das Duo für Französisch, haben auf der Bühne hinter den Rednerinnen und Rednern Platz genommen.
Alles, was gesagt wird, flüstern wir ins Mikro. Unsere Kundin bekommt die Worte simultan auf den Kopfhörer gesendet. Wenn sie das Wort ergreift, dolmetschen wir konsekutiv, also in Pausen hinein, die sie uns dankenswerterweise einräumt.
Dazu nutzen wir die sogenannte Notizentechnik als Gedächtnisstütze.
Spricht jemand auf der Bühne oder im Publikum Spanisch oder unverständliches Englisch, haben wir selbst Kopfhörer auf, jene, die zu den Kabinen im Bildhintergrund gehören, und nutzen das Elaborat der Kolleginnen und Kollegen als Ausgangssprache.
Hier müssen alle sehr akkurat arbeiten, damit kein Stille Post-Effekt entsteht.
______________________________
Fotos: C.E.
Im Bildhintergrund seitlich die Kabinen |
Empfangs- und Sendegerät nebeneinander |
Alles, was gesagt wird, flüstern wir ins Mikro. Unsere Kundin bekommt die Worte simultan auf den Kopfhörer gesendet. Wenn sie das Wort ergreift, dolmetschen wir konsekutiv, also in Pausen hinein, die sie uns dankenswerterweise einräumt.
Dazu nutzen wir die sogenannte Notizentechnik als Gedächtnisstütze.
Spricht jemand auf der Bühne oder im Publikum Spanisch oder unverständliches Englisch, haben wir selbst Kopfhörer auf, jene, die zu den Kabinen im Bildhintergrund gehören, und nutzen das Elaborat der Kolleginnen und Kollegen als Ausgangssprache.
Hier müssen alle sehr akkurat arbeiten, damit kein Stille Post-Effekt entsteht.
______________________________
Fotos: C.E.
Kategorien:
Arbeitsplätze
Donnerstag, 6. Juli 2017
Vintage und so
Bonjour und hallo! Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Ich übersetze und dolmetsche (Französisch und aus dem Englischen). Wie wohnen wir, wie leben wir? Ich schaue mich in Neukölln um und der Berliner Avantgarde auf die Schnauze.
Vintage heißt das neue Modewort, der gebrauchte Schick alter Zeiten, der aber der Moderne entspingt. Er ist von Shabby Shic zu unterscheiden. Vintage ist die Armbanduhr, Shabby Chic mein Küchenbuffet, das noch seinen Originalanstrich aus den 1950-er Jahren aufweist (weiß) und das mit ausladenden Formen eines Streamliners überzeugt. (Das ist aber nur so, weil ich mich für keine Farbe entscheiden kann und im Haus immer andere Sachen dringender zu ändern sind.)
Neulich hab ich die Farbauswahl sogar geträumt. Die Malerarbeiten müssen jetzt auf das Ende der verlängerten Dolmetschsaison warten.
Eine schicke Küche gehört bei vielen Menschen durchaus zu den Distinktionsmerkmalen. In den Wohnungen, die ich mit meinen Privatkunden besichtige, hier geht es um Relocation oder Erstbezug in Berlin im Fall von Geflüchteten, fallen die abgerockten Kaufhausküchen negativ auf, für die eine nicht erklärbar hohe Ablösesumme zu zahlen ist.
Bei mir muss die Küche vor allem meinen Gewohnheiten entsprechen, gemütlich und einfach zugleich sein. Die neue avantgardistische, wertkonservative gesellschaftliche Mitte der Postmaterialisten erkennt einander eher an Selbstbauküchen oder an Armbanduhren vom Flohmarkt für sieben Euro, die für sieben Euro fuffzig einen neuen Verschluss bekommen, damit das elend lange Genestele morgens am unpassenden Karabiner ein Ende hat, als an der 2000- oder 200.000-Euro-Uhr, an der sich jene erkennen, die das offenbar schwer nötig haben. Ein solch' teures Stück würde schon deshalb nicht zu meinen Gewohnheiten passen, da ich Protz hasse. Ich bin achtsam, aber nicht panisch — und schnell muss es gehen mit den nicht so wichtigen Sachen. Mehr Zeit fürs Wesentliche! Und eine Uhr für das Dolmetschen der Veranstaltungen, bei denen Handy und Laptop verboten sind, muss Low tech sein.
Früher hießen Vintageobjekte einfach "Flohmarktsachen" oder "Trödel". In Berlin wurde Vintage Mode, weil immer mehr Menschen ihre Bedürfnisse aus ökonomischen, ökologischen oder praktischen Gründen auf Parallelmärkten decken. Ich habe seit 20 Jahren meine Wohnung in Neukölln (wenn ich nicht in Frankreich bin); der hier oft aufzufindende Chic leitet sich direkt vom Dictum des früheren Bürgermeisters Wowereit ab: "Arm, aber sexy". Und nein, das ist nicht mein "Statement am Handgelenk", um Werbedeutsch zu zitieren. Ökonomisch betrachtet: die Restnutzungsdauerverlängerung schlafenden Kapitals. Meine Eltern sind stolz auf mich.
______________________________
Foto/Collage: C.E.
Heute treib' ich's bunt |
Neulich hab ich die Farbauswahl sogar geträumt. Die Malerarbeiten müssen jetzt auf das Ende der verlängerten Dolmetschsaison warten.
Eine schicke Küche gehört bei vielen Menschen durchaus zu den Distinktionsmerkmalen. In den Wohnungen, die ich mit meinen Privatkunden besichtige, hier geht es um Relocation oder Erstbezug in Berlin im Fall von Geflüchteten, fallen die abgerockten Kaufhausküchen negativ auf, für die eine nicht erklärbar hohe Ablösesumme zu zahlen ist.
Bei mir muss die Küche vor allem meinen Gewohnheiten entsprechen, gemütlich und einfach zugleich sein. Die neue avantgardistische, wertkonservative gesellschaftliche Mitte der Postmaterialisten erkennt einander eher an Selbstbauküchen oder an Armbanduhren vom Flohmarkt für sieben Euro, die für sieben Euro fuffzig einen neuen Verschluss bekommen, damit das elend lange Genestele morgens am unpassenden Karabiner ein Ende hat, als an der 2000- oder 200.000-Euro-Uhr, an der sich jene erkennen, die das offenbar schwer nötig haben. Ein solch' teures Stück würde schon deshalb nicht zu meinen Gewohnheiten passen, da ich Protz hasse. Ich bin achtsam, aber nicht panisch — und schnell muss es gehen mit den nicht so wichtigen Sachen. Mehr Zeit fürs Wesentliche! Und eine Uhr für das Dolmetschen der Veranstaltungen, bei denen Handy und Laptop verboten sind, muss Low tech sein.
Früher hießen Vintageobjekte einfach "Flohmarktsachen" oder "Trödel". In Berlin wurde Vintage Mode, weil immer mehr Menschen ihre Bedürfnisse aus ökonomischen, ökologischen oder praktischen Gründen auf Parallelmärkten decken. Ich habe seit 20 Jahren meine Wohnung in Neukölln (wenn ich nicht in Frankreich bin); der hier oft aufzufindende Chic leitet sich direkt vom Dictum des früheren Bürgermeisters Wowereit ab: "Arm, aber sexy". Und nein, das ist nicht mein "Statement am Handgelenk", um Werbedeutsch zu zitieren. Ökonomisch betrachtet: die Restnutzungsdauerverlängerung schlafenden Kapitals. Meine Eltern sind stolz auf mich.
Wahrscheinlich in der DDR hergestellt, dann im westlichen Versandkatalog angeboten |
Foto/Collage: C.E.
Kategorien:
Sprachschatz,
Wie wir leben
Dienstag, 4. Juli 2017
Kundenpost
Herzlich willkommen auf den Seiten des ersten deutschen Weblogs aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Hier schreibt eine Französischdolmetscherin über ihre Einsätze in Berlin, Paris, Cannes und anderswo. Heute: Post!
Gerade
ist es hier auf den Blogseiten mal wieder etwas ruhiger. Mal schauen,
was sich nachtragen lässt, was überhaupt sinnvoll ist.
Denn es gibt durchaus die Möglichkeit, als Spracharbeiterin in Zeitnot zu geraten. In den letzten Wochen und Monaten habe ich wie immer meine Angebote geschrieben ... aber anstatt dass wie üblich ungefähr die Hälfte klappt, habe ich diesen Frühling nur Zusagen geerntet! Was mich natürlich freut.
So darf ich mal ein Managerleben testen. Das mit Spracharbeit nicht wirklich kombinierbar ist. Naja, kurzfristig schon.
Sehr gefreut hat mich gerade die Mail einer Kundin: ... ich möchte mich ganz herzlich für Ihren tollen Dolmetschereinsatz zum Thema ... bedanken. Leider konnte ich nicht persönlich dabei sein, aber ... [die Teilnehmer haben] mir berichtet, dass die Zusammenarbeit ausgesprochen nett und unkompliziert war und Sie eine hervorragende Dolmetscherin sind. Auch für die spontane Bereitschaft, den Besuch der Moschee zu begleiten, danke ich Ihnen. Ich hoffe, dass es auch für Sie eine interessante Arbeit war und ich auch in Zukunft wieder auf Sie zukommen darf.
Thank you! It was a pleasure!
______________________________
Foto: C. Heyken
Typische Handbewegung |
Denn es gibt durchaus die Möglichkeit, als Spracharbeiterin in Zeitnot zu geraten. In den letzten Wochen und Monaten habe ich wie immer meine Angebote geschrieben ... aber anstatt dass wie üblich ungefähr die Hälfte klappt, habe ich diesen Frühling nur Zusagen geerntet! Was mich natürlich freut.
So darf ich mal ein Managerleben testen. Das mit Spracharbeit nicht wirklich kombinierbar ist. Naja, kurzfristig schon.
Sehr gefreut hat mich gerade die Mail einer Kundin: ... ich möchte mich ganz herzlich für Ihren tollen Dolmetschereinsatz zum Thema ... bedanken. Leider konnte ich nicht persönlich dabei sein, aber ... [die Teilnehmer haben] mir berichtet, dass die Zusammenarbeit ausgesprochen nett und unkompliziert war und Sie eine hervorragende Dolmetscherin sind. Auch für die spontane Bereitschaft, den Besuch der Moschee zu begleiten, danke ich Ihnen. Ich hoffe, dass es auch für Sie eine interessante Arbeit war und ich auch in Zukunft wieder auf Sie zukommen darf.
Thank you! It was a pleasure!
______________________________
Foto: C. Heyken
Sonntag, 2. Juli 2017
Die Wochenlage
Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin. Französisch und Englisch sind meine Arbeitssprachen. Wohin steuert die Welt? Mir ist nicht nach einem Wort zum Sonntag zumute.
Als ich Hintergrundmaterial für die nächste Konferenz lese, muss abends um sechs damit aufhören, damit ich nachts schlafen kann.
Jean Zieglers Satz, dass die reichen Länder die Kinder der ärmsten Länder töten, ist zwar hart, aber leider richtig. Er fordert im tagesschau.de-Interview: "Schafft die G20-Treffen ab!"
Die zentralen Probleme lassen sich auch per Textvorlagen und Unterschriften klären, denn sie müssten unter Einsatz gesunden Menschenverstands unstrittig sein. Dringend beendet gehört der Börsenhandel mit und das Wetten auf die Preise von Lebensmitteln, zumal und besonders in Zeiten, in denen ganze Landstriche immer heißer und trockener werden. Auch andere Lebensgrundlagen dürfen nicht in private Hand, und der Wohnungssektor braucht einen starken öffentlichen, gemeinnützigen Counterpart. Solche Entscheidungen könnten, wenn sie erst gefällt sind, im Umlaufverfahren unterzeichnet werden.
Unsere Repräsentanten, also Menschen, die wir zur Führung der Amtsgeschäfte freigestellt haben, haben Angst vor uns und vor dem abstrakt (und manchmal leider sehr konkret) Bösen. Daher mauert man sich hochgerüstet ein. "Wie Hamburg zur Rüstungsmesse wird" schreibt prompt das Manager Magazin. Jetzt hab' ich's kapiert. Das Event ist eine Roadshow für die Waffen- und High-Tech-Schmieden! Die Kosten des ganzen Spektakels sollen, Hamburger Quellen zufolge, bei um die 200 Mio. Euro liegen. Vergleich: Die Elbphilharmonie war für 800 Millionen Euro zu haben.
Das Geld wäre anderswo besser investiert. Ich plädiere europaweit für Musikschulen mit großartigen Angeboten in allen Wohnvierteln, besonders in den Armen- und Mittelschichtquartieren, mit Einzel- und Gruppenunterrichten. Denn die einen können es sich nicht leisten und bei den anderen fällt das als erstes weg. DAS wäre sinnvoll! Denn Kinder und Jugendliche lernen hier, dass sie durch regelmäßiges, konzentriertes Arbeiten weiterkommen, sie lernen aber auch, sich zu vergleichen und Ansporn durch die Besten aufzugreifen, sie lernen Frustrationstoleranz und Selbstregulierung, Verantwortung und im Zusammenspiel das Eingehen auf andere ... und das brauchen alle.
Das brauchen jene Deklassierten, die großspurig tun um ihr Nichtwissen zu kompensieren, die das Gefühl haben, chancen- und wertlos zu sein, die aufgrund ihrer negativen Erfahrungen der beste Nährboden für alle Formen von -ismen sind, die die perversen Rattenfänger für sie bereithalten. Das brauchen jene, denen die eigenen Übereltern jedes Problem aus dem Weg räumen, die überbehütet sind und grundlos verwöhnt, und zwar aus verdammt ähnlichen Gründen.
Ziegler fordert stattdessen, die UN zu stärken und Eilmaßnahme für die ärmsten Staaten einzuleiten. Denn der Gedanke ist schon ein wenig absurd, dass genau jene Staaten, die für die zentralen Probleme der Natur, Gesellschaften und Wirtschaft verantwortlich sind, jetzt im gemeinsamen Gespräch den Willen und die Wege für ihre Lösung finden sollen.
Wobei die Analyse der Probleme und ihre Diskussionen ohnehin oft schon auf Wissenschaftler- und Staatssekretärsebene zusammen mit den Betroffenen stattfinden. Als Dolmetscherin weiß ich etwas davon. Warum habe ich nur so oft das Gefühl, in den Vorlagen der Repräsentanten an der Spitze davon fast nichts wiederzufinden?
Was war noch diese Woche? Griechenland wird von der Ex-"Troika" dazu genötigt, seine Wasser- und Gasversorgung zu privatisieren. Ich muss daran denken, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Europas dagegen ist, Institutionen der Daseinsfürsorge Aktionären zu verkaufen.
(Paris und Berlin waren diesen Weg im Bereich Wasser schon gegangen und haben mit großen Verlusten für die Bürger rekommunalisiert.) Und ich denke daran, dass die Vertreter der "Troika" überwiegend nicht aus Wahlen hervorgegangen sind, also nicht demokratisch legitimiert sind.
Und waren es nicht Vorläufertreffen des G20, zum Beispiel das Treffen der Finanzminister 1999, das (auch) zur Deregulierung der Finanzmärkte und zu den letzten Crashs geführt hat? Langsam schwant jedenfalls der Frau und dem Mann von der Straße, was es mit Zockerbörsen, Vergiftung unserer Lebensgrundlagen und Klimawandel auf sich hat. Starkregen wie diese Woche in Berlin, wo die Menge eines Vierteljahrs binnen 24 Stunden runterkommt, kann niemand mehr übersehen.
Und nein, hier helfen keine Ideologien und politischen Lager, es ist das Gebot der Menschlichkeit, hier genau hinzusehen. Doch ein Wort zum Sonntag geworden.
______________________________
Fotos: C.E.
Es war sehr feucht in Berlin |
Jean Zieglers Satz, dass die reichen Länder die Kinder der ärmsten Länder töten, ist zwar hart, aber leider richtig. Er fordert im tagesschau.de-Interview: "Schafft die G20-Treffen ab!"
Die zentralen Probleme lassen sich auch per Textvorlagen und Unterschriften klären, denn sie müssten unter Einsatz gesunden Menschenverstands unstrittig sein. Dringend beendet gehört der Börsenhandel mit und das Wetten auf die Preise von Lebensmitteln, zumal und besonders in Zeiten, in denen ganze Landstriche immer heißer und trockener werden. Auch andere Lebensgrundlagen dürfen nicht in private Hand, und der Wohnungssektor braucht einen starken öffentlichen, gemeinnützigen Counterpart. Solche Entscheidungen könnten, wenn sie erst gefällt sind, im Umlaufverfahren unterzeichnet werden.
Unsere Repräsentanten, also Menschen, die wir zur Führung der Amtsgeschäfte freigestellt haben, haben Angst vor uns und vor dem abstrakt (und manchmal leider sehr konkret) Bösen. Daher mauert man sich hochgerüstet ein. "Wie Hamburg zur Rüstungsmesse wird" schreibt prompt das Manager Magazin. Jetzt hab' ich's kapiert. Das Event ist eine Roadshow für die Waffen- und High-Tech-Schmieden! Die Kosten des ganzen Spektakels sollen, Hamburger Quellen zufolge, bei um die 200 Mio. Euro liegen. Vergleich: Die Elbphilharmonie war für 800 Millionen Euro zu haben.
Das Geld wäre anderswo besser investiert. Ich plädiere europaweit für Musikschulen mit großartigen Angeboten in allen Wohnvierteln, besonders in den Armen- und Mittelschichtquartieren, mit Einzel- und Gruppenunterrichten. Denn die einen können es sich nicht leisten und bei den anderen fällt das als erstes weg. DAS wäre sinnvoll! Denn Kinder und Jugendliche lernen hier, dass sie durch regelmäßiges, konzentriertes Arbeiten weiterkommen, sie lernen aber auch, sich zu vergleichen und Ansporn durch die Besten aufzugreifen, sie lernen Frustrationstoleranz und Selbstregulierung, Verantwortung und im Zusammenspiel das Eingehen auf andere ... und das brauchen alle.
Das brauchen jene Deklassierten, die großspurig tun um ihr Nichtwissen zu kompensieren, die das Gefühl haben, chancen- und wertlos zu sein, die aufgrund ihrer negativen Erfahrungen der beste Nährboden für alle Formen von -ismen sind, die die perversen Rattenfänger für sie bereithalten. Das brauchen jene, denen die eigenen Übereltern jedes Problem aus dem Weg räumen, die überbehütet sind und grundlos verwöhnt, und zwar aus verdammt ähnlichen Gründen.
Ziegler fordert stattdessen, die UN zu stärken und Eilmaßnahme für die ärmsten Staaten einzuleiten. Denn der Gedanke ist schon ein wenig absurd, dass genau jene Staaten, die für die zentralen Probleme der Natur, Gesellschaften und Wirtschaft verantwortlich sind, jetzt im gemeinsamen Gespräch den Willen und die Wege für ihre Lösung finden sollen.
Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue |
Was war noch diese Woche? Griechenland wird von der Ex-"Troika" dazu genötigt, seine Wasser- und Gasversorgung zu privatisieren. Ich muss daran denken, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Europas dagegen ist, Institutionen der Daseinsfürsorge Aktionären zu verkaufen.
(Paris und Berlin waren diesen Weg im Bereich Wasser schon gegangen und haben mit großen Verlusten für die Bürger rekommunalisiert.) Und ich denke daran, dass die Vertreter der "Troika" überwiegend nicht aus Wahlen hervorgegangen sind, also nicht demokratisch legitimiert sind.
Und waren es nicht Vorläufertreffen des G20, zum Beispiel das Treffen der Finanzminister 1999, das (auch) zur Deregulierung der Finanzmärkte und zu den letzten Crashs geführt hat? Langsam schwant jedenfalls der Frau und dem Mann von der Straße, was es mit Zockerbörsen, Vergiftung unserer Lebensgrundlagen und Klimawandel auf sich hat. Starkregen wie diese Woche in Berlin, wo die Menge eines Vierteljahrs binnen 24 Stunden runterkommt, kann niemand mehr übersehen.
Und nein, hier helfen keine Ideologien und politischen Lager, es ist das Gebot der Menschlichkeit, hier genau hinzusehen. Doch ein Wort zum Sonntag geworden.
______________________________
Fotos: C.E.
Kategorien:
Sonntagsbilder,
Wie wir leben
Abonnieren
Posts (Atom)