Es ist nicht immer leicht, geduldig und freundlich zu bleiben, wenn unsereiner erst mühevoll berät, Fragen stellt, unsere Abeitsweisen beschreibt, damit Problemen im Ablauf vorbeugt — und später mitbekommen muss, dass sich der potentielle Kunde am Ende für einen "preiswerteren Anbieter" entschieden hat. (Wer weiß, ob dessen Ethik und Ansprüche dem entsprechen, was ich über meine Kollegen und mich berichten durfte.)
Auf dem Markt kursieren Zahlen, die nicht viel mit professionellem Arbeiten zu tun haben. Erst neulich wurden wir leider ausgebootet von einem Kostenangebot, wo ein Nichtprofi 50 % veranschlagt hatte. Wobei das Wort "preiswert" oft durchaus zutreffend ist: Billigübersetzungen sind in der Regel genauso viel wert wie der Dumpingpreis niedrig ist.
POV der Dolmetscherin in einer Botschaft |
(Bei der Gelegenheit möchte ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, für Ihre Nachsicht im Fall von Tippfehlern danken.)
Der Vorteil des Blogs: Laut statistischer Übersicht haben in den letzten zwölf Monaten hier alle Leser zusammen mindestens 30 Arbeitswochen lang geschmökert. Wäre ich jedes Mal live auf der anderen Seite einer Telefonleitung gewesen, ich wäre nicht zum Arbeiten gekommen.
Nur in Tagen wie diesen habe ich Zeit für ausgiebige Telefonate. Nach dem ersten Frühherbstansturm haben die Schüler in NRW und Thüringen schon wieder Ferien. Zwei meiner Kunden von dort, Eltern mit jüngeren Kindern, bescheren mir eine kleine Verschnaufpause.
Aber es gibt auch ohne diese Kunden genug zu tun. Wie ein guter Bauer dieser Tage sein Feld umpflügt, beackern auch wir manches Wortfeld. Eines der drängendsten politischen Themen der Zeit ist die Situation der Flüchtlinge aus Krisenländern. Derzeit arbeiten viele Kolleginnen und Kollegen an dieser Thematik, nicht selten ohne Honorar oder für eine kleine Aufwandsentschädigung. Mit einer Kabinenkollegin führe ich die Vokabelliste weiter, dazu hören wir noch Hörfunksendungen aus den letzten Monaten. Meine Podcasts erhalte ich meistens bereits verschlagwortet, das hilft mir, sie aus der Archivfestplatte hervorzukramen. Etliche Stichworte ergänze ich aber beim ersten Anhören. Auch diese Arbeit fließt (normalerweise) in meine Preise ein.
Sonntagabend um sieben kommt noch ein Anruf rein mit der Frage: "Wir haben eine kleine Übersetzung zu morgen früh, geht das? Sagen Sie mal eine Hausnummer!" Das Wort "Hausnummer", auf das unsereiner nur widerwillig antwortet, ist die klassische Katze im Sack.
Sonntagabendstimmung vor dem Job |
Viertel nach sieben ist die Zusage ist da. An die Arbeit, jegliche Abendverlustierung ist hiermit leider gestrichen!
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Fotos: C.E. (Archiv)
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