Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Derzeit leben wir in einer Welt der Umbrüche. Zum ersten Mal dieses Jahr sitze ich wieder in einer Dolmetscherkabine bei angestammten Kunden aus dem Kultur- und Bildungsbereich.
Der Kollege kommt im Flugzeug aus Paris zum Einsatz, denn wir sind mal wieder VOR ORT. Unfassbar. Aber auch nur wir sind hier ... und der Techniker.
Interpreter out of the box |
Mein Kollege merkt an, dass das Wort "Flugzeug" ein verschwundener Begriff sei, es gebe heute nur noch Flieger; früher allerdings habe das Wort einen Menschen bezeichnet. Dieser Kollege, er ist nicht mehr ganz jung, lebt in Frankreich und hat schon die zweite Impfung erhalten. Nein, ich verspüre keinen Impfneid, um das nächste Coronawort zu erwähnen. Andere sind größeren Gefahren ausgesetzt als ausgerechnet ich.
Es wird ein Kurzeinsatz mit fast 50 Prozent Nachspielzeit werden, denn irgendwie will der ausgehende Ton meines Postens nicht so, wie er soll. Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Forschungstag hören zwischendurch rein gar nichts.
Die vielen Zoom-Erfahrungen hatten uns dazu verführt, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen. Und ja, wir hätten vorab alle Funktionen austesten müssen.
Zwischendurch bin ich allerdings gut zu hören. Während der Kollege dran ist, er sitzt in der Box, suchen wir nach der Fehlerquelle. Beim Dolmetschen mache ich die Kamera immer aus, über die das große Gerät verfügt, es müssen nicht alle meine Wortsuchgrimassen sehen. Erst denke ich, dass wenn ich die Kamera ausstelle, vielleicht auch der Ton automatisch ausgestellt wird; das teste ich wiederholt, dem ist nicht so. Schließlich vermute ich, dass die schwarze Box, an die der Kopfhörer angeschlossen wurde, einen Wackelkontakt hat.
Als ich eine kleine Essenspause einlege, schiebe ich diese Box ein Stückchen weiter nach hinten. Anschließend ist der Ton erneut weg. Beim ersten Fehlersuchdurchlauf haben wir auch alle Kabel aus- und wieder eingesteckt. Der Vormittag wird am Ende zu kurz sein, um den Fehler zu finden.
Zwischendurch und um nicht zu viel Zeit ins Land streichen zu lassen, biete ich dem einzigen Kunden, der eine Verdolmetschung ins Deutsche braucht, an, ihm den Ton über das Mobiltelefon zu liefern. Gesagt, getan. Mit einem Gastzugang logge ich mich ein zweites Mal ein, dieses Mal mit meinem eigenen Rechner, und setze mich an das andere Ende des Raums. (Der Techniker sucht inzwischen nach dem Fehler.)
Der Ton ist nicht super, er kommt vom Lautsprecher des Geräts, mein eigener Kopfhörer liegt leider im eigenen Sprachatelier. Die Redner:innen sind etwa briefmarkengroß zu sehen, mit Lippenablesen bei Tonstauchungen komme ich da auch nicht weit. Ich schaue kurz auf die visuellen Beispiele, höre dann wieder scharf hin, dolmetsche mit größerem Zeitverzug als sonst. Am Ende bin ich glücklich: Mein einer Dolmetschkunde ist auch der Berichterstatter des Morgens, und er bringt die Erkenntnisse sehr gut rüber.
In der Pause gibt es neben Butterbroten auch noch Cup cakes, die eine jugendliche Nachbarin gebacken hat. Thank you very much, Pearl! They were very tasty!
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Foto: C.E.