Auf meinem Schreibtisch treffen sich gerade zwei Wörter. Es sind die Begriffe "Nachdichtung" und "Nachverdichtung". Für einen Privatkunden übertrage ich ein eine Ode auf Bäume aus dem Jahr 1813. Für einen Kongress bereite ich das Thema "Bauen im Bestand" vor.
Nachdichtung |
In unserem Haus wurden Anfang des 20. Jahrhunderts bereits solche flexiblen Wohnungsgrundrisse angelegt, zumindest im Vorderhaus. Die zwei bis drei Wohnungen je Stockwerk lassen sich durch bereits eingeplante Übergänge für einige Jahre bis Jahrzehnte verbinden und ohne großen baulichen Aufwand wieder trennen. Das ist sehr sinnvoll. Denn viele ältere Menschen bleiben nach Abschluss der Familienphase in ihren Wohnungen, die plötzlich zu groß sind. Urbanisten sprechen hier (analog zur Überbelegung) von Unterbelegung.
Durch die explosionsartig angestiegenen Mieten würden diese älteren Menschen für den gleichen Preis im selben Viertel etwas zwischen der Hälfte und dem Drittel der bisherigen Wohnfläche beziehen können. So stehen viele Räume leer und werden maximal einen halben Tag in der Woche genutzt, wenn die Enkelchen auf Besuch kommen. Gemäß der jeweiligen Lebenszyklen wachsende bzw. schrumpfende Grundrisse sind hier eine elegante Lösung.
Nachverdichtung |
Er hofft zudem offenbar, dass die Familie wegzieht und er auch den Mietzins dieser Wohnung erhöhen kann. Das allerdings unterbleibt immer häufiger, denn konkret wären Familien in meiner Nachbarschaft für ein Zimmer mehr mit zusätzlichen 1000 Euro pro Monat belastet, wenn auch sie im Kiez bleiben wollen.
Also rücken die Familien zusammen und die Kinder von heute haben, anders als die Generation ihrer Eltern einstmals, kein eigenes Zimmer mehr. Auf das dritte Kind wird aus den gleichen Gründen in diesen Mittelschichtsfamilien verzichtet.
So, dann wende ich mich mal wieder der Nachdichtung zu.
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Fotos: C.E.
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