Neulich, in der Mailbox: "Liebe Frau E., sind Sie geeichte Dolmetscherin? Können Sie Dokumente erstellen, die bei Gericht vorgelegt werden?"
Das merke ich mir. Ich würde ja eher eine Waage eichen, ein Thermometer oder derlei ... nicht aber einen Menschen. Zur zweiten Frage: Ich bin keine Anwältin. Ich erstelle also keine Dokumente, sondern vollziehe diese als Übersetzerin lediglich nach. Das Ergebnis kann hinterher jeder beeidigte Übersetzer beglaubigen. Ich zähle derzeit nicht zu dieser Gruppe.
Zwei Mal im Jahr frage ich, ob ich nun soll oder nicht ... noch schnell mal eben diese deutsche Anerkennungsprüfung nachmachen und mich beeidigen lassen, denn vor
Dokumente zu übersetzen ist echter Kleinknüselkram. Buchstabe für Buchstabe müssen eigenwillig geschriebene Namen und viele Daten akkurat abgetippt und verglichen werden. Was daran am meisten Zeit kostet, sind neben dem häufigen Lesen das Umschalten von einem Job auf den anderen ... Andererseits kommen diese Anfragen derzeit immer häufiger rein.
Hintergrund der ganzen Arie ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von Januar 2007, denn die Dolmetschergesetze waren in fast jedem Bundesland anders und mussten vereinheitlicht werden. Die Prüfungen zu dieser Anerkennung, Grundlage für eine gerichtliche Beeidigung, werden in Berlin und in Leipzig, was die nächstliegende Adresse wäre, diesen Herbst nicht abgenommen. Prüfungen finden jährlich im Umfeld parallel zur Berlinale, zu den Filmfestspielen von Cannes und mitten in den Sommerferien statt (und die Dolmetscherprüfung wird in in Berlin nicht angeboten). Deshalb hatte ich bislang keine Eile damit. Aber in Deutschland sind alle immer scharf auf Zeugnisse, und wo ich mir vor kurzem das Duplikat meines allerersten Dolmetscherlehrgangs im Bereich Jugendarbeit besorgt habe zwecks Eintragung auf der dfjw-Dolmetscherliste ... hm. Was nun?
Das Nachdenken hat mich Zeit gekostet. In der Zwischenzeit habe ich wie sonst weitergearbeitet, wurde einfach ad hoc beeidigt. Auf der anderen Seite kenne ich kein Land, das Zeugnissen, Zertifikaten und sonstigen Zetteln eine derartige Bedeutung zumisst wie Deutschland. Also auf der Webseite macht sich das schon gut ...
Ich werde nun nächstes Jahr direkt nach der Berlinale in Richtung Rostock aufbrechen, um dort beim Lehrerprüfungsamt die kombinierte staatliche Anerkennungsprüfung für Übersetzer und Dolmetscher zu machen und mich anschließend in Berlin bei Gericht beeidigen lassen. Wie gesagt: Erfolgreich geprüft wurde ich bereits vor Jahrzehnten, anerkannt war das lange. Eine Klage auf Vertrauensschutz hätte vermutlich Tausende von Euro gekostet, das Wiederholen der Prüfung geht nur in die Hunderte.
Das Äquivalent von 550 DM hatte mich der Spaß damals inklusive privatem Vorbereitungskurs als Studentin gekostet. Diese Summe wird jetzt allein fürs Prüfungsverfahren fällig, allerdings in Euro. Die Klausuren, Hausaufaben und mündliche Prüfungen sind gleich geblieben, nur die Währung inzwischen anders "geeicht". Die Beeidigung kostet dann nochmal zusätzlich. Was tut unsereiner nicht alles fürs Image! Das Ganze werde ich unter
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Foto: C.E. (Archiv)
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