Donnerstag, 6. Oktober 2016

RDC

Ob geplant oder zufällig, Sie lesen hier in meinem digitalen Tagebuch aus der Ar­beits­welt. Ich bin Dolmetscherin für die französische Sprache (und aus dem Eng­li­schen). Heute folgt ein Nachtrag darüber, was wir Samstag gemacht haben.

Vokabeln, Namen und Kürzel lernen bzw. wiederholen steht zunächst auf dem Programm.

Blick aus der Kabine: Keine großartige Sicht
Unter der Leinwand ganz klein der Tisch des Panels
RDC steht für République Dé­mo­cra­tique du Congo. In mei­nem Schulatlas hieß das Land noch Zaire (so hieß das Land 1971 bis 1997). Seit vielen Jahren sind dort massive Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen zu verzeichnen, die in den Me­dien höchstens am Rande vor­ka­men. Gestern stand dieses Land bei einem kurzen Ein­satz auf dem Pro­gramm der Aka­de­mie der Künste.

Beim Heraussuchen der Lexik fiel mir auf, dass ich mich fast auf den Tag genau zwei Jahre zuvor mit demselben Thema befasst hatte.
 
Manche Kürzel drehen sich auf Französisch einfach nur um, aus RDC wird DR Kon­go. Der Kopf verbucht das so wie die Zahl 17. Hier steht auch die Zehn zuerst und dann die Sieben, gesprochen wird es aber andersrum. Kurz: Das Gehirn weiß, dass bei einigen Worten besonders aufgepasst und umgedreht werden muss, aber meis­tens schreiben wir derlei immer noch auf den Notizzettel zwischen uns.

Was wir hören, ist grausam. Es geht um das "Kongo Tribunal" des Schweizers Milo Rau, der Film dazu erscheint nächstes Frühjahr. Der Theater-und Filmmann Rau springt mit dieser (als Kunst getarnten) Aktion in eine Lücke, die die internationale Zivilgesellschaft und die Jurisprudenz lassen, denn Großkonzerne und auch Staaten nutzen das geschwächte Land  zu ihrem Vorteil. Zur Erinnerung: In Kongos Böden lagern 65 % der Weltreserven von Kobalt sowie große Mengen von Koltan, das zur Herstellung von Leiterplatten in der Herstellung von Mobiltelefonen, Spiel­kon­so­len und ähnlichen Geräten wichtig ist.

Auch sonst ist das Land reich an Bo­den­schät­zen, sei­ne Be­völ­ke­rung zählt in­des zu den ärms­ten der Welt.

Altes Dolmetschpult
Altes Dolmetschpult, erstmal wieder die Bedienung lernen ...
Ein Bürgerkrieg mit sechs Millionen Toten, so schätzen es Bür­ger­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen, Korruption sowie aus­beu­te­ri­sche Li­zenz­ver­trä­ge mit dem Westen zer­stö­ren das Land fortgesetzt. Der Staat ist schwach und schützt bis heute seine Einwohner nicht wirkungsvoll vor Über­grif­fen und Mord. Schlimmer noch, seine Vertreter sind oft Täter.

Viele Institutionen und "Würden"träger sind korrupt und beteiligen sich an den schlimmsten Menschenrechtsverstößen zu ihrem privaten Vorteil.

Und ja, es kommt vor, dass wir in der Dolmetscherkabine sitzen und leise weinen. Dann hilft es wieder, sich auf komplizierte Begriffe zu konzentrieren oder auch solche, wo Abkürzungen in der anderen Sprache die Reihenfolge wechseln.
UNO — ONU
NGO — ONG
OECD — OCDE

Zum Weiterlesen:

P.S.: Saß das Panel am Tisch oder nur auf Stühlen? Ich weiß es nicht mehr. Gesehen haben wir nicht viel. Wir wünschen uns immer freie Sicht aufs Mundbild. Nächs­tes Mal wieder mit Feldstecher. Auch für die Untertitel der Filmausschnitte, die ich kaum lesen konnte, weiße Schrift auf Sand ... Die Kollegin hat sie dan­kens­wer­ter­wei­se für mich vorgelesen. 
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Fotos: C.E.

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