Dienstag, 6. Mai 2014

Wechsel

Willkommen auf den Seiten des ersten deutschen Blogs aus dem Inneren der Dol­­met­­scher­ka­bine.

Pharmacie: In Frankreich ein grünes Kreuz
Jetzt muss ich meine Stamm­apo­theke wechseln. Und zwar die in Berlin, nicht ir­gend­wo in Frankreich, wie das Foto ver­muten lässt.
Ich bin von fran­zö­sisch­spra­chigen Menschen umgeben, sogar in Neukölln. Etliche ha­ben eine dunkle­re Haut­far­be. Sie oder ihre Eltern kommen aus Afrika, Haiti, Frank­reich oder aus Unna.

Wir hatten gerade das Haus verlassen um spazieren zu gehen, da zog sich ein Be­such­sgast am eigenen Autoschlüssel, der plötzlich an einer Stelle einen scharf­kan­ti­gen Grat aufwies, eine kleine Verletzung zu. Wir strebten also die nächs­tge­le­ge­ne Apotheke an, um eine akute Verletzung zu versorgen. Schon die Art und Weise, wie die­ser Freund angeschaut wurde (und dann ich), verschlug mir den Atem. Wider­wil­lig wurde uns dann eine Packung Pflaster verkauft, und Desinfektionsspray sei gerade "aus", beschied man uns. Es fiel kein Wort, alles lag in Blicken und Gesten, aber die Botschaft war klar. Hatte ich schon erwähnt, dass dieser Freund keinen weißen Teint hat?

Ein Düsseldorfer Strafverteidiger beschrieb eine weitaus heftigere Parallelszene: Mitte April, ein Mann wirft abends einen Umschlag in den Briefkasten des Bun­des­ver­fas­sungs­gerichts. Er wird daraufhin von einem Polizisten angesprochen, der wis­sen will, was er da eingeworfen habe. Der Einwerfende soll darauf ge­ant­wor­tet haben: "Das geht Sie nichts an." Wenig später findet er sich am Boden in Hand­schel­len wieder. Der Einwerfende ist Jurist, er hat dunkle Hautfarbe.

Zurück in die Apotheke. Mir reichen Blicke und Gesten. Hätte ich mir den Finger an­geritzt, der Apotheker hätte mir (wie bereits einmal geschehen) höchst­per­sön­lich aus dem "Hausapothekenbestand" seines Unternehmens etwas auf die Wunde gesprayt und mir ein Pflaster geschenkt. Zu den bösen Blicken kam die totale Ab­wesenheit jeg­li­cher Hilfsbereitschaft.

In Frankreich heißt das einzige, dessen sich dieser Freund und der Jurist schuldig gemacht haben, un délit de sale gueule, ein Schmutzige-Fresse-Delikt.

Ein anderer Kumpel, er stammt aus Unna, ist Professor und hat den hellen Teint seiner nord­fran­zösischen Mutter, fährt immer mit einem besonders großen Zeit­puf­fer zum Flug­hafen. Denn jedes Mal wird er besonders genau überprüft. Seinen Namen würde man eher dem arabischen Raum zuordnen. Leider hilft seit nine eleven nicht mehr, wenn er einfach drauf­los­redet, wobei sein Ruhrpottdeutsch schon sehr gut kommt.

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Foto: C.E. (Archiv)

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