Montag, 13. Oktober 2014

Zwischengeschoss

Bonjour und guten Tag! Sie sind geplant oder zufällig auf den Webseiten einer Fran­sisch­über­setzerin und -dolmetscherin gelandet. Hier schreibe ich (ano­ny­mi­siert) über Einsätze, über sprachliche oder landeskundliche Besonderheiten.

Neulich war ich in Paris. Ein Kunde hatte für mich eine Art Ferienwohnung ge­mie­tet, die sich ausnahm wie eine Puppenstube. Ich kenne solche Behausungen aus meiner Studienzeit.

Pariser Miniwohnung
Der Raum war maximal 15 Quadratmeter groß, aber hoch. Er bot Bereiche fürs Kochen, Aus­ru­hen, Essen, Schlafen und die Kör­per­pfle­ge. Die Küche, auf ein Mi­ni­mum reduziert, wurde visuell durch die hochgeschlagene Ar­beits­flä­che zur Seite hin abgeschlossen. Die Platte musste erst run­ter­ge­klappt werden, bevor auf ihr ge­wer­kelt werden konnte. Das hin­te­re Scharnier war aus­klink­bar, vorne hing die Platte an einer Art Scharnier.

Nach dem Kochen ließ sich ihre Funktion weiter verändern. Mit einem Griff konnte sie in den Raum hineingeschwenkt werden,  Klapp­stüh­le machten einen Esstisch für drei Personen daraus. Das ganze stützte ein arretierbares Tischbein.

Trotz der äußerst kargen Küchenausstattung verlief ein Praxistest durchaus er­folg­reich. Nach der Arbeitsvorbereitung haben wir dort Spaghetti mit fertig gekauftem Pesto und Salat fa­bri­ziert, italienische Schnellküche. (Dazu ein alter Kalauer: Fast food is quite handy, aber wo will es nur so schnell hin?)

Die Mitte des Räumchens wurde mehrfach bespielt. Als der Esstisch wieder ein­ge­klappt war, zogen wir an einer Bank, die entlang der Wand zum leicht erhöhten Ba­de­zim­mer stand, nahmen aus ihrem "Bettkasten" noch einige Kissen heraus, fertig war das (auch als Zusatzbett nutzbare) Sofa.

Der einzige Stuhl im Raum, der keine flachzuklappende Sitzgelegenheit war, wur­de, einem ingeniösen Prinzip folgend, auf ein eckiges Gestell reduziert und quer­ge­legt. Sitzfläche und Rückenteil bildeten dabei die Tischplatte des So­fa­tischs. (Aufrecht gestellt war auch die Faltvariation "Trittleiter" möglich, um an die hohen Schrankfächer und den Stauraum über dem Bad heranzukommen.) Die an­de­ren Stühle verschwanden später flachgelegt an Hän­ge­vor­rich­tun­gen an der Rückseite der gepanzerten Eingangstür.

Am nächsten Morgen lernte ich noch ein wenig am Schreibtisch, der aus dem in die Raumtiefe ver­län­ger­ten Fensterbrett bestand; Stellfläche für je Etage sieben Bü­cher oder eine Mini-Steroanlage bot sich zwischen Fenster und Wand; der Winz­schrank befand sich hinter der Ein­gangs­tür: In einem Fach sowie an zwei kur­zen Stan­gen, die nicht längs, sondern quer angebracht waren, ließen sich knapp die Sachen verstauen, die ich für meinen Aufenthalt dabei hatte.

"Duetto". Hersteller: Cooke & Lewis
Kurz vermisst habe ich das Badezimmer. Ich hatte zunächst die wandhoch geflieste Toilette besucht, die mir eine Spur zu groß vorkam. Noch dazu war hier an Sa­ni­tär­ke­ra­mik gespart worden; Spülkasten und Waschbecken fand ich auf kuriose Art ver­eint vor. Bis mein Blick später auf die ab­ge­hängte Zimmerdecke fiel: Von der hing ein Regenduschkopf herab, wie ich ihn aus der Sauna kenne. Eine Duschtasse gab es nicht. Für die Badeutensilien, die sonst nass geworden wären, gab es außen neben der Badezimmerschiebetür eine kleine Nische und Tuchhaken.

Alles in die­ser "Woh­nung" war auf Maß ge­ar­beitet.

Leider hatte ich meinen Fotoapparat zuhause vergessen. Die Behausung mutete wie das Innere eines Caravans an, kein Millimeter war verschenkt. Geschlafen wur­de auf dem hochbettartigen Zwischengeschoss, das den halben Raum einnahm.

Auf Französisch heißt derlei une mezzanine, auf Englisch ist das Substantiv in der gleichen Schreib­wei­se und Bedeutung bekannt, auf Italienisch mezzanino oder ammezzato.

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Illustration: Netzfund, überarbeitet,
und Hersteller

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