Einmal besucht mich ein Freund bei der Arbeit. Wir haben gerade Mittagspause und essen zusammen eine Kleinigkeit im Hotel, in dem die Konferenz stattfindet. Wie schön, in der Pause ganz gründlich an etwas anderes zu denken als an das Thema, um das es geht, und da dieser Freund seinen kleinen Sohn im Kindergartenalter mitgebracht hat und der kleine Gangster bestgelaunt ist, wird es ein lustiges, erholsames Mittagessen.
Nach dem Essen krabbeln uns drei die Beine, wir flanieren durch die Lobby, in der dicke Teppiche die Schritte dämpfen, laufen im Slalom an wie zufällig in den Weg gestellten Bodenvasen vorbei, bewundern die ausgestellten Malereien und Antiquitäten. Der kleine Mensch, der uns begleitet, benimmt sich prima, wobei an der Reaktion der Anwesenden eindeutig abgelesen werden kann, dass hier nur selten Kinder zu Gast sind.Dann geht's zurück in den "Ballroom", in dem die Veranstaltung stattfindet. Die Konferenz hat noch nicht wieder angefangen, hier und da sitzen schon einige Teilnehmer in den Stuhlreihen und blättern ihre Unterlagen durch, andere stehen in kleinen Grüppchen beisammen. Ein Kind in dieser Umgebung erregt Aufmerksamkeit. Gespräche werden leiser, Dutzende Augenpaare folgen uns. Wer weiß, vielleicht denkt der eine oder die andere ans eigene Mini, das gerade in Kindergarten oder Schule weilt.
Und um mich langsam wieder aufs Dolmetschen einzustellen und um meinen Freund wenigstens ein bisschen an meinem Arbeitsalltag teilhaben zu lassen, zeige ich jetzt den beiden die Kabine, zumindest von außen. Der Große schaut sich durchs Fenster alles an und befragt mich dazu, der Kleine findet den gemusterten Teppichboden offenbar spannender, weil dessen Muster als Pfad fürs Hüpfkästchenspiel taugt. Die Gespräche der Konferenzteilnehmer haben ihre normale Lautstärke wieder erreicht, als ich meine Gäste verabschiede. Dann gehe ich in Richtung der Dolmetscherkabine, öffne die Tür und will sie gerade betreten, als das Kind so lautstark fragt, so, dass alle aufhorchen: "Duhu, Papa, was macht die da? ... Warum geht Caroline in den Kleiderschrank?"
Bei der Tonprobe |
Denn die Schwester des Kleiderschranks ist die Besenkammer: Die fest installierten Kabinen sind manchmal auch nicht besser.
Im Berliner Kongresszentrum und noch an einer anderen Stelle in Berlin (mir will jetzt partout nicht einfallen, wo!), sitzen wir eingeklemmt zwischen Trägern, auf denen die Tischplatte mit den Dolmetschpulten aufliegen — und mancherorts ist der Raum unter dem Tisch schon an einer Stelle zuende, wo noch viel Bein übrig ist. Das erinnert mich immer an meine Studentenzeiten, wo Langbeine wie ich schräg sitzen mussten! In der alten Uni hat mich das nicht überrascht, die engen Sitzreihen in Ampithéâtre Richelieu der Sorbonne stammen aus dem 19. Jahrhundert. Aber bei fest eingebauten Kabinen in Neubauten? Solang's wenigstens uneingeschränkte Sicht auf die Veranstaltung gibt — denn auch das ist nicht selbstverständlich.
Schlimmer als mangelnder Platz ist knappe Luft. Eigentlich sollte in jeder Dolmetscherkabine still und leise die liebe Technik für Frischluft sorgen, aber manchmal gibt's statt einer kleinen Belüftung sowas wie 'nen alten Fön, der in leisester Dröhnung schon so laut ist, dass es einfach nervt. Und wenn ich beim Filmdolmetschen allein im "Kleiderschrank" sitze und der Schalter innen angebracht ist —das ist bei einigen Modellen der Fall, für die nur selten ein Techniker (durchgehend) vorhanden ist — liegt die Versuchung zum Selbsttest nahe: Was ist wichtiger, Ruhe oder Sauerstoff?
Kleiderschrank und Besenkammer halt.
P.S.: Wenn ich wieder im Büro bin, werde ich mal suchen und noch Infos nachliefern. Einer der Berufsverbände (BDÜ? aiic?) hat nämlich Regeln und Empfehlungen für Dolmetschkabinen erarbeitet, da stehen die Mindestgrößen drin, die für unsere mobilen Arbeitsplätze gelten. Ich hoffe, mein Artikel hat Sie nicht enttäuscht, denn das Wort "Besenkammer" löst in Deutschland ja oft andere Assoziationen aus.
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P.S.: Wenn ich wieder im Büro bin, werde ich mal suchen und noch Infos nachliefern. Einer der Berufsverbände (BDÜ? aiic?) hat nämlich Regeln und Empfehlungen für Dolmetschkabinen erarbeitet, da stehen die Mindestgrößen drin, die für unsere mobilen Arbeitsplätze gelten. Ich hoffe, mein Artikel hat Sie nicht enttäuscht, denn das Wort "Besenkammer" löst in Deutschland ja oft andere Assoziationen aus.
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Foto: Die Autorin dieser Zeilen beim Techniktest
(mit offener Kabinentür). Mehr Innensicht hier.
Merci à Jean-Luc Clairambault pour la photo de cabine !
(mit offener Kabinentür). Mehr Innensicht hier.
Merci à Jean-Luc Clairambault pour la photo de cabine !
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