Mittwoch, 29. Juni 2016

Nach(ver)dichtung

Herz­lich Will­kom­men auf den Blog­sei­ten einer Sprach­ar­beiterin. Hier den­ke ich über den All­tag der Welt der Kon­fe­renz­dol­metscher und Über­setzer nach und über unser Arbeitsmaterial, die Sprache(n).

Auf meinem Schreibtisch treffen sich gerade zwei Wörter. Es sind die Begriffe "Nach­dichtung" und "Nachverdichtung". Für einen Privatkunden übertrage ich ein eine Ode auf Bäume aus dem Jahr 1813. Für einen Kongress bereite ich das Thema "Bauen im Bestand" vor.

Französische Handschrift
Nachdichtung
Hier geht es darum, wie sich in Berlin sehr elegant das ur­ba­ne Gewebe dichter ge­stal­ten und dem Bedarf ent­spre­chen lässt, als es das jetzt oft ist, ohne Frei­flächen wie das Tempel­hofer Feld zu opfern, dem zweiten Lun­gen­flügel der deutschen Me­tro­po­le, alleine durch Lücken­schluss, kluges Aufstocken und int­el­li­gente, ge­wis­ser­ma­ßen "at­men­de" Grun­drisse.

In unserem Haus wurden Anfang des 20. Jahrhunderts bereits solche flexiblen Woh­nungs­grun­drisse angelegt, zumindest im Vorderhaus. Die zwei bis drei Wohnungen je Stockwerk lassen sich durch bereits eingeplante Übergänge für einige Jahre bis Jahrzehnte verbinden und ohne großen baulichen Aufwand wieder trennen. Das ist sehr sinnvoll. Denn viele ältere Menschen bleiben nach Abschluss der Fa­mi­lien­pha­se in ihren Wohnungen, die plötzlich zu groß sind. Urbanisten sprechen hier (analog zur Überbelegung) von Unterbelegung.

Durch die explosionsartig angestiegenen Mieten würden diese älteren Menschen für den gleichen Preis im selben Viertel etwas zwischen der Hälfte und dem Drittel der bisherigen Wohnfläche beziehen können. So stehen viele Räume leer und werden maximal einen halben Tag in der Woche genutzt, wenn die Enkelchen auf Besuch kommen. Gemäß der jeweiligen Lebenszyklen wachsende bzw. schrumpfende Grund­risse sind hier eine elegante Lösung.

Fassade mit Spuren eines abgerissenen Hauses
Nachverdichtung
Wenn einem nicht der Vermieter den Strich durch die Rechnung macht und das Vergrößerungsgesuch der Familie ab­schlä­gig bescheidet, weil er die "fle­xi­ble" Wohnung lieber mit einem Marmorbad ausstattet, um die Miete zu verdreifachen, anstatt sie zu einem nur moderat er­höh­ten Entgelt an die Familie zu vermieten.

Er hofft zudem offenbar, dass die Familie wegzieht und er auch den Mietzins dieser Wohnung erhöhen kann. Das allerdings unterbleibt immer häufiger, denn konkret wären Familien in meiner Nachbarschaft für ein Zimmer mehr mit zusätzlichen 1000 Euro pro Monat belastet, wenn auch sie im Kiez bleiben wollen.

Also rücken die Familien zusammen und die Kinder von heute haben, anders als die Generation ihrer Eltern einstmals, kein eigenes Zimmer mehr. Auf das dritte Kind wird aus den gleichen Gründen in diesen Mittelschichtsfamilien verzichtet.

So, dann wende ich mich mal wieder der Nachdichtung zu.

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Fotos: C.E.

Dienstag, 28. Juni 2016

Babila

Bonjour, hello, guten Tag! Als Übersetzerin und Dolmetscherin lebe und arbeite ich in Berlin, Paris, Hamburg und Marseille. Mitunter werde ich aufgrund meiner Sprachkenntnisse in meinem Stammcafé so etwas wie ein "public writer", ich helfe mit Formulierungen oder bei Verständnisfragen weiter. In loser Folge portraitiere ich hier Zeitgenossen.

Hand und Formulare
Papierkrieg im Café
Nennen wir ihn Babila. Er hat Anfang letzten Jahres seine ka­me­ru­ni­sche Familie ver­las­sen, die Eltern, Onkel und die Tante sowie die fünf Schwes­­tern, die sich alle ein Häus­chen teilen. Die Groß­fa­mi­lie und Freunde haben für ihn zusammengelegt, weil sie ge­hört haben, dass es in Eu­ro­pa Arbeit gibt. In Kamerun sind bezahlte Stellen rar, das Gros der Menschen ist arm.

Knapp die Hälfte der Bevöl­kerung ist jünger als 15, die Lebenserwartung liegt bei knapp über 50 Jahre. Das Land hat Boden­schätze, aber kaum Industrie. Der Mehr­wert, der aufgrund dieser Reichtümer entsteht, wird woanders realisiert. Auf dem Kor­ruptions­index liegt das Land sehr weit vorne.

Babila ist jung und stark. Mit 18 ist er aufgebrochen. Er hat eine recht aus­ge­schrie­be­ne Handschrift, obwohl er "nicht sehr lange" in der Schule war. Er hat schon früh gejobbt, nichts festes, den Gabel­stapler­führer­schein abgebrochen, er nennt das Ge­fährt un hyster, eine deutsche Marke, weil ihm Geld für die Prüfung gefehlt hat. Der Hunger und die Hoffnung trieben ihn außer Landes. Er ist durch Westafrika in den Norden gewandert, dann in Ceuta gelandet, einer spanischen an Marokko an­gren­zen­de Exklave an der nordafrikanischen Küste. Dort hat er drei Monate im La­ger gelebt, "ich musste wieder zu Kräften kommen", deutet er die Strapazen der Reise an. Wie er dann letzten Herbst nach Deutschland kam, erzählt er nicht.

Jetzt hat ihm die Auslän­der­be­hörde ein Papier zugeschickt, das er unterschreiben soll. Darin bescheinigt er die Kenntnis­nahme seiner Mit­wir­kungs­pflicht, also dass er sich einen Pass besorgen muss, Voraussetzung seiner Abschie­bung, die ab dem 10. Sep­tem­ber geschehen kann. Sein Asylantrag wurde nicht bewilligt. Babila bringt es auf den Punkt: La faim ne compte pas ("Hunger zählt nicht.")

Im Begleitschreiben zu diesem Formular stehen Sätze wie "Zur Sicherung der Ab­schie­bung können Sie in Haft genommen werden, sofern Sie durch Ihr Verhalten zu erkennen geben, dass Sie sich Ihrer Abschiebung entziehen wollen" oder "Auch ohne Vorliegen von Haft­gründen kann die Auslän­der­be­hörde Haft beantragen, wenn ihre Abschiebung bevorsteht". Er sagt, er habe einen gelben Brief erhalten, in dem Spa­nien als Abschiebeziel gestanden hätte.

Babila füllt den Anfang des Dokuments eigenständig aus. Obwohl er regulär an kei­nem Deutschkurs teilnehmen konnte, liest und versteht er alles, was die per­sön­li­chen Angaben angeht. Später wird er mir seine E-Mail-Adresse diktieren. Die Buch­sta­ben spricht er deutsch aus, sein Lieb­lings­buch­stabe ist "Üpsilon". Er lacht, wenn er Y sagt. Er trägt eine kurze, karierte Hose und zuckt kurz darauf nervös auf den Beinen, die von Narben übersät sind. Auf meinen Blick hin schiebt er sie unter den Bistrot­tisch.

Das Formular ist vollständig auf Deutsch. Es ist weder auf Deutsch/Englisch/Ara­bisch/Fran­zösisch/Russisch/... noch auf Deutsch/Englisch, es ist einfach nur auf Deutsch.

Babila lebt mit um die hundert Menschen in ähnlichen Situationen irgendwo im bran­den­bur­gi­schen Wald. Dort war einst eine Re­pa­ra­tur­werk­statt, die zu einer russischen Kaserne gehört hat. Zur Hauptstraße führt ein Weg durch einen sack­gas­sen­ar­ti­ges Dorf, in dem es eine kombinierte Back- und Poststation gibt, und etliche Kilometer weiter, an der Bundes­straße, eine Tankstelle mit an­ge­schlos­senem Su­per­­markt und Rei­ni­gung. Von dort fährt einige Male am Tag ein Bus in Richtung Bahn­sta­tion im nächstgrößeren Ort. Die Bevölkerung sei ihnen gegenüber feindselig bis gleichgültig eingestellt.

"Wir schlafen, wir warten aufs Essen, wir essen, wir warten aufs Schlafen. Sonst gibt es nichts zu tun", beschreibt Babila seine Lage. "Ich habe nicht damit ge­rech­net, dass es so wird. Ich möchte Deutsch lernen, ich möchte irgendwo wohnen, einen Beruf erlernen, arbeiten und mir etwas aufbauen."

Normale Träume für einen Neunzehnjährigen, der nicht verstehen kann, wie man­che Leute seines Alters Drogen nehmen, aussteigen, bevor sie über­haupt ein­ge­stiegen sind oder von "No future" sprechen, Kinder wohl­ge­merkt, die hier geboren worden sind. Die letzten Zeilen des Formulars, die mit Num­mern markiert sind, unterschreibt er nicht. Er notiert sich aber genau alle Kästchen, Ziffern und die Bedeutungen.

Im Internet suchen wir noch Kontakte zu Lands­leuten in Berlin heraus. Als er sich verab­schiedet, lächelt er schüchtern: Au revoir, peut-être !

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Foto: C.E.

Montag, 27. Juni 2016

BSE (mal wieder)

Hallo, bonjour, hello auf meinen Blog­seiten aus dem Le­ben einer Pro­fi­dol­met­scher­in. Hier schreibe ich im neunten Jahr über die Arbeitswelt der Sprachen. Ich arbeite in Berlin, Leipzig, Hamburg, Lyon, Pa­ris und dort, wo Sie mich brauchen.
 
Heute denken wir weiter über die Sprache Shakespeares nach. Freitag habe ich eine Frage aufgeworfen, die sich der Mitteldeutsche Rundfunk gleich zum Anlass einer Recherche genommen hat. Danke dafür.

Und nun kam heraus, dass nach dem Austritt Großbritaniens aus der EU Englisch keine Amtssprache mehr sein wird. Wen wundert das. Bis zum Beitritt der Briten im Jahr 1973 war die am meisten vertretene Amtssprache noch Französisch. Wie bekannt, wurde dieses Idiom inzwischen abgelöst. Aber eine Revanche droht.

Andere englischsprachige Mitgliedsstaaten wie Malta und Irland hatten Maltesisch und Gälisch als Landessprachen angegeben, erklärte Danuta Hübner, die Vor­sit­zen­de des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und polnische EU-Abgeordnete. Da jedes Land nur das Recht auf eine Amtssprache habe, seien die Briten die einzigen gewesen, die Englisch angegeben hätten.

Nur ein einstimmiger Beschluss der verbleibenden 27 Mitgliedsländer könne diese Regel ändern. Es kann allerdings sein, dass Länder ihr Veto gegen die weitere Nut­zung der englischen Sprache im Parlament und den Institutionen der EU ein­le­gen.

Spannend wird es zu sehen, welche Rolle der deutschen Sprache künftig zukommt. Deutsch wird in Europa am meisten gesprochen. Englisch ist die am weitesten ver­brei­te­te Zweitsprache, ihre Rolle wurde durch die Osterweiterung im Jahr 2004 verstärkt. Auch Spanisch ist neben Englisch eine Weltsprache.  Die Sache bleibt spannend.

Da aber vermutlich Englisch als Kleinste-gemeinsame-Nenner-Sprache ein of­fi­ziel­les Idiom der europäischen Behörden bleiben wird, üben wir jetzt BSE. Bad sim­pli­fied English ist nicht nur eine Europasprache, es ist die Weltsprache schlechthin. Wer gelegentlich aus dem Englischen dolmetscht, muss sich auf allerlei Dialekte dieser Welt einhören. Am besten geht das mit viel Lachen und dem Reisebüro "YouTube-Tours".

Eines der bekanntesten "Caunt-ries" für Feinschmecker ist gewiss "Eataly", und Zah­len­fa­na­ti­ker erheben gerne die Anzahl der leckersten Nationalgerichte. Ant Ihj häf öh törmin wizt dö chief, denn ich hole mir inzwischen Nachhilfe von höchst­mi­nis­ter­li­cher Stelle über sein Land.

Im Ernst: Manche Politiker sollten, vor allem dann, wenn ausgehend von ihrem "Fremdländisch" auch noch in verschiedene Sprachen gedolmetscht werden soll, doch lieber Dolmetscher anheuern. Unsereiner nennt das sonst Ohrenfolter.



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Film: YouTube
Credits:
Erik Hansson für die Fundsache
und ein Zitat

Freitag, 24. Juni 2016

More Questions

Bonjour, hier liest, denkt und schreibt eine Dolmetscherin und Übersetzerin.

EU / british passport
In Berlin werden derzeit Pässe verschenkt
Issue at law: Will EN continue to be the leading official language in the EU? The language of a non-member? Rein rechtlich gefragt: Wird Englisch jetzt aufhören, die führende Sprache der Eu­ro­päischen Union zu sein? Die Sprache eines Landes, das nicht mehr Mitglied ist?
Denn in Irland & Co. ist Eng­lisch nur ein Sprach­octroi ...

Muss ich jetzt meinen Tagesplan ändern? (Eine Stunde EN täglich.) New expression: "It didn't quite go as planned." Translation: We may have caused irreversible da­mage on a monumental scale.

Und Karim Hamed schreibt: "Es gibt Gerüchte über massenhaft junge al­lein­rei­sen­de Männer in Anzug, die in Schlauchbooten an der nordfranzösischen Küste an­kom­men und um Asyl bitten. Ist jemand vor Ort, der das bestätigen kann? Angeblich werden Englischdolmetscher benötigt."

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Foto: Netzfund

Mittwoch, 22. Juni 2016

Auf dem Schreibtisch XXXIII

Bonjour, hello, guten Tag! Hier schreibt eine Sprach­ar­bei­te­rin über den Be­rufs­all­tag als Dol­met­sche­rin für Fran­zö­sisch (und Über­­­set­­ze­rin). Ich arbeite in Marseille, Paris, Berlin, Leipzig und fast immer dort, wo Sie mich brauchen!

Jetzt wird es heiß. Die Europapolitik, die sich immer mehr vom Menschen weg­be­wegt hat, steht in England auf dem Prüf­stand. Was ich mir wünsche, steht fest. Und zugleich denke ich, dass wir dieses Europa gründlich über­ar­bei­ten müssen, vom Kopf auf die Füße stellen, wenn der Eu­ro­pa­ge­dan­ke, der aus den Kriegs­er­fah­run­gen des 20. Jahrhunderts entstand, gerettet werden soll.

Viele von uns dürfen sich glücklich schätzen, keinen Krieg mehr erlebt zu haben. Dabei würde es ausreichen, den Geflüchteten zuzuhören. Wer nicht die Chance di­rek­ter Begegnungen hat, kann dies, Fern­se­hen sei Dank, vermittelt nachholen. Hier der Link zu einem WDR-Film, der mit gefilmtem Material der Kriegsopfer selbst entstand: "My escape/Meine Flucht" (Produzent: Stefan Pannen, Pro­jekt­lei­tung: Elke Sasse). Er lief schon vor Monaten nachts im Öffentlich-Rechtlichen. (Warum läuft solch ein Film derart spät?) Da ich immer wieder für syrische Frauen im Rahmen einer psychologischen Kri­sen­in­ter­ven­tion dolmetsche, kenne ich diese The­matik genau. (Ich habe es bis heu­te nicht ge­schafft, den Film ohne Un­ter­bre­chun­gen einmal ganz zu se­hen.)

"Eigentlich bin ich noch in Syrien", sagt an einer Stelle einer der jungen Männer, die ihren Weg mit den Mo­bil­te­le­fo­nen gefilmt haben. Das höre ich von allen Äl­te­ren in dem Um­feld regelmäßig.

Was liegt auf dem Schreibtisch? Der erste Punkt, aktuelle Politik, bleibt un­ver­än­dert, die Buchungen kommen immer kurzfristiger. Ich muss mich also ständig à jour halten und lese täg­lich mindestens eine Stunde lang Zeitungen in drei Spra­chen, Sprachübungen und Vokabelnotieren kommen hinzu, oft sind hier Ra­­dio­­sen­­dun­­gen der Aus­gangs­punkt. Bei mir sind das dann zwei Ar­beits­stun­den als Grund­la­ge. Das braucht ein aktuell tä­ti­ger Dol­met­scher min­des­tens am Tag, Zeit, die sich am Ende in den Ho­no­ra­ren wie­der­fin­den sollte. Hier meine Liste:

seasonal disches (sic!) | cakes | and surprises
Gesehen in Neukölln
⊗ Aktuelle Politik
⊗ Filmförderpolitik
⊗ Charly Chaplin
⊗ Büro­or­ga­ni­sa­tion
⊗ Energiesparende Haus­halts­ge­rä­te, z.B. Kühlschrank ohne Strom
⊗ Bioplastik und andere Plas­tik­sub­sti­tu­te, z.B. Teller aus Blättern
⊗ Kosten­vor­an­schlag für eine Buch­übersetzung
⊗ Religion und Ho­mo­sexu­ali­tät

Ich arbeite für institutionelle und private Kunden. Achtung: Ich übersetze keine Urkunden und Ver­wal­tungs­do­ku­men­te!

Endlich ist der Sommer mit seinen Überraschungen da. Dolmetscheralltag, das be­deu­tet, alles im Vorbeigehen lesen und derlei Trouvaillen fotografieren zu müssen, darin folge ich meiner Berufs(ver)bildung, meiner (dé)formation professionnelle. Ach so, mit Profis vermeiden Sie übrigens schlechte Überraschungen. Wir sind nicht billig, aber preiswert = unseren Preis wert.

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Foto: C.E.

Sonntag, 19. Juni 2016

Im Theater

Bon­jour, gu­ten Tag! Was uns Sprach­ar­bei­ter so um­treibt, ist seit mehr als neun Jah­ren Ge­gen­stand die­ses Blogs. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin, al­ler­dings nicht für amtliche Dokumente!, und ar­bei­te mit den Sprachen Französisch und Englisch. Dabei be­rich­te ich nur über wah­re Mo­men­te. Eh­ren­wort!

Was machen Sprachenarbeiter am Wochenende? Der Ta­ges­an­bruch ist wie an je­dem Morgen. Da hatte ich doch mal dieses nette Netz-Fund­stück ... mehr als fünf Jahre ist es inzwischen her.

Aufstehen des Dolmetschers: "Um 6h geht sein Radiowecker — er spricht den Text simultan auf Englisch nach ... dann begrüßt er seine Frau: Guten Morgen, Frau Clark, ebenso mit: Good morning Mrs. Clark ... Er muss halt alles auf der einen wie auf der anderen Sprache sagen. Und wenn er einen Job hat, bekommt er sogar noch Geld da­für."

Drei Putzfrauen s/w
Im Theaterhaus Berlin-Mitte
Springen wir zurück zur Dol­met­scherin (vielleicht ist es Mrs. Clark, sind da etwa zwei Kol­le­gen verheiratet?): Sie frühstückt ein Hörnchen und ein croissant. Dann ... (zen­siert, privat). Mittags gibt es salade mit Salat. Die Dol­met­sche­rin liest erst ein fran­zö­si­sches Journal, dann die glei­chen Nachrichten nochmal in einer eng­li­schen und ei­ner deut­schen Zeitung.

Nach Kaffee und Kuchen ist bald schon wieder Zeit für den apéritif ... und halt!, am Abend geht sie erst ins Theater, dann in ein spanisches Restaurant.

In Berlin lassen sich ganze Tage auf Französisch verbringen. Es gibt französische Buchläden, Restaurants, Käse- und Weinläden, Kinos spielen Film in der OmU-Fas­sung und es gibt so­gar französisch­spra­chiges Theater. Und zur Ent­span­nung des Gehirns drückt die Dol­met­sche­rin auf den Auslöser. Ab und zu. Es ist ja Wo­chen­en­de. Nur nicht zu viel Stress, bittepleass'iouplaît.

Im Theaterhaus Berlin-Mitte lief "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas" (La Réunification des deux Corées). Der Autor Joël Pommerat hat hier ein Epi­so­­den­stück über "die unsichtbare Liebe" vorgelegt, über Illusionen, Grau­sam­keiten des Alltags, das Absurde und Tragische. Regiseurin Sandrine Noguiera hat ihre Dar­stel­ler zu einem sehr spiel­freu­digen Theater angeregt, das auch mit unseren Träumen und unserem Entsetzen spielt. Die Insze­nierung ist an­ge­nehm aufs We­sent­liche re­du­ziert, lässt das epische Theater anklingen, wir sind nicht zufällig in Berlin, und ist zugleich hoch­modern. Die Darstel­ler spielen mit Schwung und viel Talent und begeis­tern ihr Publikum.

Mit: Blanchard Agnes, Guillaume-Emmanuel Doerflinger, Johanna Melchiorre, Julia Cozic, Ines Boniface, Martin Bosse-Platière, Sophie Jézéquel, Anne Claire Gorin, Nicolas Theys, Julie Cartier, Etienne Arnaud, Johanna Dathe, Cloé De­coque­reau­mont, Frieder Wormser, Anne Poncet, Ralaiarisoa Maryline, Lydia Pelletier-Mi­chaud, Bérangère Emma Seven. (Link zur Seite der Truppe: Klick.)

Hier geht's zur ganzen (kurzen) Bilderreihe:
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Fotos: C.E.

Freitag, 17. Juni 2016

To the British

Hello, this is the digital diary bringing reports out of the interpreter's booth. My main languages are German and French, English is my so called passive language.

Today, I'm very sad. Yesterday, a woman was killed in England because of her en­ga­ge­ment with the european causa. Her Name was Jo Cox, she left two children and a husband. He has called on people to “fight against the hatred that killed her”.

Here is the long version of the quote: "She would have wanted two things above all else to happen now, one that our precious children are bathed in love and two, that we all unite to fight against the hatred that killed her. Hate doesn't have a creed, race or religion, it is poisonous."

Kinderhand, europablau angemalt.
High five for Europe!
The very last weeks, I have been trying to persuade Brexiters to stay. But the more I do, the more I realize the decision to leave the EU is not rational but it is feral. I am truly worried that the UK will leave, and I'm truly shocked that people believe the EU works against them rather than for them.

I am of that generation that benefited from the EU, I have been to most EU countries, I studied in two and worked in six of them, and the idea that those opportunities will not be available to the generation of our child­ren saddens me greatly. More than that is the realization that we live in times of hate, fear and mistrust, in which bridges that were built over decades have lost all meaning ...

Please stay ... and then, we have to re­build Europe on our shared european values (and not on the idea of pleasing the financial brontosaurus). Re­main, and help ma­king the EU a union for ci­ti­zens along two sim­ple prin­ci­ples: Hu­mans are the mea­sure of all things (the hu­ma­nis­tic motto) and United in Di­ver­si­ty. The last sen­tence is by the way the 'slogan' of the EU that's never put for­ward, because the EU does a ter­rible job at com­mu­ni­ca­ting. Another thing that has to change.

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Foto: C.E.
Text credits:
Merci à Natalie Leroy et
à Adrian Garcia-Landa 

Dienstag, 14. Juni 2016

Preis einer Übersetzung

Hallo, bonjour, hello auf meinen Blog­seiten aus dem Le­ben einer Pro­fi­dol­met­scher­in und -übersetzerin. Hier schreibe ich im neunten Jahr über diese Arbeit.

Portrait auf Pappe
Fragender Blick (*)
Kundenanfrage zu einer Übersetzung: Was kostet uns das am Ende?

Ich erbitte den Originaltext. Ich muss ihn sehen, zumindest ausschnitthalber, immer in der Hoffnung, dass der vorgezeigte Teil dem Rest entspricht. Dann stellen sich viele Fragen: Welchen Schwierigkeitsgrad hat er? Muss ich da viel recherchieren, mög­li­cher­wei­se zweimal übersetzen, ein­mal ins Grobdeutsche, das zweite Mal in ein elegantes, verständliches Deutsch?

In welchem Format liegt der Text vor? Muss ich lange umformatieren, um auf die Anzahl der Zeichen zu kommen? Bekomme ich die PDF auf oder ist es ein Foto?

(Meine Technik versagt, wenn Fotos in Textformate zu übertragen sind; ich fürch­te, das gilt derzeit für alle Maschinen.)

Wie viele Anschläge (Zeichen) hat der Text? Hier zählen alle mit, natürlich auch die Leerzeichen, denn tippen muss ich sie ja, auch wenn das nicht jedem un­mit­tel­bar einleuchtet, dennohneLeerzeichensindTexteschwierigerzulesen. Ich schreibe das hier nicht zufällig; es kommt immer mal vor, dass uns potentielle Kunden wissen lassen, dass sie für Leerzeichen nicht bezahlen möchten.

Dann ist wichtig, wie eilig die Arbeit ist. Texte, bei denen ich mir Zeit lassen kann und die mir liegen UND die ich wichtig finde, sind günstiger als solche, die eilig und von einem Inhalt sind, der mir nicht viel sagt.

Vorletztes Kriterium: Zu welchem Zweck darf ich übersetzen? Wird der Text ver­öf­fent­licht oder ist er privat? Soll ich ein Lektorat organisieren oder gibt es einen Textchef?

Last but not least: Wer fragt an. Indirekt: Wie groß ist das Budget? Wie steht der Kunde wirtschaftlich da? Natürlich gibt es Unterschiede zwischen einem Wer­be­text, der in einem Hochglanzmagazin erscheinen wird, und dem Pri­vat­kun­den aus einfachen Verhältnissen, der endlich den Abschiedsbrief seines Urgroßvaters ent­zif­fert haben möchte, Unterschiede im Aufwand ... und natürlich auch im Preis.

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Foto: C.E.
(*) Das Bild stammt von einem Schülerseminar,
rechts ragt eine weiße Stuhllehne hinein.

Montag, 13. Juni 2016

Schalttag

Hallo, hier bloggt eine Dol­met­scher­in und Über­set­zer­in ohne Mar­ke­ting­schnick­schnack, Ge­schmacks­ver­stär­ker und Klein­ge­druck­tes.

Müde und glück­li­che Rück­kehr von einer Kon­fe­renz, die ges­tern, Sonn­tag, um kurz nach eins zu­ Ende ging. Solche Kon­fe­ren­zen mögen wir: Einen Abend, einen (lan­gen) Tag plus einen kom­pak­ten Vor­mit­tag, danach ste­hen wir rich­tig gut im Stoff. Umge­kehrt sind man­che Ver­an­stal­tungen, bei denen an einem lan­gen Tag mit ver­kürz­ten Vor­trä­gen so viele The­men ge­streift werden, wie früher an zwei Tagen vor­ge­kom­men wären, eher frus­trie­rend: Kaum ist man "drin", ist die Sa­che schon wie­der vor­bei.

Haus mit Dachgauben, die wie Augen aussehen.
Wilde Tiere sehen Dich an
Nach dem Kon­gress­ende gab es eine ge­mein­sa­me Mahl­zeit, dann ging's ins Mu­­se­um für an­ge­wand­te Kunst, dort un­ter an­de­rem DDR-Kaf­fee­kan­nen se­hen, die zu­hau­se sel­bst in Ge­brauch sind, an­­schlie­­ßend Abend­­es­­sen mit Leip­­zi­­ger Freun­den, dann nach Berl­in fah­ren (las­­sen und da­bei schla­­­fen).
Tags drauf bin ich "im Mus", da ist mit mir nichts los.

Ich schaf­fe es nicht ein­mal, die ganze Post durchzusehen, die sich in der Kon­gress­rei­se­saison an­ge­sam­melt hat (ich war länger weg).

Ich fordere mir auch nicht viel ab an sol­chen Tagen. Muss es auch nicht. Ich habe leichte Wort­fin­dungs­stö­run­gen, ganze Fetzen von Reden der letzten Tage werden aus dem Un­ter­be­wusst­sein hochgespült, vie­les neh­me ich ab­stra­hiert wahr, an­­sons­­ten erlebe ich das, was mir beim Me­di­tie­ren immer nur kurz gelingt: Frei von Ge­dan­ken zu sein, nur zu exis­tieren, außer dem Atem, der kühler ge­wor­den­en Luft und dem Parfum der Lin­den­blü­ten in der Luft nichts wahr­zu­neh­men.

Daher lege ich eine Art Schalt­tag ein, ei­nen kom­pak­ten Pau­sen­tag zu Wo­chen­be­ginn, sitze im Café, är­gere mich über Leute, die Un­sinn reden, setze mich weg, genieße ent­spann­te­re Zeit­ge­nossen und leckere Mahl­zei­ten aus ein­fa­chen, ge­sun­den Zutaten.

Wieso ich ganz oben das Wort "Ge­schmacks­ver­stärker" eingebaut habe? Ganz ein­fach, ich habe gerade ex­haus­teur de goût ge­lernt und musste das Wort drin­gend mal wie­der­holen. So fun­ktio­nieren unsere Ge­hir­ne und so lernt es sich am leich­tes­ten, selbst an Pau­sen­ta­gen, das ist mir in Fleisch und Blut über­ge­gan­gen.

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Foto: C.E.

Sonntag, 12. Juni 2016

Lesewerbung

Bien­ve­nue, will­kom­men auf den Sei­ten mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs. Der Sonn­tag gehört heute der Arbeit, umso wertvoller scheinen mir Fund­sa­chen vom Wegesrand: Sonntagsbilder!

Für diese Fotos bin ich mitsamt dem Koffer fast zwei Tramhaltestellen zu­rück­ge­lau­fen. (Müder Kopf = langsame Entscheidungen.) Das Wetter hat die Sache auch nicht leichter gemacht. Wer das Lesen liebt, ist zu Opfern bereit, vor allem dann, wenn es Lesekunst am Bau aus verschiedenen Epochen zu dokumentieren gilt.

mehr lesen wissen können
Lesewerbung ...
Wer liest, begreift die Welt und denkt selbst.
... in Leipzig


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Fotos: C.E.

Montag, 6. Juni 2016

FrAnglais (auf Deutsch wäre das DEnglish)

Bonjour, hello, guten Tag! Hier bloggt eine Übersetzerin und Dolmetscherin, stets unter Wahrung dienstlicher Geheimnisse, über unsere Arbeitswelt.

Konferenzdolmetscher und unser Alltag: Englisch, Französisch, Deutsch ... eine der Kabinen
drei Arbeitssprachen
Mittagessen im Kongresshotel. Die Re­fe­ren­ten nehmen an mit Namens­schild­chen ver­se­hen­en Ti­schen im Séparé Platz, ein Seated /din­ner/ lunch für die Dame und die Herren; das Boden- und Ka­bi­nen­per­so­nal darf sich im Erdgeschoss am Buffet laben. Beim Es­sen der Referenten sind also keine Dolmetscher zugegen, es hät­ten sonst weitere gebucht werden müs­sen (weil wir Kon­fe­renz­dol­met­scher ja auch essen und pau­sie­ren müssen).

Einschub: Oft sitzen wir Stammpersonal doch mit dabei und lenken kurz Ge­sprä­che in Bahnen, wenn es etwas zu lenken gibt, dol­met­schen und es­sen im Wechsel. Einschubende.

Und natürlich können heute alle Englisch, perfekt und problemlos. Eigentlich sind wir Dol­met­scher inzwischen überflüssig. Immer mehr Veranstalter verzichten auch darauf.

Und dann das: Offenbar kommt es bei dieser Tischrunde zu herrlichen Miss­ver­ständ­nis­sen, unter anderem mit assumer (FR für etwas einstehen) — to assume (EN, vermuten) und eventuellement (FR, möglicherweise) — eventually (EN, letztendlich).

Beim wieder gemeinsam eingenommenen Stehkaffee herrscht jedenfalls dicke Luft. Wir Spachleute spüren das gleich, kennen die Gründe natürlich nicht und mi­schen uns auch nicht ein. Mission invisible, lautet wie immer die Parole. Und keiner der Be­tref­fen­den kommt auf die Idee, uns einzuschalten. Dann geht es erst­mal in die Arbeitsgruppen, von denen nur ein Teil verdolmetscht wird.

Der Kongress dauert insgesamt zwei Tage. Der Nachmittag des ersten Tages ist perdü. Der Zoff kostet die Teilnehmenden einen halben Tag, da ist kein pro­duk­ti­ves Arbeiten mehr drin, da geht es nur noch um Fronten- und Lagerklärung.

Bis zum Five o'clock tea dauert das Zinnobergerede. Wir Sprachleute dürfen dann am Abend aufräumen helfen, damit der zweite Kongresstag nicht auch noch von schlechter Stimmung dominiert wird.

Manchmal lohnt es sich, doch lieber ein bisschen Geld für Dolmetscher aus­zu­ge­ben, zum Beispiel für eine weitere Cabin crew für eine Arbeitsgruppe, die sich auf Englisch verständigt hat und in der der Streit dann eskaliert ist. Die hätten dann auch das Mittagessen für die Redner dolmetschen können.

Praktischer Vorschlag: Wir waren nur zu zweit je Sprache in der Kabine und haben dabei die tariflichen sechs Stunden plus eine Überstunde gearbeitet. Einen dritten Dolmetscher zu buchen, wäre hier eine elegante Lösung gewesen. Wegen der Aus­ein­an­der­set­zung waren wir neun Stunden am ersten Tag aktiv (und haben die Über­stun­den auch berechnet).

Kopflose Schaufensterpuppe mit Sixpacks
Bitte nicht nur die Bauchmuskeln trainieren
Immer diese Fehleinschätzungen, was die allgemein verbreiteten En­glisch­kennt­nis­se angeht!

Ein P.S. zur Erklärung unserer Ar­beits­zeit: Dolmetschen ist eine enorm an­stren­gen­de Tätigkeit, weshalb wir uns immer alle 15 bis 30 Minuten ab­wech­seln. Unsere Netto-Arbeitszeit liegt bei sechs Stunden (normaler Kon­gress­tag) plus Pausenpalaver (*).

Sollen dann noch abendliche Sitzungen stattfinden und anschließend der Kongress z.B. in einem eleganten Restaurant dinieren, sind hierfür entweder zwei anderere Kollegen zu buchen, oder aber das Hotelschiff kommt ohne Verdolmetschung von Tisch­ge­sprä­chen aus und nach den Grußworten haben wir "frei", dann wären drei Kol­le­gin­nen oder Kol­le­gen für eine Nettodolmetschzeit von acht Stunden an­zu­ra­ten.

Vokabelnotiz
the lunch — Mittagessen 
the dinner — das Abendessen, aber auch: das Mittagessen
the supper — Abendessen
le souper
(CA) — Abendessen
le dîner (F) — Abendessen
le souper (F) — der Mitternachtshappen
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Foto: C.E.
(*) Das  Palaver ist nicht abschätzig gemeint.
Die Pausengespräche sind oft die wichtigsten.

Sonntag, 5. Juni 2016

Härzliche Grüße

Bien­ve­nue, will­kom­men auf den Sei­ten mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs. Der Sonn­tag gehört heute der Arbeit, umso wertvoller scheinen mir Fundsachen vom Wegesrand: Mein heutiges Sonntagsbild!

In Frankreich ist der Sonntag oft ein Markttag, in Deutschland schlagen sonntags nur die Flohmarktbetreiber ihre Stände auf. Trotzdem wollte ich Ihnen, liebe Le­se­rin, lie­ber Leser, heute diesen härzligen Anblick zukommen lassen.

(Und ja, die französische Variante birgt auch einen Fehler! Halt, nein, ebenfalls zwei.)

Tomate aus Winterhude
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Foto: C.E.

Freitag, 3. Juni 2016

Deutschnack (II)

Hallo, bonjour, hello auf meinen Blog­seiten aus dem Le­ben einer Pro­fi­dol­met­scher­in. Hier schreibe ich im neunten Jahr über die Arbeitswelt der Sprachen. Ich arbeite in Berlin, Leipzig, Hamburg, Lyon, Pa­ris und dort, wo Sie mich brauchen.
 
Heute: blaumachen.

Bundestag im Reichstagsgebäude
Vorhin wurde im Parlament die Novelle des Film­för­der­ge­set­zes diskutiert. Dabei ließ sich be­wun­dern, mit welch gro­ßem Ge­schmack der Stoff der ge­pol­ster­ten Ses­sel aus­ge­sucht worden ist. Das Bild, das da entsteht, lässt sich auch als "blaumachen" be­zeich­nen. Eine moderne Etymologie ...
 
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Foto: Bundestag

Donnerstag, 2. Juni 2016

Auf dem Schreibtisch XXXII

Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Was Dolmetscher für Französisch (und Über­­set­zer) möglicherweise so umtreibt, können Sie hier mitlesen. Ich arbeite in Paris, Berlin, Schwerin und dort, wo Sie mich brauchen!

Bewegte Wochen sind das mit vielen Themen. Dabei haben wir noch Kapazitäten frei. Die Sommerpause findet erst später im Jahr statt.

Regen über Europa
⊗ Aktuelle Politik
⊗ Arbeitsrecht und -kon­flik­te
⊗ Filmfördergesetze
⊗ Afrikapolitik Europas
⊗ Asylrecht
⊗ Bildungsmöglichkeiten für Geflüchtete
⊗ Mietpreisbremse und Mo­der­ni­sie­rungs­um­la­ge
⊗ Platzsparende Ba­de­zim­mer­ins­tal­la­tio­nen (Wanne, Spülkasten, Heizung)

⊗ Kostenvoranschläge für eine Drehbuchübersetzung und zwei Herbsttermine
⊗ Schalliso­lie­rung von Räu­men, un­ter an­de­rem durch Thermohanf

Dabei werde ich für private Kunden ebenso tätig wie für staatliche und nicht­staat­li­che Organisationen. Achtung: ich übersetze keine Urkunden und Ver­wal­tungs­do­ku­men­te!

Im Grunde müsste ich hier ja auch anführen, welche Themen uns infolge Ho­no­rar­dum­pings entgangen sind. Die Liste wäre genauso lang. Ja, es ist (und war immer) schwierig für Absolventen, den Einstieg in den Beruf zu finden. Aber warum kur­siert heute beim Nachwuchs nicht mehr die Information darüber, dass es wichtig ist, die ersten Jahre nach Beendigung des Studiums das Gelernte erst einmal ein wenig „sacken“ zu lassen und sich parallel zu den (wenigen) ersten normal be­zahl­ten Einsätzen z.B. halbtags in einem mehrsprachigen Unternehmen zu ver­pflich­ten oder auf Messen zu arbeiten?

An solchen Orten haben wir uns einst die nötige Routine erarbeitet, die uns ei­gent­lich erst zur Berufsausübung befähigt hat. Jetzt erleben wir es, dass immer wieder unterirdische Preise aufgerufen werden, was bei den Kunden völ­lig fal­sche Er­war­tun­gen auslöst. Waren sie dann mit der Dienstleistung unzufrieden, ru­fen sie bei uns „Oldies“ wie­der an und nennen uns ihre neuen Wunschpreise. Die zweite Grup­pe der Preisdumper sind Ruheständler (z.T. mit geringen Renten), die dritte selbst­be­ru­fe­ne „Übersetzer“, gerne auch im Bunde mit Pseudo-Agenturen, die gestern Zi­gar­ren und heute Mehrsprachler verticken.

Hier die Variation eines Spruchs, den der Übersetzer- und Dolmetscherverband BDÜ neu­lich in Umlauf gebracht hat: Nicht jeder, der zehn Finger hat und "Alle meine Entchen" spielen kann, eignet sich als Konzertpianist. Nicht jeder, der mehr als zwei Sprachen sprechen kann, eignet sich als Übersetzer und Dolmetscher.

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Foto: C.E.