Sonntag, 4. September 2016

Landregen oder Husche?

Hallo, bon­jour, wel­come auf den Sei­ten mei­nes Blogs. Ich bin Über­set­zer­in und Dol­met­scher­in, lebe mit dem Her­zen in Paris, mein be­ruf­li­cher Stand­ort ist Ber­lin. Sonntags bringe ich gern das Sonntagsfoto, heute von der Sonn­tags­ar­beit.

Gegenlicht, angeschnitten die Dolmetscherin, die im "On" ist, ein Mann meldet sich
Subjektive "Einstellung" der 2. Dolmetscherin
Vom Morgen bis zum frühen Abend in der Kabine out of the box: Wir sitzen an der Rück­wand eines Ver­samm­lungs­saals oder inmitten der Ar­beits­grup­pen und dol­met­schen. Es geht einmal mehr um Geflüchtete, wobei auch etliche von ihnen direkt zu Wort kommen, was ich sehr wichtig finde. Außerdem sind einige Gäste aus dem eu­ro­päi­schen Ausland dabei.

Die Terminologie sitzt. Kein Wunder, bei der regelmäßigen und intensiven Be­schäf­ti­gung mit dem Thema. Das Publikum ist bunt, jung und alt, weiblich und männ­lich; die Berichte aus manchen westdeutschen Städten, dass sich dort überwiegend Frauen mit empty nest syndrome engagieren, kann ich bei diesem Ko­or­di­na­tions­tref­fen der Helferszene nicht beobachten. Manche(r) hat den Nachwuchs dabei. Nur die wirklich Alten fehlen. Die haben an diesem Sonntag wohl drin­gen­de­re Ter­mi­ne bzw. fühlen sich mit den neuen Kommunikationstechnologien in den sel­tens­ten Fällen sicher.

Aufteilung der Sprachen und Kanäle
Wir nennen es Dolmetschen
Sehr gefreut habe ich mich über den sy­ri­schen Arzt aus NRW, den ich wie­der­holt bei sol­chen An­läs­sen treffe. Er hat in ei­nem hal­ben Jahr Deutsch auf er­wei­ter­tem Small talk-Ni­veau ge­lernt. Sei­ne Frau sitzt, so erzählt er, von Mon­tag bis Mitt­woch im Sprach­kurs, er "durs­tig und Frei­tag", denn sie ha­ben zwei klei­ne Kin­der. Ein­mal um die Ecke den­­ken, thurs­day vs. thirs­ty, da hat Eng­lisch rein­ge­funkt. Ich er­klä­re, große Hei­ter­keit ent­steht.

Dann komme ich aufs Wetter zu sprechen, Blitz und Donner, Re­gen und Hagel ... und eben den ger­ma­ni­schen Wet­ter­gott Donar und seinen Donnerstag. Ich bin froh, denn er wirkt zum ersten Mal leicht.

Er hat sich sonst immer Vorwürfe ge­macht, weil er in der Heimat seine Praxis auf­ge­ge­ben hatte. Er sei nur der Frau und der Töchter wegen geflohen, sagte er, und weil sie sie die einzigen Über­le­ben­den seiner Großfamilie seien.

Als wir den Konferenzort verlassen wollen, bricht prompt ein Unwetter los. Land­re­gen oder Husche, das ist die Frage. Wir Dolmetscherinnen lachen, denn sofort rö­deln die Hir­ne und suchen nach Wörtern. Es war übrigens eine Husche, die nach Er­rei­chen der eigenen Wohnung zum Landregen wurde. Letzteren nennen die Fran­zo­sen une pluie de longue durée, Dauerregen also. Und komisch, in der Groß­stadt zu sitzen und in den Him­mel zu schauen und von dort ausgerechnet von Landregen an der weiteren Abend­planung gehindert zu werden.


Vokabelnotiz
Regenguss oder Platzregen — pluie d'abat
Schauer — averse
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Foto: C.E.; merci beaucoup, A. aus L.,
für die freundliche Unterstützung!

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