Über das Leben in Dolmetscherkabinen berichte ich hier seit 2007. Nebenschauplatz ist der Schreibtisch, auch wenn wir hier mehr Zeit zubringen als in der Box selbst, aber eben ohne Zuschauer. Neben dem Dolmetschen übersetzen viele Kolleginnen und Kollegen. Auch das ist ebenso Gegenstand dieses Blogs wie sprachliche oder kulturelle Besonderheiten "meiner" Länder.
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Katja Riemann in einem Film von 2011 |
Über die Arbeit von Dolmetschern berichten Medien und Kunst selten. Wenn doch, oft mit groben Fehlern. In Xavier Marias' "Mein Herz so weiß" machen Dolmetscher absichtlich Fehler. Sowas gibt es nicht. Andere Autoren sind bemüht, inkonsequent bis entstellend, siehe die Kritik "
Dolmetscher im Film".
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Später auf dem Monitor: Die Vorderseiten der Redner |
Ein anderes Thema ist der Mediengebrauch von Dolmetschern. Wir arbeiten oft rechnergestützt und finden immer öfter Monitore in der Kabine vor. Programme, Präsentationen sowie unsere eigenen
Vokabellisten führen unweigerlich zu Stapelbildung auf den ohnehin schon
kleinen Tischchen. Viel Aufwand dafür, dass wir mit Wörtern jonglieren können.
Auf weitere Jonglage hat kaum eine(r) Lust. Leistungsstarke Geräte sind allerdings nicht wegzudenken. Konferenzen nutzen gerne Videos, manche Vortragende liefern ihre Präsentationen in letzter Minute ab, wechseln aus Anschauungsgründen plötzlich das Thema. (Eben ging es noch um die Übersetzbarkeit von Lyrik, auf einmal taucht das Wort "Ehegattensplitting" auf.)
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Gedrängel in der Kabine |
Nicht selten verkürzen wir die Mittagspause, weil wieder eine
Rednerin/ein Redner sich nicht an die zu lasch kommunizierten
Abgabetermine gehalten hat. Ohne Rechner und Technik wäre das undenkbar. Ältere Dolmetschpulte stehen in der Mitte, das Mikro ist am Kopfhörer; neuere Geräte gibt's in zweifacher Ausführung mit eigenem Mikrofon. Das ist praktisch, kostet aber weiter Platz. Ein Wasserglas muss ja auch noch irgendwo hin.
Das Tagungsprogramm kleben wir uns gerne auf die Innenseite der Scheibe. Sonst gibt es wenig Ausbaufläche. Die logische Konsequenz lautet: Die Technik muss kleiner werden.
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Sieht schon besser aus |
Da ich die Hersteller von Pulten leider nicht beeinflussen kann, probiere ich es mal mit meinem Rechner. Die Firma mit dem angebissenen Obst als Logo stellt leider keinen Minirechner her, sondern bietet zu einem zu groß ausgefallenen Taschentelefon mit ausgewachsener Tastatur an. So einen IPad habe ich gerade im Testversuch. In der Kabine überzeugt er mich, auch wenn einiges enorm stört: Ich weiß noch nicht, wie ich Dokumente in Dossiers abspeichern kann, auch kann ich sie nicht nach Downloaddatum sortieren, sondern muss sie aufwändig umbenennen und mit einer Kennziffer beginnen lassen, damit sie übersichtlich werden.
Und "intuitiv" ist hier rein gar nichts.
Ich verwende schon mein ganzes Konferenzdolmetscherinnenleben Geräte dieser Marke und habe den Eindruck, wieder von vorne anzufangen.
Auch das Abspeichern und Weitersenden von Dateien scheint nur über die "Cloud" möglich (EDIT: Solange kein Mailkonto auf dem Rechner installiert ist. Ich verwende derzeit hier ein Webmailprogramm). Ich hoffe, dass es Zusatzapps gibt, um das Abspeichern im Netz zu umgehen. DAS ist total ungeeignet für den Kabinenbetrieb, in dem wir oft mit sensiblen Daten hantieren. Der Technikhersteller bekommt von mir in Sachen Datensicherheit und Übertragbarkeit bestehender Kenntnisse eine glatte Sechs. Und für Geräte mit einem "Fair Trade"-Siegel und modernisierbaren Komponenten würde ich gerne Prozentsätze im unteren zweistelligen Bereich mehr zahlen.
Aber das sind schon zwei andere Themen.
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Fotos: C.E.
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